Nacht über Eden
das Mädchen, von dem du annimmst, daß ich es heiraten werde, und den Mann, den ich mir als deinen Ehemann vorstelle, heiraten! Dann werden sie beide glücklich werden.«
Ich lachte und schüttelte den Kopf. Luke war einfach nicht bereit, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Vielleicht wollte er mich ja nur weiterhin schonen?
»Aber Luke, was geschieht dann mit uns?«
»Mit uns? Du… du wirst eine alte Jungfer, ich bleibe Junggeselle, und wir ziehen beide nach Hasbrouck House.«
»Aber werden wir so glücklich sein können?« fragte ich betrübt.
»Solange ich mit dir zusammen bin, Annie, werde ich immer glücklich sein«, beharrte er. »Ich hätte sicher immer das Gefühl, daß ich dich daran hindere, ein normales Leben zu führen, Luke.«
»Das darfst du nicht sagen«, bat er und blieb abrupt stehen.
Ich wandte mich um und sah, wie verletzt er durch meine Worte war.
»Nun gut, es tut mir leid«, entschuldigte ich mich, aber er sah immer noch so aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen.
»Ich meine, Annie, ich könnte nie ein Mädchen heiraten, außer, es wäre wie du. Und…«, fügte er langsam hinzu, »es gibt keine, die so ist wie du.«
Der Blick, den er mir zuwarf, war so leidenschaftlich, daß mein Herz rasend zu klopfen begann. Plötzlich wurde mir bewußt, daß die Passanten und die Leute in den vorbeifahrenden Autos in unsere Richtung starrten.
»Nun, wenn du eine findest, die in Frage käme, schick sie zu mir, und ich werde ihr ein paar Nachhilfestunden geben«, sagte ich, bemüht, die Dinge von der humorvollen Seite zu nehmen.
Doch im Innersten meines Herzen konnte ich nicht anders, als mir egoistisch zu wünschen, daß unser Leben sich tatsächlich so entwickeln würde, wie Luke es voraussagte… daß keiner von uns beiden einen Partner finden würde, und daß wir für immer und ewig zusammenbleiben konnten; einander nahe und in Liebe verbunden, auch wenn uns das Glück anderer Liebender versagt blieb…
Wir setzten unseren Weg stadteinwärts zum Friseursalon fort.
Dort hatte man anscheinend nach uns Ausschau gehalten, denn als wir um die Ecke bogen, stürzten sogleich die Besitzerin Dorothy Wilson und ihre beiden Angestellten heraus, um mich zu begrüßen.
»Jetzt nehmen wir sie in unsere Obhut, Luke«, erklärte Dorothy und nahm seinen Platz hinter dem Rollstuhl ein. Nun machten sich alle drei aufgeregt daran, mich zu verschönern.
Während sie sich an meinem Haar zu schaffen machten, manikürten und pedikürten sie gleichzeitig meine Nägel und schwatzten dabei unablässig, um mir den neuesten Klatsch der kleinen Stadt mitzuteilen. Luke entfernte sich, um einige alte Freunde zu besuchen, und kam nur wenige Minuten, nachdem ich fertig war, zurück, wie wir es zuvor ausgemacht hatten.
Die Mädchen hatten nicht nur meine Haarfarbe verändert, sondern mich auch zu einem französischen Zopf überredet. Als Luke hereinkam und mich sah, bemerkte ich, wie sehr ich ihm gefiel. Seine Augen weiteten sich, und ein Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus; jenes besondere Lächeln, das mich an wundervolle Augenblicke erinnerte… etwa an damals, als er mir das Armband geschenkt hatte.
»Wie sehe ich aus?«
»Du bist so wunderschön«, brach es aus ihm heraus. Dann warf er einen Blick auf Dorothy und errötete. »Ich meine…
Deine natürliche Haarfarbe steht dir viel besser. Jeder wird mir zustimmen, da bin ich ganz sicher. Nun«, sagte er und trat von einem Fuß auf den anderen, »wir sollten besser zurückgehen, ehe meine Mutter Roland schickt, um uns zu suchen. Er würde sich doch nur verlaufen.«
»Gefällt es dir wirklich«, fragte ich, als wir auf dem Heimweg nach Hasbrouck House waren.
»Sehr, jetzt siehst du wieder aus wie früher, nur reifer.«
»Es geht mir so viel besser, seit ich wieder zu Hause bin, Luke. Es kommt mir so vor, als wäre ich aus einem langen Schlaf wieder zum Leben erwacht. Wenn wir zurück sind, bring mir doch bitte die Gehhilfe, damit ich ausprobieren kann, ob ich wirklich schon kräftiger bin, oder ob ich mir das nur einbilde.« Er lächelte über meinen Enthusiasmus.
»Natürlich. Wo möchtest du es ausprobieren?« Er hielt an, und ich wandte mich zu ihm um. Ich brauchte nichts zu sagen, unsere Augen verstanden sich auch ohne Worte. Er nickte und schob mich weiter.
Als wir am Haus ankamen, ging Luke hinein und holte die Gehhilfe. Dann schob er mich über den kleinen Pfad, der an der Seite des Gartens entlangführte. Vor den Stufen, die
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