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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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In ein paar Stunden komme ich wieder und sehe nach, wie es ihr geht. Ruh dich schön aus, Annie.« Er küßte mich auf die Wange, ging hinaus und zog leise die Schlafzimmertür hinter sich zu.
    Kurz bevor er die Tür zumachte, konnte ich noch einmal sein Gesicht sehen. Er sah so glücklich, ja geradezu ekstatisch aus; seine Augen strahlten und leuchteten so hell wie die bläulichen Zünglein einer Gasflamme. War es für ihn eine solche Genugtuung, etwas für mich tun zu können? Welche Ironie des Schicksals: Das Unglück, das dem einen widerfuhr, gab dem anderen die Möglichkeit, sein Glück wiederzufinden.
    Aber ich konnte es ihm nicht übelnehmen. Es war ja nicht sein Plan gewesen, mich hierher zu holen. Was sollte ich ihm denn vorwerfen? Daß er mir die bestmögliche medizinische Versorgung zukommen ließ? Daß er mir sein Haus und seine Dienstboten zur Verfügung stellte, damit ich mich erholen konnte? Daß er alles tat, was in seinen Kräften stand, um meinen Schmerz und meine Qual zu lindern?
    Vielleicht sollte ich Mitleid mit ihm haben, dachte ich. Er war ein einsamer, gebrochener Mann, der ganz allein in einem riesigen Palast lebte, in dem er überall von Erinnerungen heimgesucht wurde; und das einzige, was ihn wieder zum Leben erwecken konnte, war mein Elend, mein Unglück.
    Wenn es unsere Familientragödie nicht gegeben hätte, wäre ich nicht hier. Sicherlich würde er das eines Tages begreifen, und es würde ihn wieder unglücklich machen.
    Mrs. Broadfield begann mich zu entkleiden.
    »Das kann ich selbst«, protestierte ich.
    »Sehr gut. Machen Sie es selbst, soweit Sie es schaffen, und ich helfe Ihnen dann beim Rest.« Sie ging und holte mir ein Nachthemd.
    »Ich möchte gerne das blaue«, sagte ich. Ganz bewußt bat ich um ein anderes als das, welches sie ausgewählt hatte. Ohne etwas zu sagen legte sie das grüne zurück und nahm das blaue.
    Ich wußte, daß ich nörgelig war, aber ich konnte nicht anders.
    Denn ich war einfach wütend, weil ich so hilflos und auf andere angewiesen war.
    Ich öffnete die Knöpfe an meinem Kleid und versuchte es mir über den Kopf zu ziehen. Aber als Tony und Mrs. Broadfield mich aufs Bett gehoben hatten, hatte ich mich auf das Kleid gesetzt. Ich mußte mich auf die Seite drehen und den Rock mühsam herausziehen. Ich stöhnte und ächzte. Sicherlich machte ich einen jämmerlichen Eindruck. Mrs. Broadfield stand einfach nur da und schaute mir zu – sie wartete darauf, daß ich sie um Hilfe bat. Aber ich war eigensinnig und hartnäckig. Ich drehte und wendete meinen Oberkörper, bis ich das Kleid schließlich über meine Taille und dann über meinen Busen gezogen hatte. Einen Augenblick lang kam ich mir dumm vor, weil ich es nicht schaffte, es über den Kopf zu ziehen. Ich war erschöpft von der Anstrengung und mußte erst einmal Luft holen. Es war kaum zu fassen, wie sehr meine Arme schmerzten. Ich war viel schwächer, als ich gedacht hatte.
    Endlich packte Mrs. Broadfield das Kleid und zog mich vollends aus. Ich sagte nichts. Sie stülpte mir das Nachthemd über den Kopf, wartete, bis ich meine Arme durch die Armlöcher gesteckt hatte, und zog es dann nach unten.
    »Müssen Sie noch ins Badezimmer?« fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf. Sie drückte mich in die Kissen, zog die Decke hoch und stopfte sie sorgfältig zwischen Matratze und Bettgestell.
    »Wenn Sie sich ausgeruht haben, bringe ich Ihnen das Mittagessen.«
    »Wo schlafen Sie, Mrs. Broadfield?«
    »Mr. Tatterton hat auf der anderen Seite des Flurs ein Zimmer für mich herrichten lassen, aber ich werde mich die meiste Zeit in Ihrem Wohnzimmer aufhalten und die Tür zum Schlafzimmer offenstehen lassen.«
    »Das muß ja recht langweilig für Sie sein«, sagte ich in der Hoffnung, ich könnte sie vielleicht dazu bringen, etwas von sich und von ihren Gefühlen zu erzählen. Ich war seit mehr als zwei Wochen fast ununterbrochen mit ihr zusammen, wenn ich nicht gerade schlief, und doch wußte ich nicht das Geringste über sie.
    »Es ist meine Arbeit.« Sie lächelte nicht bei diesen Worten, wie es wohl die meisten anderen Menschen getan hätten.
    »Ja, das verstehe ich, aber trotzdem…«
    »Es kommt nicht so häufig vor, daß ich mich um Patienten kümmern muß, die in einer so wohlhabenden Umgebung leben«, fügte sie hinzu. »Das Haus hier macht einen sehr interessanten Eindruck. Der Park ebenfalls. Ich bin sicher, daß ich mich nicht langweilen werde. Machen Sie sich deshalb keine Sorgen. Sie sollten sich

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