Nacht über der Prärie
boshaft genug, seine Augen über die dicke Blonde spielen zu lassen. »Soviel ich weiß, wollte Mister Booth junior den Schecken selbst reiten.«
»Oh! Harold, tatsächlich? Das ist wunderbar. Ja, das ist wonderful!«
Harold war am Bersten. Wenn es nicht schlechthin unmöglich gewesen wäre, einen Teilnehmer vor den Wettbewerben anzugreifen, er hätte auf Joe King eingeboxt, sollte es kosten, was es wolle. Aber dieser Weg war ihm im Augenblick versperrt, und so begnügte er sich mit einem drohenden Augenblitzen und der sachlichen Bemerkung: »Ich weiß von dieser Sache überhaupt nichts.«
»Neiiiin?« Die Blonde war enttäuscht. Sie wandte sich entschlossen an den Manager, dem die Aussprache zu lange dauerte und der sich eben in die Baracken zurückziehen wollte. »Ich komme mit. Vielleicht kann ich das regeln.«
Der Manager, der einen guten Blick für Menschen hatte, schmunzelte liebenswürdig; er war überzeugt, daß er jetzt in zwei Minuten den Einsatz für Joe King in der Kasse hatte.
Während Joe und Harold, von der Gegenwart der Frau befreit, nebeneinander standen, sagte Harold leise: »Du Hundeschnauze! Darüber reden wir heute noch.«
»Bitte. Was willst du denn überhaupt?«
»Mach dich nicht an diese Frau auch noch heran!«
»Meinen Glückwunsch! Übrigens bin ich verheiratet.«
»Ich aber nicht.«
»Also?«
»Eben deswegen.«
»Wir werden uns ja noch treffen, Harold Booth. Es hätte schon lange sein können, wenn du nicht ausgerückt wärest.«
»Wir werden uns treffen, und ich mache Mus aus dir!«
»Daß dir der Wildbraten, der dazu serviert wird, nicht schlecht bekommen möge.«
Die Nächststehenden hatten etwas aufgefangen und lachten. Sie glaubten an eine einfache Eifersuchtsszene.
Die Blonde kam zurück, schloß eben noch die Tasche und strahlte über das ganze Gesicht. »Der Einsatz ist einbezahlt, Mister… Mister…«
»Joe King.«
Sie wurde bleich.
»Komm, Harold.«
Die beiden entfernten sich miteinander.
»Harold, ich habe ja nicht geahnt, daß das der Mann ist… der Mann ist… dessentwegen ich dich damals entführen mußte… gleich von unserem Stelldichein aus. Das ist ja furchtbar, daß dieser Gangster wieder… und ich bitte dich, ich bitte dich, laß dich in keiner Weise mit ihm ein.«
Joe King hatte nicht nur gute Augen, er hatte auch scharfe Ohren.
Sobald das Paar verschwunden war, ging er noch einmal in die Baracke, ehe das Rodeo begann. Als er wieder herauskam, fand er zwischen den Umherstehenden Mike. Mike schielte unter seinem verunstalteten Lid auf Joe, und Joe nahm den Blick sofort an. Mit einer für andere völlig unmerklichen Bewegung forderte er Mike auf, mit ihm beiseite zu kommen, so daß ein leise geführtes Gespräch nicht belauscht werden konnte.
Mike entschloß sich, dem Wink zu folgen. In diesem Augenblick bestand weder für den einen noch für den anderen eine unmittelbare Gefahr.
»Mike…«, Stonehorn sprach, ohne den anderen anzusehen, »was tut ein Boss, wenn seine Gang nicht pariert?«
Mike grunzte.
»Du weißt es. Also habe ich getan, was sich gehörte. James allerdings ist mir davongelaufen. Es war ein Fehler von mir, daß das passieren konnte. Ich gebe es zu. Aber du bist auch einmal in die Nieren geschlagen worden. James gehört mir und Jenny, der aus meiner Gang ein Häuflein Diebe und Schweine gemacht hat, auch. Ich verlange die beiden, und ihr sollt euch hüten, sie mir nicht zu geben. Verstanden? – Es ging um meine Frau.«
»Jenny –? Mhm… Jenny ist nicht schlecht.«
»Unzuverlässig ist er und hält es auch mit der andern Gang – mit dem Hundsfott Leo Lee.«
»Lee sitzt.«
»In ein paar Jahren ist er wieder da. Dann hast du den Ärger.«
Mike grunzte vor sich hin. Er grunzte noch lange vor sich hin, als die Musik schon eingesetzt hatte. Zunächst spielte die Kapelle der Pathfinders, erst später sollte die Schlagerkapelle kommen.
Die Rodeo-Eröffnungsparade begann.
Die Bronc-Reiter, überhaupt alle, die beritten an den Wettkämpfen teilnehmen sollten, ritten in langer Reihe in die Arena ein. Sie ritten die Runde in der entspannten, unbeschwerten Haltung bester Reiter, und sie präsentierten sich dann in der Linie den Tribünen gegenüber. Alle trugen die übliche Cowboykleidung, den breitkrempigen Hut, das bunte Hemd mit oder ohne Halstuch, Hosen, die keine Bewegung behinderten, und leichte Stulpenstiefel. Die individuelle Note lag in den Farben. Joe hatte zum schwarzen Hut auch wieder schwarze Hosen gewählt und ein
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