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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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erwachte wieder, als Millie Thomas gerade das Tablett mit dem Abendessen auf das Tischchen neben meinem Bett stellte. Offensichtlich hatte ich ein Sommergewitter verschlafen, denn ich konnte den frischen, feuchten Regenduft einatmen, obwohl der Himmel nur noch teilweise bewölkt war.
    Als ich mich daran erinnerte, wie Tony mir ins Bett geholfen hatte, sah ich es wieder vor mir: Seine Hände auf meinen Beinen, seine Lippen so nahe bei den meinen – aber es mußte ein Traum gewesen sein. Ohnehin war es eine sehr flüchtige und verschwommene Erinnerung.
    »Ich wollte Sie nicht aufwecken, Miß Annie«, sagte Millie schüchtern.
    Ich blinzelte ein paarmal, dann richtete ich den Blick auf sie.
    Sie hielt die Arme so eng an den Körper gepreßt, als wäre sie ganz zerknirscht, so wie jemand aus den Willies, der gerade von dem alten Pastor Wise eine Lektion erteilt bekommen hatte.
    »Das macht doch nichts, Millie. Ich sollte nicht schlafen. Es hat geregnet, stimmt’s?«
    »Oh, wie verrückt, Miß Annie!«
    »Bitte, nennen Sie mich nicht Miß Annie. Sagen Sie einfach nur Annie.« Millie nickte zaghaft. »Woher kommen Sie, Millie?«
    »Aus Boston.«
    »Wissen Sie, wo Harvard ist?«
    »Natürlich, Miß… natürlich, Annie.«
    »Mein Onkel Drake ist dort, und ich habe einen… Cousin, der jetzt auch dorthin geht. Er heißt Luke.«
    Sie lächelte ein wenig zutraulicher und schüttelte das Sitzkissen hinter mir auf. Ich richtete mich auf, um besser essen zu können, und sie rollte den Tisch ans Bett.
    »Wie lange arbeiten Sie schon als Dienstmädchen, Millie?«
    »Seit fünf Jahren. Vorher habe ich bei Filene’s im Lager gearbeitet, aber das hat mir nicht so viel Spaß gemacht wie die Arbeit als Dienstmädchen.«
    »Warum macht es Ihnen Spaß, als Dienstmädchen zu arbeiten?«
    »Man kann in so schönen Häusern arbeiten. Natürlich sind nicht alle so groß wie dieses hier, aber es sind immer schöne Häuser. Und man lernt Leute kennen, die eine gute Erziehung haben. Das hat auch meine Mutter immer gesagt. Sie arbeitete auch als Dienstmädchen, viele Jahre lang. Jetzt ist sie im Altersheim.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Das ist nicht schlimm. Sie ist glücklich. Sie tun mir sehr leid, Annie. Ich habe von Ihrem tragischen Schicksal gehört.
    Die Angestellten haben heute morgen über Ihre Mutter gesprochen, das heißt natürlich diejenigen, die sich an sie erinnern können.«
    »Sie meinen zum Beispiel Rye Whiskey?«
    Sie lachte.
    »Als der Gärtner ihn so anredete, dachte ich zuerst er wollte etwas zu trinken.«
    »Meine Mutter hat ihn auch so genannt. Aber da fällt mir etwas ein. Wenn Sie wieder in die Küche hinuntergehen, müssen Sie Rye Whiskey sagen, ich möchte gerne, daß er heraufkommt und mich besucht. Sofort. Tony wollte ihn eigentlich heraufschicken, aber er muß es vergessen haben.
    Können Sie das bitte für mich tun?«
    »Oh, selbstverständlich. Ich gehe sofort zu ihm. Gibt es sonst noch irgend etwas, was Sie gerne zum Abendessen hätten?«
    »Nein, es sieht alles sehr lecker aus.«
    »Dann sollten Sie es aber essen, bevor es kalt wird«, meinte Mrs. Broadfield barsch. Sie kam gerade ins Schlafzimmer und ging in Richtung Bad, einen Stapel frischer weißer Handtücher im Arm. »Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen diese Handtücher hier heraufbringen?« schimpfte sie, als sie sich an der Badezimmertür noch einmal umdrehte. Millie wurde über und über rot.
    »Ich wollte es tun, nachdem ich Annie das Abendessen serviert hatte.«
    Mrs. Broadfield knurrte und ging ins Bad. Millie verließ eilig das Zimmer.
    »Vergessen Sie Rye Whiskey nicht«, rief ich ihr nach.
    »Bestimmt nicht.«
    Mrs. Broadfield kam wieder aus dem Badezimmer und blieb bei meinem Bett stehen, um die Mahlzeit zu inspizieren. Als sie das kleine Stück Schokoladenkuchen sah, runzelte sie die Stirn.
    »Ich habe dem Koch ausdrücklich gesagt, er solle keine schweren Nachspeisen auf Ihr Tablett tun. Im Augenblick gibt es für Sie nur Götterspeise.«
    »Es ist nicht so wichtig.«
    »Daß man sich an meine Anweisungen hält, ist sehr wohl wichtig«, sagte sie streng. Dann richtete sie sich kerzengerade auf wie ein General und marschierte aus dem Zimmer. Der arme Rye Whiskey, dachte ich. Ich hatte ihn noch gar nicht kennengelernt, und nun war er meinetwegen schon in Schwierigkeiten geraten. Ich aß mein Essen auf, aber eher aus Pflichtgefühl als mit Appetit. Ich kaute und schluckte lustlos.
    Das gekochte Huhn schmeckte nach nichts. Das lag aber

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