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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Wurde auch Zeit, verdammt noch mal
.
    Bel schüttelte den Kopf. »Sie schätzen mich falsch ein.«
    »Beweisen Sie es. Sagen Sie mir, was Sie in der Toskana herausgefunden haben.«
    »Warum sollte ich? Wenn die Polizei ihre Arbeit richtig machen würde, hätten Sie es selbst herausgefunden.«
    »Sie meinen, ich muss meine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen? Das Einzige, was ich rechtfertigen muss, ist, dass wir uns bei unseren Ermittlungen unter der Bürde von Vorschriften und beschränkten Mitteln abmühen müssen. Das heißt, dass meine Kollegen und ich manchmal eine Weile brauchen, um alle Informationen zu sammeln. Aber Sie können sicher sein, dass kein einziger Grashalm der Überprüfung entgeht, wenn wir es tun. Wenn Sie sich etwas aus Gerechtigkeit machen, sollten Sie es mich wissen lassen.« Sie warf Bel ein kaltes Lächeln zu. »Andernfalls werden Sie vielleicht plötzlich selbst eine Schlagzeile abgeben.«
    »Ist das eine Drohung?«
    Karen schien dies wie künstliche Wut zu klingen. Bel war nahe daran, alles zu erzählen, sie spürte es. »Ich brauche nicht zu drohen«, gab sie zurück. »Selbst Brodie Grant weiß, was für ein undichtes Sieb die Polizei ist. Die Dinge scheinen einfach irgendwie in die Öffentlichkeit hinauszusickern. Und Sie wissen ja, wie die Presse es liebt, wenn jemand, dessen Moral die ganze Zeit unanfechtbar war, von einer Schlammlawine erfasst wird.« O ja, sie hatte recht. Bel wurde es eindeutig ungemütlich.
    »Schauen Sie, Karen – ich darf Sie doch Karen nennen?« Bels Stimme wurde tief und warm wie heiße Schokolade.
    »Nennen Sie mich, wie Sie möchten, das ist mir gleich. Aber ich bin nicht Ihr Kumpel, Bel. Mir stehen sechs Stunden zur Verfügung, um Sie ohne den Beistand eines Anwalts zu befragen, und ich habe vor, diese Zeit möglichst gut zu nutzen. Sagen Sie mir, was Sie in Italien herausgefunden haben.«
    »Ich sage Ihnen gar nichts«, antwortete Bel. »Ich möchte rausgehen und eine rauchen. Meine Tasche lasse ich hier auf dem Tisch. Seien Sie vorsichtig, dass Sie sie nicht umstoßen, sonst würde alles herausfallen.« Sie stand auf. »Geht das in Ordnung, Inspector?«
    Karen musste sich anstrengen, nicht zu lächeln. »Der Constable wird Sie begleiten müssen. Aber lassen Sie sich Zeit. Es können auch zwei Zigaretten sein. Ich habe genug zu tun.« Als sie Bel den Raum verlassen sah, konnte sie ein kurzes Gefühl der Bewunderung über den vollendeten Stil der Frau nicht unterdrücken. Entgegenkommen, ohne nachzugeben.
Nicht schlecht, Bel
.
    Ihr Arm streifte die Strohtasche, die umkippte, und ein Stoß Papiere glitt auf den Tisch. Ohne etwas zu lesen, nahm Karen alles an sich und eilte den Flur entlang zu ihrem Büro. Sie legte den Stoß in den Fotokopierer, das ganze Bündel war in zehn Minuten kopiert, ein Exemplar in ihrer Schublade eingeschlossen, die Originale hielt sie in der Hand. Und zurück ins Verhörzimmer, wo sie sich ans Lesen machte.
    Während sie Bels Bericht für Brodie Grant verdaute, war ihr Kopf schon dabei, die wichtigsten Stichpunkte herauszufiltern. Buntgemischte Truppe von Puppenspielern besetzt die Villa Totti. Daniel Porteous, ein britischer Maler, ist weniger ein Freund des Hauses als vielmehr mit Matthias, dem Chef, und seiner Freundin bekannt. Matthias sorgt für die Bühnenbilder und entwirft die Poster. Gabriel Porteous ist der Sohn von Daniel. Er wurde, einen Tag bevor BurEst sich in alle vier Winde zerstreute, mit Matthias gesehen. Blut auf dem Küchenboden, das an jenem Morgen damals frisch war. Daniel Porteous hat einen falschen Namen. Hatte schon im November 1984 eine gefälschte Identität, als er die Geburt seines Sohnes unter einem gefälschten Namen eintragen ließ.
    Sie zögerte einen Moment beim Namen der Mutter, denn sie wusste, sie kannte ihn, konnte sich aber nicht an den Zusammenhang erinnern. Dann sagte sie ihn laut vor sich hin, und der Groschen fiel. Frida Kahlo. Die mexikanische Malerin, über die Michael Marra einen Song geschrieben hatte. »Frida Kahlo’s Visit to the Taybridge Bar«. Sie hatte es schwer gehabt mit ihrem Mann. Was ja öfter vorkommen soll. Aber jemand hatte gegenüber dem Standesbeamten den Klugscheißer gegeben und sich ins Fäustchen gelacht über einen kleinen Beamten, der den Unterschied zwischen Frida Kahlo und Michelangelo nicht kannte. Ein Angeber, der sich für schlau hielt, sich aber nicht im Klaren war, dass er dabei etwas über sich selbst aussagte. Er musste jedoch ein geschickter

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