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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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solltest du es der Makrone überlassen?«
    Karen lachte, sie war geradezu entzückt. »Was für ein Spaß das wäre! Aber wir wissen doch beide, dass er sich von einem Hochhaus stürzen würde, um dieser Tretmine auszuweichen. Nein, ich muss Grant selbst damit konfrontieren. Ich bin nur nicht sicher, wie ich es am besten angehen soll. Vielleicht werde ich warten, bis ich weiß, was die Italiener für mich herausgefunden haben. Mal sehen, ob etwas dabei ist, was die bittere Pille versüßt.« Bevor Phil antworten konnte, klingelte Karens Handy. »Blödes Ding«, murmelte sie, während sie es hervorsuchte. Dann las sie die Anzeige und lächelte. »Hallo, River«, meldete sie sich. »Wie geht’s?«
    »Prima.« Rivers Stimme krachte und knackte an ihrem Ohr. »Hör mal, ich glaube, du solltest hier runterkommen.«
    »Was? Habt ihr etwas gefunden?«
    »Es ist so eine miese Verbindung, Karen. Es wäre besser, du kommst einfach direkt her.«
    »Okay. Zwanzig Minuten.« Sie legte auf. »Sieh zu, dass du in die Puschen kommst, Sherlock. Scheiß auf Brodie Grant. Die gute Dr.Wilde hat was für uns.«

[home]
Boscolata, Toskana
    B el musste zugeben, dass Grazia wirklich wusste, wie man eine perfekte Atmosphäre schuf, um Leute zum Reden zu bringen. Als die Sonne langsam hinter den fernen Hügeln versank und die Lichter der mittelalterlichen Bergstädtchen auf den dunklen Hängen wie eine Handvoll Glitzerstaub glänzten, taten sich die Einwohner von Boscolata an saftigem Spanferkel gütlich mit Bergen von knusprig gerösteten, nach Knoblauch und Rosmarin duftenden Kartoffeln und Schüsseln voller Tomatensalat mit Basilikum und Estragon. Boscolata steuerte Krüge mit hausgemachten Weinen bei, und Maurizio hatte zu dem Schmaus einige Flaschen seines selbstgemachten
Vin santo
gespendet.
    Da die Leute wussten, dass diese unerwartete Feier zu Ehren Bels veranstaltet wurde, waren sie ihr wohlgesonnen. Sie ging hin und her und plauderte mit ihnen über alles Mögliche. Aber die Unterhaltung kehrte immer wieder zu den Puppenspielern zurück, die Paolo Tottis Villa besetzt hatten.
    Nach und nach konnte sie gedanklich ein Dossier über die Menschen zusammenstellen, die dort gelebt hatten. Rado und Sylvia, ein Kosovo-Serbe und eine Slowenin, die Talent für das Anfertigen von Puppen hatten. Matthias, der die Gruppe ins Leben gerufen hatte und jetzt die Bühnenbilder entwarf und baute. Seine Frau Ursula war verantwortlich für den Spielplan und sorgte für das Organisatorische. Maria und Peter aus Österreich, die wichtigsten Marionettenspieler, und ihre dreijährige Tochter, die sie großziehen wollten, ohne sie dem öffentlichen Schulsystem anzuvertrauen. Dieter, ein Schweizer, der sich um die Beleuchtung und den Ton kümmerte. Luka und Max, die Marionettenspieler der zweiten Reihe, die die Poster aufhängten, den größten Teil der Drecksarbeit erledigten und selbst eine eigene Show präsentieren durften, wenn eine Sondervorstellung sich mit einer der Vorführungen an den festen Standplätzen überschnitt.
    Und dann waren da noch die Besucher und Freunde, von denen es anscheinend jede Menge gegeben hatte. Gabriel und sein Vater waren nicht besonders aus dem Rahmen gefallen, abgesehen von der Tatsache, dass der Vater offenbar ein Vertrauter von Matthias und kein Freund des Hauses war. Er hielt sich immer abseits und war höflich, aber nie wirklich offen. Die Meinungen über seinen Namen gingen auseinander. Einer meinte, er sei David gewesen, ein anderer dachte Daniel, ein Dritter Darren.
    Im Lauf des Abends begann Bel, sich zu fragen, ob an ihrer spontanen Reaktion auf das Foto, das Renata ihr gezeigt hatte, etwas dran war. Alles andere schien so dürftig. Dann, als sie sich gerade ein Glas
Vin santo
und eine Handvoll
Cantuccini
nahm, kam ein Jugendlicher auf sie zu.
    »Sie sind doch die, die über BurEst Bescheid wissen wollte, stimmt’s?«, murmelte er.
    »Stimmt.«
    »Und den Jungen, Gabe?«
    »Was weißt du?«, fragte Bel und trat näher an ihn heran, um ihm das Gefühl zu geben, sie und er seien eine verschworene Gemeinschaft.
    »Er war dort an dem Abend, als sie abgehauen sind.«
    »Gabriel, meinst du?«
    »Ja. Ich habe vorher nichts davon gesagt, weil ich da in der Schule sein sollte, war ich aber nicht, verstehen Sie?«
    Bel tätschelte ihm den Arm. »Glaub mir, das sagst du der Richtigen. Ich hatte auch meine Probleme mit der Schule. Es gibt viel interessantere Dinge, die man machen kann.«
    »Ja. Also, jedenfalls, als ich in

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