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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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mit niedrigen Dornenbüschen, die nach Salbei rochen. Aus dieser Richtung würde niemand kommen, der eine Leiche mit sich schleppte. Entlang des Höhenzuges in östliche und westliche Richtung war das Gelände besser, aber eine Annäherung von dort war auch unwahrscheinlich. Männer der lei- chenverscherbelnden Sorte würden es sich leichtmachen. Das bedeutete, sie würden die Stra- ße nehmen, die vom Ufer des Port herführte, durch die verstreuten Kaufmannshäuser auf den mittleren Hängen und dann hinauf bis zum Burgtor. Jemand hatte diesen Weg schon oft be- nutzt, denn vom Straßenende bis zur Burg verliefen Räderspuren. Mein Problem bestand darin, daß sich hier nirgends ein Trupp in den Hinterhalt legen konn- te, ohne von der Burgmauer aus gesehen zu werden. Ich brauchte bis zur Abenddämmerung, um mir einen Plan zu machen.
Etwas weiter den Hang hinunter entdeckte ich flußaufwärts ein verlassenes Haus. Dort woll- te ich meine Leute unterbringen und in der bewohnten Gegend Wachposten entlang der Straße aufstellen. Falls sie etwas Verdächtiges bemerkten, konnten sie das entlang der Reihe an uns weitergeben. Wir konnten hinaufeilen und quer über den Hang hetzen, um potentielle Lei- chenhändler abzufangen. Wegen der Langsamkeit der Wagen würden wir genug Zeit für die- ses Manöver haben.
Der alte Croaker ist ein brillanter Stratege. Jawohl, Sir. Bis Mitternacht hatte ich meine Männer plaziert und alles vorbereitet. Und vor dem Frühstück hatte ich bereits zwei Fehl- alarme. Auf peinliche Weise erfuhr ich, daß an meinem Wachposten auch ganz harmlose Wa- gen vorbeifuhren.
    Ich saß im alten Haus bei meiner Gruppe, verbrachte die Zeit damit, entweder Tonk zu spie-
len oder mir Sorgen zu machen, und ganz gelegentlich machte ich ein Nickerchen. Und ich fragte mich oft, was wohl im Stiefel und auf der anderen Talseite in Duretile vor sich ging. Ich hoffte, daß Elmo noch alle Fäden in den Händen halten konnte.

ACHTUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Juniper: Lisa
    Shed verbrachte den ganzen Tag damit, in seinem Zimmer zu liegen, an die Decke zu starren, sich selbst zu hassen. Er war so tief gesunken, wie es einem Menschen nur möglich war. Für ihn war keine Tat mehr verderbt, und nichts, was er tat, konnte seine Seele noch schwärzer färben. Ein Überfahrtsgeld von einer Million Leva würde ihm am Tag der Überfahrt keinen Platz auf dem Schiff erkaufen können. Sein Name mußte im Schwarzen Buch neben dem der finstersten Schurken verzeichnet worden sein. »Meister Shed?« sagte Lisa von der Zimmertür aus am Tag darauf, als Shed einen weiteren Tag des Deckenstudiums und des Selbstmitleids in Erwägung zog. »Meister Shed?« »Ja?«
»Bo und Lana sind hier.«
Bo und Lana sowie eine Tochter waren die Bediensteten seiner Mutter. »Was wollen sie?« »Vermutlich ihre Monatsrechnungen ausgezahlt haben.« »Ach ja.« Er stand auf.
Lisa hielt ihn an der Treppe an. »Mit Sue hatte ich recht, nicht wahr?« »Du hattest recht.«
»Es tut mir leid. Ich hätte nichts gesagt, wenn wir es uns hätten leisten können.« »Wir? Was meinst du mit wir? Ach, verdammt. Schon recht. Vergiß es. Ich will nichts mehr davon hören.«
»Ganz wie Ihr meint. Aber ich nehme Euch beim Wort.« »Welches Wort?«
»Daß ich ab jetzt die Geschäfte der Lilie führe.« »Oh. In Ordnung.« Im Augenblick war ihm alles egal. Er nahm die Monatsrechnung von den Bediensteten entgegen. Mit ihnen hatte er eine gute Wahl getroffen. Sie betrogen ihn nicht. Er meinte, daß sie einen kleinen Bonus verdient hätten. Er ging wieder nach oben, um das Geld zu holen. Lisa sah ihm verblüfft nach. Zu spät er- kannte er seinen Fehler. Jetzt würde sie sich fragen, woher er heute das Geld hatte, wenn er gestern noch keinen Gersh gehabt hatte. Er suchte seine verschmutzten Sachen hervor, leerte die Taschen auf dem Bett aus. Und starrte mit offenem Mund auf das Ergebnis. »O verdammt! Verdammt«, brummte er. »Was zur Hölle soll ich denn mit drei Goldstücken anfangen?«
    Da war auch Silber, und eine Handvoll Kupferstücke lag ebenfalls da, aber… Das war Be-
trug! Ein Vermögen, das er nicht ausgeben konnte. Laut dem Gesetz von Juniper war es Nichtadeligen verboten, geprägtes Gold zu besitzen. Sogar Ausländer auf Besuch mußten ihr Gold in Silber eintauschen – allerdings war ausländisches Silber ebenso willkommen wie das hiesige. Was in seinem Fall auch ein Glück war, denn die Währung der Schwarzen Burg wies eine entschieden eigenartige Prägung auf, obwohl

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