Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
umschlungen.
    Plötzlich ertönte Drakes Stimme, und wir fuhren beide herum.
    »Annie!« schrie er. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen und Ärger. Ich griff nach hinten, um die Gehhilfe zu erreichen, und löste mich aus Lukes Umarmung. Drake stürmte die Stufen zum Pavillon hinauf. Sein Gesicht war wutverzerrt.
    »Ich habe eine wichtige Geschäftsreise unterbrochen, als ich hörte was in Farthy geschehen war, und jetzt bin ich froh darüber. Anscheinend bin ich gerade noch zur rechten Zeit gekommen.«
    »Gerade noch, was soll das heißen?« fragte Luke. Sie standen einander mit geballten Fäusten gegenüber.
    »Du und deine hinterwäldlerische Mutter, ihr hattet kein Recht, Annie aus Farthy wegzuholen! Dort bekam sie die beste medizinische Behandlung, dort kümmerte man sich Tag und Nacht um sie, dort hatte sie die beste Ausrüstung, dort…«
    »Bitte, Drake«, fiel ich ihm ins Wort. »Du weißt nicht, was dort vor sich ging. Ich wollte es dir ja erzählen, aber du hast ja nicht zugehört. Laß es mich dir jetzt erzählen.«
    »Was willst du mir erzählen?« fragte er höhnisch.
    »Vielleicht, daß du hierher zurückkommen wolltest, um dein…
    dein Phantasiespiel mit ihm zu spielen? Ich habe früher schon gedacht, daß das nicht gut ist… Aber dir kann man keinen Vorwurf machen, Annie«, sagte er mit einem Blick auf mich.
    »Er hat deine Schwäche ausgenutzt.«
    »Nein, Drake, das stimmt nicht«, schrie ich, doch er starrte haßerfüllt auf Luke, und seine dunklen Augen glühten.
    »Ich sollte dir ein für allemal das Genick brechen«, stieß er hervor und sein Mund war verzerrt, so daß sich sein Gesicht zu einer gemeinen, haßerfüllten Fratze verzog.
    »Vielleicht solltest du es endlich einmal versuchen«, antwortete Luke, und sein Gesicht wurde hart. Seine Lippen hatten sich zu zwei dünnen Strichen verengt, und seine Augen waren schmal und entschlossen.
    »Nein, Luke! Drake, hör mir zu. Ich habe Luke angerufen.
    Ich wollte, daß er mich aus Farthy holt.«
    Doch keiner von beiden schien zu hören, was ich sagte.
    »Eigentlich ist es ja keine Überraschung. Ich habe immer gewußt, daß du ein schlechter Mensch bist, wie hätte es auch anders sein können – bei so einer Mutter? Doch jetzt ist die Maske gefallen, und du zeigst dein wahres Gesicht. Ich habe all die Jahre gesehen, wie du Annie angeblickt hast!«
    »Drake, sei still!« Mein Entsetzen stieg, als mir klar wurde, was er als nächstes sagen würde.
    »Nun, jetzt ist Schluß damit. Jetzt wird…«
    »Drake! Luke!« bat ich.
    Plötzlich drehte sich der Pavillon um mich herum wie ein Karussell. Das Geländer hörte nicht auf, sich zu drehen.
    Plötzlich setzte sich die Gehhilfe in Bewegung. Ich verlor das Gleichgewicht, und bevor einer der beiden bei mir war, stürzte ich auf den Boden. Alles um mich herum wurde schwarz.
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich mit einem feuchten, kalten Waschlappen auf der Stirn in meinem Bett. Tante Fanny und Mrs. Avery standen neben mir. Luke saß in der einen Ecke des Zimmers und Drake in der anderen.
    »Ich hab Dr. Williams angerufen, er muß jeden Moment hier sein. Hast dich übernommen, stimmt’s? Wußt ich ja, daß sowas passieren würde.«
    Luke und Drake sahen schuldbewußt zu mir herüber, und schwiegen.
    »Mir geht es gut.«
    »Das wird der Arzt entscheiden, Annie«, sagte Luke sanft.
    Mrs. Avery erneuerte den kalten Waschlappen auf meiner Stirn. Dann kam Dr. Williams, und alle außer ihm und Tante Fanny verließen das Zimmer.
    Er fühlte meinen Puls, prüfte meinen Blutdruck und meine Herztöne. Dann lehnte er sich zurück, schüttelte den Kopf und sah von Tante Fanny zu mir. Seine buschigen Augenbrauen waren hochgezogen, so daß sie wie zwei Fragezeichen aussahen.
    »Was ist geschehen?«
    »Nehme an, daß sie übertrieben hat, nich Doktor? Wir ham sie aus ‘m Bett geholt und mit am Tisch essen lassen. Luke hat sie runter zum Friseur gebracht, und da ist sie ‘ne ganze Zeit geblieben. Dann, als sie zurück waren, hat er mit ihr im Pavillon mit der Gehhilfe geübt.«
    »Hast du dich zu sehr angestrengt, Annie? Davor hatte ich dich doch gewarnt.« Er drohte mir scherzhaft mit seinem kurzen dicken Zeigefinger.
    »Ich glaube nicht, Dr. Williams.«
    »Hmmhm, na, dein Puls und der Herzrhythmus sind in Ordnung. Der Blutdruck ist vielleicht etwas hoch, aber das ist nicht schlimm. Ruhe dich jetzt einfach aus, und versuch, deinen Körper nicht zu überfordern. Ich habe endlich deinen Arzt in Boston erreicht, und

Weitere Kostenlose Bücher