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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Reiter, der kommen wollte, ist beim Rodeo in Cardston gestürzt, schwere Rückgratverletzung… Er bleibt ein Krüppel. Sein Einsatz verfällt. Sie könnten mir den Ritt dafür geben, aber das wollen sie nicht. Geldleute!«
    »Dann läßt du es eben sein.«
    »Wenn es nicht so verdammt verführerisch wäre, doch noch zu reiten. Meine Pferde sind noch nicht fertig, deshalb habe ich nicht angemeldet… aber der gescheckte Teufel… und für das Bronc-Reiten sind die höchsten Preise ausgesetzt.«
    »Du bist noch jung, Joe, und Rodeos gibt es am laufenden Band. Laß es sein.«
    »Du hast recht, Elk, aber ich reite gern gescheckte Teufel.«
    Draußen entstand Unruhe um den Wagen.
    Joes ältere Schwester mit ihren fünf Kindern im Alter von eins bis acht Jahren war gekommen. Sie hatte kein eigenes Auto und sollte daher mit den Kings mitfahren. Da Tashina und Joe sehr schlank waren, konnte sie sich als dritte, wenn auch mit Mühe, neben den Fahrersitz drängen; den einjährigen Buben legte man auf die schmale Bank hinter den Sitzen. Zwei Jungen von vier und fünf Jahren wurden im offengehaltenen Kofferraum als lebendes Inventar neben den toten Gegenständen verstaut. Die Älteste, das achtjährige Mädchen, war so vernünftig, ihre zweijährige Schwester bei sich zu behalten, um mit ihr bei der Familie Elk zu bleiben und später mit dieser nachzukommen. Elk hatte kaum etwas zu essen, aber einen alten Wagen besaß er, denn ohne diesen hätte er den täglichen Weg zur Arbeit nicht schaffen können. Die volle Fuhre der Kings fiel nicht auf. Indianerautos waren meist bis zum Dach mit Familie gefüllt, und ohne Dach ließ sich die Sache sogar noch besser an. Stonehorn fuhr vorsichtig. Queenie begegnete bei dieser Fahrt zum erstenmal ihrer Schwägerin, die Witwe zu sein schien. Aus der Unterhaltung auf der kurzen Fahrt erfuhr sie jedoch, daß der arbeitslose Mann die Stadt verlassen hatte, damit die Frau wenigstens für die Kinder Wohlfahrtsunterstützung bekam. Sie war bunt gekleidet und schien trotz allem guter Dinge. Ihrem Bruder, der ein Langschädel war, glich sie mit ihrem runden Gesicht nur wenig. Es schien, daß sie das Leben und seine Unbilden leichter nahm als er. Die Kinder waren mit Joe offenbar gut vertraut.
    Queenie träumte einen Augenblick davon, wie Stonehorn im nächsten Jahr mit seinem eigenen Kind spielen würde. Der Wagen der Kings war einer der ersten, der auf dem Rodeo-Gelände eintraf. Stonehorn wählte seinen Platz nahe der Ein- und Ausfahrt so, daß ihm die Zufahrt dazu nicht verstellt werden konnte. Von dem erhöhten Platz aus ließ sich das Rodeo-Gelände rings übersehen. Auf den ebenen Wiesen unten war das eingerichtet, was man eine Arena nennen konnte, im Halbrund weiß umzäunt mit einem nicht allzu hohen Zaun, der die Pferde am Ausbrechen hindern konnte; Rodeo-Pferde waren im allgemeinen keine Spring- und auch keine erfindungsreichen Wildpferde. Rechter Hand, an der östlichen Schmalseite des Kampfplatzes, befanden sich die Gehege für die Rinder und Kälber. Linker Hand war der Ein- und Ausgang für die Teilnehmer, und hier warteten auch die Broncs in ihren Verschlägen auf den Kampf zwischen Reiter und Pferd. Ein Wagenrennen stand nicht im Programm; diese Nummer war größeren Rodeos vorbehalten. Es gab auch keinen Leihstall. Die Reiter mußten ihre Pferde selbst stellen oder jemanden finden, der das für sie tat.
    Joe gab den Zündschlüssel seiner Schwester und ordnete an, daß Margret bis auf weiteres bei dem Wagen zu bleiben habe und dafür verantwortlich sei, daß sich kein Fremder daran zu schaffen machte. Er hoffte, daß sie später abgelöst werden konnte.
    Joe und Queenie schlenderten dann über den sanft abfallenden Wiesenboden hinunter zu dem Zaun. Auf der anderen Seite der Arena befand sich die Tribüne, und Joe gab seiner Frau eine Freikarte, mit der sie die Sitzplätze der Tribüne benutzen konnte, wenn sie wollte. Zu Füßen der Tribüne befand sich ein Podium für die Kapelle.
    Es fuhren schon weitere Wagen ein. Viele Familien wollten den ganzen Tag hier verbringen und hatten sich Proviant mitgebracht. Auch die geschäftstüchtigen unter den Budenbesitzern waren schon zur Stelle und richteten Ware und Kasse her. Es würde kalte gebratene Hühner, Kartoffelchips, Hamburgers, Hot Dogs, Kaffee, Coca-Cola, Fruchtbrause und Mineralwasser geben, wie sich schon überblicken ließ, natürlich auch Kaugummi, Schokolade und Zigaretten. Alkohol war dagegen nicht vorgesehen. Die ersten

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