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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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werden sollte?«
»Ja. Das haben wir auch eine Zeitlang getan. Aber es tat sich nichts, und dann sollten wir uns um andere Dinge kümmern…« Ich brach mitten in meinen Ausführungen ab und erbebte unter einem schaurigen Verdacht.
Sie las in meinem Gesicht. »Ja. Gestern nacht. Und diese Lieferung war noch am Leben.«
    »Oje«, murmelte ich. »Wer war das? Wißt Ihr es?«
»Wir haben nur die Veränderungen gespürt, die darauf folgten. Sie haben versucht, den Weg zu öffnen. Sie kamen ihrem Ziel sehr nahe, aber sie waren noch nicht stark genug.« Sie begann wieder auf und ab zu laufen. Im Geiste ging ich die Gruppe durch, die für den Stiefel eingeteilt gewesen war. Ich würde einige sehr unangenehme Fragen stellen. »Ich habe mich mit der Lady beraten. Sie ist sehr besorgt. Ihre Anweisungen lauten, neben- sächliche Angelegenheiten erst einmal ruhen zu lassen. Wir sollen verhindern, daß weitere Leichen die Burg erreichen. Ja, der Rest eurer Schar wird bald hier sein. In sechs bis zehn Tagen. Und es gibt noch viel zu tun, um uns auf ihr Eintreffen vorzubereiten. Aber wie du selbst festgestellt hast, ist zu vieles zu tun, und wir haben zu wenig Leute. Wenn sie hier an- kommen, muß euer Hauptmann eben sehen, wie er mit der Lage fertig wird. Die Schwarze Burg muß abgeriegelt werden.«
»Warum fliegt ihr nicht einige Männer ein?« »Die Lady hat das verboten.«
Ich bemühte mich um ein verdattertes Gesicht. »Aber warum?« Ich hatte den furchtbaren Verdacht, daß ich die Antwort schon kannte. Wisper zuckte die Achseln. »Weil sie nicht will, daß ihr mit Begrüßungen und dem Einwei- sen der Neuankömmlinge Zeit verschwendet. Geh jetzt und kümmere dich darum, daß die Burg abgeriegelt wird.«
»Jawohl.«
Ich zog ab und dachte dabei, daß es besser und schlechter verlaufen war, als ich erwartet hat- te. Besser, weil sie keinen kreischenden Wutanfall gehabt hatte. Schlechter, weil sie im we- sentlichen deutlich gemacht hatte, daß wir, die Männer von der Schar, die bereits hier waren, unter dem Verdacht standen, bereits einer moralischen Infektion erlegen zu sein, die die Lady nicht an unsere Kameraden weitergegeben wissen wollte. Beängstigend.
»Jau«, sagte Elmo, als ich ihm Bescheid gab. Erklärungen benötigte er nicht. »Und das be- deutet, daß wir Verbindung mit dem Alten aufnehmen müssen.« »Per Boten?«
»Wie denn sonst? Wen können wir losschicken und verhindern, daß es bemerkt wird?« »Einen von den Stiefelleuten.«
Elmo nickte. »Ich kümmere mich darum. Du gehst los und denkst darüber nach, wie wir die Burg mit der verfügbaren Mannschaftsstärke abriegeln können.« »Warum kundschaftest du die Burg nicht aus? Ich will herausfinden, was die Kerle letzte Nacht eigentlich gemacht haben.«
»Das bringt uns nicht die Bohne, Croaker. Jetzt übernehme ich die Sache. Ich sage ja nicht,
    daß du deine Aufgabe schlecht erfüllt hast, nur daß du sie eben nicht erfüllt hast. Was eigent-
lich meine Schuld ist. Ich bin der Soldat von uns beiden.« »Daß du Soldat bist, spielt hier keine Rolle, Elmo. Das hier ist keine Soldatenarbeit. Es geht um Spionagekram. Und Spione brauchen Zeit, um sich in das Gefüge einer Gesellschaft ein- fädeln zu können. Davon haben wir nicht genug gehabt.« »Jetzt ist die Zeit aber abgelaufen. Das hast du doch gesagt, oder?« »Ich denke schon«, räumte ich ein. »In Ordnung. Ich kundschafte die Burg aus. Aber du fin- dest heraus, was da letzte Nacht eigentlich passiert ist. Besonders um diese Kneipe herum, um die Eiserne Lilie. Die taucht genauso oft auf wie dieser Asa.« Während unserer Unterhaltung hatte sich Elmo zurückgezogen. Jetzt sah er aus wie ein ab- getakelter Seemann, zu alt, um wieder hinauszufahren, aber immer noch hart genug für drek- kige Arbeit. Er paßte genau in den Stiefel. Das sagte ich ihm auch. »Jawoll. Los geht’s. Und rechne nicht damit, daß du viel Schlaf kriegst, ehe der Hauptmann hier ist.«
Wir sahen uns an und keiner sagte, woran er wirklich dachte. Wenn die Unterworfenen nicht wollten, daß wir mit unseren Brüdern zusammenkamen, was würden sie dann tun, wenn die Schar aus den Wolanderbergen auftauchte? Aus der Nähe wirkte die Schwarze Burg zugleich faszinierend und beunruhigend. Ich hatte mir ein Pferd genommen und ritt nun mehrere Male um die Stätte herum, ging einmal sogar so weit, auf eine Bewegung, die ich auf den glänzenden Brüstungen erspähte, fröhlich zu win- ken.
Dahinter lag unwegsames Gelände – steil felsig, bewachsen

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