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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sie sagte noch immer nichts. Sie wußte selbst, daß sie heute sehr gut aussah, im ärmellosen türkisfarbenen Kleid, mit einem silbergetriebenen Schmuck auf der Brust und einem silbernen Reif um den braunen Arm. Diese Schmuckstücke stammten noch aus der Kunstschule.
    Plötzlich hatte sie eine Eingebung.
    »Mein Mann ist beim Rodeo«, sagte sie.
    »Macht mit? Sehr gut. Paßt zu Ihnen.«
    »Stonehorn!«
    Mike entfuhr einen Pfiff. Er hatte sich überraschen lassen. »Da sieh an! Sucht sich wieder einmal das Beste für sich aus.«
    »Wir sind doch schon lange verheiratet.«
    Queenie wußte selbst nicht, warum sie das sagte. Lange war auch ein relativer Begriff. Stonehorns Frau zu sein, war für sie die Wirklichkeit schlechthin geworden; alles andere schien im Schoß einer unwichtigen, einer ganz belanglosen Zeit versunken zu sein. – Oder vielleicht hatte sie auch nur das Gefühl, daß sie einem Mike gegenüber am besten eine seit eh und je legalisierte Gangsterbraut spielte.
    Mike kaute leer und wälzte die breiten Lippen. »Da sieh an…« Er entfernte sich pfeifend und trällernd. »Baby…«
    Queenie ging mit den Kindern zu ihren Eltern und konnte sich an deren Lagerplatz mit niederlassen, als sei nie etwas anderes gesagt oder gedacht worden, als daß sie zur Familie gehöre. Der Vater schien aber in wenigen Wochen viel älter geworden zu sein.
    »Wer war denn der Große?« fragte er die Tochter.
    »Irgendeiner von denen, die Anschluß suchen.«
    Das Rodeo sollte um zwei Uhr nachmittags beginnen. Es war noch lange Zeit bis dahin. Die besten Stehplätze am Zaun wurden aber allmählich schon eingenommen. Queenie machte sich auf, um sich dort unter den Jungen und Burschen mit aufzustellen. Sie wollte der Arena möglichst nahe sein, und das konnte jedermann begreifen.
    Sie fand ihren Mann heraus, der mit einigen Angestellten und anderen Teilnehmern des Rodeos an dem Eingang für Reiter und Lassowerfer stand. An seinem schwarzen Cowboyhut, auch an seiner langen Gestalt, war er leicht zu erkennen. Joe hatte von seinem Standplatz aus seine Frau noch aufmerksamer, auch schon früher beobachtet als sie ihn. Die Begegnung mit Mike war ihm nicht entgangen. Er hätte gern gewußt, was dabei gesprochen worden war. Aber jetzt spannte ein anderer Vorgang seine Aufmerksamkeit an. Über den Rasen des Zuschauerreviers ging Harold Booth, begleitet von jener Frauengestalt, die Mary, nicht ohne Vergnügen an ein wenig boshafter Übertreibung, als blonde Kurbelwelle, siebenfach in Fett gelagert, bezeichnet hatte. Die beiden trafen auf Isaac Booth, seine Frau und Mary, und die Falkenaugen Joes konnten die Natur der Begrüßung leicht enträtseln. Man hatte sich wiedergefunden, jedermann freute sich, die Kurbelwelle drehte das Mundwerk an. Das Gespräch währte ziemlich lange, auch Mutter Booth wagte es, sich einzumischen. Schließlich bemerkte Joe, daß man angestrengt zu ihm herüberäugte. Er war entschlossen, sich zu beherrschen.
    Harold und seine Freundin trennten sich von den Eltern und kamen zu dem Eingang für Teilnehmer herüber. Joe blieb an seinem Platz. Es konnte ihm nicht einfallen auszuweichen.
    Schließlich standen sie hinter ihm, und da er nicht geneigt war, ihnen die Sache leicht zu machen und sich umzudrehen, rief Harold mit der wohlbekannten breiten Stimme: »Hallo! Hallo, Joe!«
    Joe King drehte den Kopf halb, murmelte »Ha«, was bestenfalls ein unterernährtes Hallo bedeuten konnte, und hielt die halbe Wendung des Kopfes eben so lange aufrecht, daß er die Blonde aus der Nähe zu mustern vermochte. Sie war von Kopf bis Fuß ein harmloser Typ.
    Es war durchaus unbestimmt, wie diese Begegnung weitergehen würde, als von außen her ein neuer Anstoß kam. Einer der Manager zeigte sich bei Joe.
    »Was ist jetzt, Joe! Zahlst du für Bronc sattellos ein oder nicht? Es wäre wahrhaftig schade… Aber ich muß das Programm unbedingt fertigmachen…«
    »Reiten Sie für uns?« fragte die Blonde.
    »Für wen?« Joe machte eine Viertelwendung mit der ganzen Figur.
    »Sie sind doch der Star-Cowboy bei Booth, nicht?«
    »Kennen Sie die Ranch?« fragte Joe dagegen mit einigen Hintergedanken.
    »Noch nicht. Aber morgen fahren wir hin… nur mal zu Besuch. Leben kann man doch da nicht.«
    »Was heißt ›leben‹. Sie natürlich nicht, Ma’am.«
    »Ich hörte eben, der Einsatz für Bronc sattellos ist noch nicht für Sie einbezahlt? – Aber Harold, das kann ich nicht verstehen. Das ist doch die Figur für einen Bronc!«
    Joe war

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