Nacht über Eden
zu reagieren! Aber es ist so komisch, fast, als würde ich auf Wolken gehen.« Ich wankte, aber ich lachte.
»Vorsichtig«, sagte er und ging langsam auf mich zu. Dabei hielt er die Hände so, als hätte er es mit einem Selbstmordkandidaten zu tun, der auf einer Fensterbank stand, um sich im nächsten Augenblick in die Tiefe zu stürzen.
»Versuche noch nicht zu gehen. Du willst dir doch nicht die Knochen brechen!«
Er sah bei weitem nicht so glücklich und aufgeregt aus, wie ich es erwartet hatte. Sein Gesicht war eher ärgerlich. Warum freute er sich nicht mit mir? Es war soweit! Das, worauf wir alle gehofft hatten, war Wirklichkeit geworden!
»Ich werde wieder gesund! Gesund!« sagte ich mit Nachdruck, um auch in ihm ein wenig von jener freudigen Erregung zu wecken, die mich in diesem Augenblick erfüllte.
Aber sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.
»Natürlich wirst du wieder gesund«, sagte er. »Aber überstürze jetzt nichts. Laß dir Zeit, du setzt dich jetzt besser wieder hin«, fügte er mit einem sonderbaren Ausdruck im Gesicht hinzu.
»Aber ich fühle mich noch nicht müde! Und es ist so herrlich für mich, auf meinen beiden Beinen zu stehen! O Tony, es ist so wunderbar… Ich wünschte, Drake wäre hier und könnte mich sehen. Ich wünschte, Luke… was ist mit Luke? Du hast ihn doch inzwischen angerufen, oder?«
»Ja, ich habe ihn angerufen«, sagte Tony.
»Oh, ich werde ihm zeigen, daß ich stehen kann! Sag mir, wann er genau kommt, und ich werde auf meinen beiden Beinen stehen, wenn er durch die Tür kommt und – «
»Er kann morgen nicht kommen«, erklärte Tony müde. »Er muß irgendeinen Einstufungstest machen.«
Die Aufregung, die mich mit Energie erfüllt hatte, strömte aus mir heraus wie die Luft aus einem zerplatzten Ballon. Ich fühlte, wie meine neugefundene Kraft immer mehr nachließ und wie mein stürmisch klopfendes Herz zu flattern begann.
Erneut fiel dieser verhaßte Schatten auf mich…
»Was? Das kann ihn doch unmöglich den ganzen Tag in Anspruch nehmen.«
»Es kommt ihm einfach ungelegen. Vielleicht übermorgen oder am Wochenende. Er wußte es noch nicht genau.«
»Er wußte es noch nicht genau? Das hat Luke gesagt?«
Plötzlich hatte ich das Gefühl, als wären meine Beine wie Pudding. Mit einem Schlag wich alle Kraft aus ihnen. Ich schrie auf, Tony sprang auf mich zu, erreichte mich jedoch unglücklicherweise nicht rechtzeitig, um mich aufzufangen.
Hart schlug mein Körper auf dem Boden auf.
18. KAPITEL
REBELLION
Als ich aus meiner Ohnmacht erwachte, fiel mir als erstes auf, daß ich ein anderes Nachthemd trug; eines von den seidenen, die Tony mir ins Krankenhaus mitgebracht hatte. Aber warum?
Hatte ich mein anderes Nachthemd zerrissen, als ich zu Boden fiel? Es war mir ausgesprochen peinlich, daß Tony mich offensichtlich ausgezogen und mir ein anderes Nachthemd angezogen hatte, während ich bewußtlos war. Gut, er war mein Urgroßvater, und doch… er war ein Mann!
Ehe ich noch weiter darüber nachdenken konnte, kamen er und Dr. Malisoff in mein Zimmer. Meine Gedanken wurden klarer, und ich erinnerte mich wieder an meine Fortschritte. Es war tatsächlich so – ich war auf dem Weg der Besserung!
Trotz meines Zusammenbruchs – ich wußte, daß die Tage meiner Invalidität gezählt waren! Bald würde ich zum ersten Mal wieder ohne Hilfe gehen können. Und dann würde ich nie wieder abhängig sein von Krankenschwestern und Ärzten, von Tabletten und orthopädischen Hilfsmitteln!
Ich wartete geduldig, aber aufgeregt darauf, daß Dr. Malisoff seine Untersuchung beendete. Er testete gerade meine Reflexe, während Tony in der Nähe der Tür stand und mich ängstlich beobachtete.
Als ich wieder im Bett lag, fühlte ich erneut, wie Leben in meine Beine strömte. Und obwohl der Arzt eine emotionslose, sachliche Miene aufgesetzt hatte, konnte ich in seinen Augen etwas Neues erkennen, als er auf mich herunterblickte.
»Nun?« fragte ich ängstlich. Tony trat einen Schritt näher, damit auch er die Antwort hören konnte. »Geht es jetzt aufwärts mit mir?«
»Ja«, sagte er, »Ihre Beine sind dabei, sich zu regenerieren; Ihre Reflexe sind bereits stärker.«
»Oh, endlich!! Endlich! Endlich! Endlich!« jubilierte ich. Ich blickte zu Tony hinüber; doch der machte ein sorgenvolles Gesicht. Der Arzt sagte ihm flüsternd ein paar Worte, und sie verließen den Raum. Mein Herz pochte erregt, während sie sich im Wohnzimmer unterhielten. Ich hatte keine
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