Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
mit Bullock auf dem Schiff nach Süden unterwegs sind und dort nach die- sem Asa suchen.« Daß sie sie ausgeschickt hatte, machte mir Sorgen. Wenn ich die Beweg- gründe der Unterworfenen nicht begreife, kriege ich Verfolgungswahn. »Fünf sind im Stiefel; sie geben sich dort als ausländische Seeleute aus. Außerdem drei, die dort ein Auge auf Per- sonen haben, die wir besonders interessant finden. Ich müßte bei Elmo nachfragen, um völlig sicherzugehen, aber mindestens vier weitere waren in anderen Stadtteilen und haben versucht, etwas Interessantes aufzuschnappen. Der Rest von uns war hier in der Burg und hatte dienst- frei. Augenblick! Ein Mann war im Büro der Geheimpolizei des Herzogs, und zwei waren bei der Einfriedung und hielten Verbindung mit den Wächtern. Ich war den Großteil der Nacht bei den Inquisitoren und habe sie ausgehorcht. Im Augenblick sind wir ziemlich weit verteilt. Ich bin froh, wenn der Hauptmann hier eintrifft. Für die Menge der Leute, über die wir verfü- gen, haben wir zuviel am Laufen. Wir können nicht alle Posten besetzen.« Sie seufzte, stand auf, begann wieder auf und ab zu laufen. »Ist wohl genausogut meine Schuld, nehme ich mal an.« Lange sah sie aus einem Fenster. Dann winkte sie mich heran. Ich stellte mich neben sie.
Sie deutete auf die Schwarze Burg. »Es fehlen nur noch Haaresbreiten. Sie versuchen schon, dem Dominator den Weg zu öffnen. Noch ist es nicht soweit, aber sie werden allmählich un- ruhig. Vielleicht haben sie unser Interesse gespürt.«
    Diese Juniper-Affäre glich einem riesigen tentakelbewehrten Meeresungeheuer aus einem
verlogenen Seemannsgarn. Ganz gleich, wohin wir uns wandten oder was wir auch taten, wir gerieten immer tiefer in Schwierigkeiten. Indem wir unabhängig von den Unterworfenen un- sere eigenen Pläne verfolgten und versuchten, eine immer deutlichere Fährte zu verwischen, machten wir es schwerer für sie, mit der Gefahr fertigzuwerden, die von der Schwarzen Burg ausging. Wenn wir die Spur zu gut verwischten, ermöglichten wir es vielleicht dem Domina- tor, über eine völlig unvorbereitete Welt hereinzubrechen. Dieses Grauen wollte ich nicht auf mein Gewissen laden. Obwohl ich befürchte, daß ich es meistens nicht so darstelle, waren wir in weitreichende moralische Probleme verwickelt. Zwickmühlen dieser Art waren wir nicht gewohnt. Das Los des Söldners verlangt von ihm nur selten, moralische Entscheidungen zu fällen. Im Grunde legt der Söldner die Moral beiseite oder ordnet die üblichen Strukturen im besten Fall so an, daß sie zu den Erfordernissen seiner Lebensweise passen. Die großen Fragen bestehen darin, wie gut er seine Aufgabe erfüllt, wie getreu er zu seiner Verpflichtung steht und wie sehr er einem Maßstab anhängt, der unerschütterliche Loyalität zu seinen Kameraden verlangt. Die Welt außerhalb seiner Truppe wird entmenschlicht. Alles, was er dann tut oder sieht, verliert an Bedeutung, solange sich die Auswirkungen außerhalb der Schar ereignen. Wir waren in ein Dilemma geraten und standen möglicherweise vor der wichtigsten Ent- scheidung in der Geschichte der Schar. Vielleicht mußten wir um des Wohles der Außenwelt willen den vierhundert Jahre alten Mythos der Schar verraten. Ich wußte, ich konnte nicht zulassen, daß sich der Dominator wieder erhob, falls dies die einzige Art und Weise war, die Lady davon abzuhalten, herauszufinden, was mit Raven und Darling geschehen war.
Dennoch… Die Lady war nicht viel besser. Wir standen in ihren Diensten und hatten bis vor kurzem treu und brav alle Rebellen ausgelöscht, wo immer wir sie auch antrafen, aber ich glaube nicht, daß es viele von uns kalt ließ, was sie war. Sie war nur deshalb weniger böse als der Dominator, weil sie sich darin weniger entschlossen zeigte und sich in ihrem Streben nach vollkommener und absoluter Herrschaft geduldiger zeigte. Das stellte mich vor ein weiteres Dilemma. Konnte ich Darling opfern, um die Rückkehr des Dominators zu verhindern? Wenn das der Preis dafür war? »Du bist offenbar tief in Gedanken versunken«, sagte Wisper. »Hmm. Bei dieser Geschichte spielen zu viele Dinge eine Rolle. Die Wächter. Der Herzog. Wir. Bullock, der selbst ein paar Hühnchen zu rupfen hat.« Ich hatte ihr von Bullocks Stiefel- Herkunft erzählt, fütterte sie mit unwichtigen Informationen, um sie abzulenken und ihre Überlegungen zu verkomplizieren.
Sie zeigte wieder hinaus. »Hatte ich nicht gesagt, daß dieser Ort unter strenge Bewachung gestellt

Weitere Kostenlose Bücher