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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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vor, wir wären wieder zusammen wie an unserem achtzehnten Geburtstag. Ich wünschte, daß dieser Tag für uns zur Ewigkeit geworden wäre.
    O Annie«, sagte er und drückte meine Hand noch fester, »ich weiß nicht, was mich dazu bringen könnte, dich je wieder zu verlassen.«
    »Ich möchte dich auch nie wieder verlassen, Luke«, flüsterte ich. Wir waren uns jetzt so nahe, daß unsere Lippen sich beinahe berührten. Tante Fanny lachte über irgend etwas in der Illustrierten, in der sie las, und wir lehnten uns wieder zurück.
    Luke blickte aus dem Fenster, ich ließ meinen Kopf gegen den Sitz sinken und schloß die Augen. Luke ließ meine Hand nicht los, und ich fühlte mich wieder sicher, geborgen und behütet.
    Ich war so aufgewühlt, als das Flugzeug schließlich landete; aber kaum waren wir am Flughafen in Tante Fannys Auto gestiegen, nickte ich ein. Ich schlief die meiste Zeit auf dem Weg nach Winnerrow. Als ich die Augen wieder öffnete, befanden wir uns in hügeligem Gelände. Wir fuhren eine kurvenreiche Strecke entlang, die ständig bergauf führte; denn es gab keine Schnellstraße, die in die Willies führte. Bald wurden die Abstände zwischen den Tankstellen größer. Die großen, ausladenden Motels wurden von kleinen Hütten abgelöst, die in schattigen dichten Wäldern versteckt waren.
    Schäbige, langweilige kleine Gebäude kündigten eine abgelegene Kleinstadt an. Dann lagen auch diese hinter uns.
    Tante Fanny schlief auf dem Rücksitz. Aus dem Radio erklang leise Musik. Auf Lukes Lippen lag ein ruhiges, zufriedenes Lächeln, während er den Wagen sicher durch die gefährlichen Kurven lenkte. Er schien mir sehr viel reifer als früher. Die Tragödie hatte uns verändert und erwachsener werden lassen.
    Beim Anblick der vertrauten Gegend erfüllte mich ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Ich fragte mich, ob Mammi wohl dasselbe empfunden hatte, als sie damals mit Drake von Farthy geflohen war. Die Welt außerhalb der Willies und Winnerrow mußte ihr genauso rauh, kalt und grausam erschienen sein, wie ich es nun empfand.
    »Wir sind fast da«, verkündete Luke leise. »Wir sind fast wieder in unserer Welt, Annie.«
    »O Luke, wir dachten, es müßte herrlich sein, von hier an einen anderen Ort zu entfliehen, aber nichts ist so wundervoll wie die Heimat, nicht wahr?« fragte ich ihn.
    »Nicht solange du ein Teil von mir bist, Annie«, sagte er und streckte seine Hand nach meiner aus. Unsere Finger umschlossen sich, und keiner von uns beiden wollte die Hand des anderen wieder loslassen. Mein Herz klopfte vor Freude.
    Er sah den Ausdruck meines Gesichts, und seine Miene wurde ernst. Ich wußte, es beunruhigte ihn, daß wir unsere Gefühle preisgaben, ohne daran zu denken, wie ausweglos unsere Liebe war…
    »Ich kann es nicht erwarten, Hasbrouck House zu sehen«, flüsterte ich.
    »Bald, bald.«
    Mit jedem Kilometer wurde ich ungeduldiger und aufgeregter. Schließlich erreichten wir die weiten grünen Felder der Umgebung Winnerrows mit ihren hübschen kleinen Farmen, wo bald das Getreide geerntet werden würde. Die kleinen Farmhäuschen waren alle beleuchtet, die Familien saßen darin zusammen im warmen Schein der Lampen. Ich hätte vor Freude fast aufgeschrien, als ich die Lichter der Baracken der Kohlebergarbeiter erblickte, die über die Hügel verstreut lagen. Sie sahen aus wie Sterne, die vom Himmel gefallen waren, aber ihre Leuchtkraft behalten hatten.
    Und dann erreichten wir Winnerrow selbst und fuhren auf der Hauptstraße an den pastellfarbenen Häusern der Reichen vorbei. Dahinter befanden sich die bescheidenen Häuser der Mittelklasse, jener Männer und Frauen, die in der Verwaltung der Minen arbeiten.
    Ich schloß die Augen, als wir in die Straße einbogen, die zum Hasbrouck House führte. In wenigen Augenblicken würde ich zu Hause sein, und doch würde alles anders sein als zuvor.
    Weder Mammi noch Daddy würden uns willkommen heißen, wenn wir die Auffahrt hinauffuhren… keine lächelnden Gesichter, keine herzlichen Küsse und Umarmungen, kein liebevoller Empfang. Die Wirklichkeit brach über mich herein wie eine riesige, mächtige Woge im Ozean, der ich nicht entkommen und die ich auch nicht aufhalten konnte. Meine Mammi und mein Daddy waren tot und in Farthy begraben.
    Und ich war immer noch eine Invalide. Nein, es war nicht nur ein Traum gewesen…
    »Na, Gott sei Dank sind wir hier«, sagte Tante Fanny schleppend. »Drück auf die Hupe, Luke, damit sie wissen, daß wir da

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