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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Blick war leer. »Die lebenden Toten«, flüsterte er. »Ist diese Rache süß genug?« fragte die lange Kreatur. »Bringt sie fort! Ich will sie nicht sehen.« Das lange Wesen schnippte mit den Fingern. Die anderen zogen sich in die Schatten zurück. »Mein Geld!« sagte Shed wütend.
Leise lachend zählte das Wesen Münzen zu Gilberts Füßen ab. Shed fegte sie in seine Ta- sche. Das Wesen sagte:
»Bring uns noch weitere Lebende, Marron Shed. Für Lebende haben wir vielerlei Verwen- dung.«
Ein Schrei hallte aus der Dunkelheit. Shed meinte seinen Namen zu hören.
    »Sie hat dich wiedererkannt, Freund.«
Ein Winseln entrang sich Sheds Kehle. Er sprang auf den Bock und fauchte die Maultiere an.
Das hochgewachsene Geschöpf starrte Lisa mit eindeutiger Absicht an. Lisa begriff. »Laß uns von hier verschwinden, Meister Shed. Bitte?« »Los, Mulis.« Der Wagen knarrte und ächzte und schien eine Ewigkeit zu brauchen, bis er durch das Tor gerollt war. Irgendwo aus dem Inneren der Burg hallten immer noch Schreie zu ihnen hinaus.
Draußen sah Lisa Shed mit einem entschieden merkwürdigen Gesichtsausdruck an. Shed glaubte darin Erleichterung, Furcht und ein wenig Abscheu zu erkennen. Erleichterung schien den größten Teil auszumachen. Jetzt wurde ihr klar, wie verletzlich sie gewesen war. Shed setzte ein rätselhaftes Lächeln auf, nickte und schwieg. Genau wie Raven, fiel ihm ein. Er grinste. Genau wie Raven.
Soll sie doch darüber nachdenken. Soll sie doch grübeln. Die Maultiere blieben stehen. »Hä?«
Aus der Dunkelheit tauchten Männer auf. In den Händen hielten sie blankgezogene Waffen, wie Soldaten sie tragen würden.
Eine Stimme sagte: »Verdammt will ich sein. Es ist der Wirt.«

DREISSIGSTES KAPITEL
Juniper: Weiterer Ärger
    Otto erschien aus dem Dunkel der Nacht. »He! Croaker! Wir haben Kundschaft.« Ich schob meine Karten zusammen, legte sie aber nicht weg. »Bist du sicher?« Von Fehl- alarmen hatte ich mittlerweile reichlich genug. Otto machte ein verlegenes Gesicht. »Ja. Ganz sicher.« Hier stimmte etwas nicht. »Wo ist er? Nun rück schon mit der Sprache raus.« »Sie werden es bis in die Burg schaffen.« »Sie?«
»Ein Mann und ‘ne Frau. Wir haben gedacht, daß wir uns um die keine Sorgen machen müßten, aber dann sind sie am letzten Haus vorbeigefahren und immer noch weiter den Hügel hinauf. Und dann war es zu spät, um sie noch aufzuhalten.« Ich klatschte mein Blatt auf den Tisch. Ich war sauer. Morgen früh würde der Teufel los sein. Wisper hatte von mir sowieso schon die Nase voll. Diese Geschichte lieferte ihr viel- leicht den Vorwand, um mich in den Katakomben abzustellen. Auf Dauer. Die Unterworfenen sind nicht für ihre Geduld bekannt.
»Dann los«, sagte ich so ruhig, wie ich nur konnte und starrte Otto ein Loch durch die Brust. Er gab sich Mühe, mir aus dem Weg zu bleiben. Er wußte, daß ich nicht erfreut war. Wußte, daß ich bei den Unterworfenen kaum noch Spielraum hatte. Er wollte mir keinen Vorwand liefern, ihm an die Gurgel zu gehen. »Wenn das hier wieder danebengeht, dann werde ich ein paar Kehlen durchschneiden.« Wir schnappten unsere Waffen und stürzten in die Nacht hin- aus.
Wir hatten ein Gebüsch zweihundert Meter unterhalb des Burgtors ausgesucht. Ich hatte die Männer gerade verteilt, als jemand in der Burg zu schreien begann. »Klingt übel«, sagte einer der Männer.
»Halt’s Maul«, fauchte ich. Kälte kroch mir das Rückgrat hinauf. Es klang in der Tat übel. Die Schreie gingen immer weiter. Dann hörte ich das gedämpfte Klingeln von Zaumzeug und das Knarren schlecht geschmierter Räder. Dann leise Stimmen. Wir sprangen aus dem Gebüsch hervor. Einer der Männer öffnete die Blende einer Laterne. »Verdammt will ich sein!« sagte ich. »Es ist der Wirt.« Der Mann sackte in sich zusammen. Die Frau starrte uns aus weit aufgerissenen Augen an. Dann sprang sie vom Wagen herunter und rannte los. »Schnapp sie dir, Otto. Und möge der Himmel dir gnädig sein, wenn du sie nicht erwischst. Crake, hol diesen Schweinehund herunter. Stumpfauge, bring den Wagen zum Haus. Wir an-
    deren gehen querfeldein.«
Der Wirt Shed wehrte sich nicht, also stellte ich zwei weitere Männer ab, damit sie Otto hal- fen. Er und die Frau stürmten krachend durch das Gebüsch. Sie lief auf einen kleinen Felsvor- sprung zu. Dort würde sie nicht weiterkommen. Wir brachten Shed zu dem alten Haus. Sobald er ins Licht kam, sackte er noch mehr in sich zusammen, ergab sich zusehends in sein

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