Nacht unter Tag
Susan.
Grant hob die Augenbrauen. »Nicht unbedingt. Wenn er tot ist, nicht.«
»Sie werden aber den Fall aufklären wollen.«
»Das ist nicht mein Problem. Wer immer meine Familie zerstört hat, verdient den Tod. Dadurch, dass die Polizei sich damit befasst, wird das nicht erreicht. Wenn er schon tot ist, schön und gut. Wenn nicht, na ja, darum werden wir uns kümmern, wenn es so weit ist.«
Nach drei Jahrzehnten der Arbeit für Brodie Grant gab es wenig, was Susan Charleson schockieren konnte. Aber diesmal spürte sie, wie sie trotz all ihrer unerschütterlichen Sicherheit ein Zittern überlief. »Das habe ich nicht gehört«, sagte sie.
»Das ist wahrscheinlich eine gute Idee«, meinte er und trank seinen Espresso aus. »Eine sehr gute Idee.«
[home]
Glenrothes
P hil telefonierte gerade, als Karen das Büro betrat. Den Hörer zwischen Schulter und Hals geklemmt, kritzelte er etwas in sein Notizbuch. »Und Sie sind sicher?«, hörte sie ihn fragen, während sie ihre Tasche auf den Schreibtisch warf und auf den Kühlschrank zuging. Als sie mit einer Cola light zurückkehrte, saß er da und starrte verdrießlich auf seine Notizen. »Das war Dr.Wilde«, berichtete er. »Sie hat jemanden unter der Hand eine schnelle DNA -Analyse machen lassen. Es gibt keine Verbindung zwischen Misha Gibson und der Leiche in der Höhle.«
»Mist«, fluchte Karen. »Das heißt also, die Leiche ist nicht Mick Prentice.«
»Oder Mick Prentice war nicht Mishas Vater.«
Karen lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Es ist keine schlechte Idee, aber, wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht wirklich, dass Jenny Prentice fremdgegangen ist, als Mick noch da war. Wir hätten inzwischen davon gehört. Ein Ort wie Newton, das ist doch eine Klatschfabrik. Es gibt immer jemanden, der bereit ist, über seinen Nachbarn herzuziehen. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass es nicht Micks Leiche ist.«
»Außerdem hast du gesagt, die Nachbarin hätte hartnäckig behauptet, dass Jenny ihn liebte und Tom Campbell ein armer Tropf war und erst an zweiter Stelle kam.«
»Wenn wir also recht haben damit, dass er Mishas Vater ist, vielleicht war dann Mick derjenige, der die Leiche dort abgelegt hat. Er kannte die Höhlen und hätte sich wahrscheinlich Sprengstoff verschaffen können. Wir müssen herausfinden, ob er Erfahrung mit dem Sprengen hatte. Eine Leiche in Thane’s Cave begraben zu haben wäre ein ziemlich guter Grund gewesen, zu verschwinden. Und wir wissen, dass noch jemand zur gleichen Zeit auf die Vermisstenliste gesetzt wurde …« Karen nahm ihr Notizbuch und blätterte zurück, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. Sie schaute auf ihre Uhr. »Meinst du, es ist zu spät, jemanden um halb zwölf anzurufen?«
Phil war verwirrt. »Wie zu spät? Es ist ja noch nicht mal Mittag.«
»Ich meine nachts. In Neuseeland.« Sie nahm das Telefon und tippte Angie Mackenzies Nummer ein. »Allerdings geht es jetzt um eine Ermittlung in einem Mordfall. Und das ist immer wichtiger als Schönheitsschlaf.«
Eine brummige Männerstimme fragte: »Wer ist da?«
»Entschuldigung, dass ich störe, hier ist die Polizei von Fife. Ich müsste kurz mit Angie sprechen«, meldete sich Karen und versuchte liebenswürdig zu klingen.
»Um Himmels willen! Wissen Sie, wie spät es ist?«
»Ja, es tut mir leid. Aber ich muss sie sprechen.«
»Warten Sie, ich hole sie.« Er ging weg, und sie hörte ihn den Namen seiner Frau rufen.
Eine ganze Minute verging, dann war Angie am Apparat. »Ich war in der Dusche«, erklärte sie. »Ist dort DI Pirie?«
»Ja, stimmt.« Karen senkte etwas die Stimme. »Es tut mir sehr leid, Sie zu stören, aber ich wollte Sie wissen lassen, dass wir hinter einem Einsturz in einer der Höhlen von Wemyss menschliche Überreste gefunden haben.«
»Und Sie meinen, es könnte Andy sein?«
»Es ist möglich. Von den Zeitverhältnissen her könnte es passen.«
»Aber was hätte er in den Höhlen gemacht? Er war doch so gern draußen im Freien. Einer der Gründe, warum er das Leben als Gewerkschaftsfunktionär vorzog, war, dass er nie wieder unter Tage gehen musste.«
»Wir wissen noch nicht, ob es Ihr Bruder ist«, sagte Karen. »Das sind Fragen, die wir später beantworten, Angie. Wir müssen die Überreste erst identifizieren. Wissen Sie zufällig, wer der Zahnarzt Ihres Bruders war?«
»Wie ist er gestorben?«
»Wir sind noch nicht sicher«, wich Karen aus. »Sie werden ja verstehen, es ist lange her und sozusagen eine forensische
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