Nacht
noch einmal einschlief. Also öffnete ich den Abfluss der Wanne und stand auf. Während das Wasser gurgelnd abfloss, zog ich den Duschvorhang zu und drehte die Dusche auf.
Der harte, heiße Wasserstrahl prickelte mir auf Kopf, Gesicht und Schultern. Es fühlte sich prima an.
Trotzdem war mir aus zwei Gründen nicht sonderlich wohl.
Erstens war das Geräusch des aus dem Duschkopf schießenden und gegen meine Haut und den Plastikvorhang trommelnden Wassers ziemlich laut. So laut, dass es andere Geräusche im Haus möglicherweise übertönte. Ein klingelndes Telefon zum Beispiel oder das Klirren einer Fensterscheibe, die gerade eingeschlagen wird.
Zweitens gefiel es mir nicht, dass der weiß mattierte Duschvorhang zwischen mir und dem Säbel hing.
Was, wenn ich den Säbel brauchte?
Nach einer Weile zog ich den Vorhang auf, nahm den Säbel und legte ihn neben mich auf den Boden der Wanne. Mit der Waffe in meiner Nähe fühlte ich mich gleich viel sicherer.
Ständig darauf bedacht, nicht auf den Säbel zu treten, duschte ich weiter, seifte mich am ganzen Körper ab und wusch mir die Haare.
Natürlich kam niemand ins Badezimmer und griff mich an.
Niemand greift einen an, wenn man sich darauf vorbereitet hat.
Stellen Sie sich vor, Norman Bates hätte den Duschvorhang aufgerissen und erkennen müssen, dass Janet Leigh einen Kavalleriesäbel hatte! Die Geschichte des Kinos hätte in weiten Teilen neu geschrieben werden müssen.
Wie dem auch sei, ich war jedenfalls auf alles vorbereitet. Aber es kam niemand.
Zum Glück, schließlich hatte ich schon eine lange Nacht hinter mir.
Als ich fertig geduscht hatte, drehte ich das Wasser ab, zog den Vorhang auf und stieg, den Säbel in der Hand, aus der Wanne.
Am
Handtuchhalter
hingen
zwei
zueinanderpassende
Frotteetücher. Sie sahen sauber aus, aber ich wusste, dass sie nicht frisch aus der Waschmaschine waren. Ich nahm eines von ihnen und drückte mein nasses Gesicht hinein. Es war ein großes, dickes und sehr flauschiges Handtuch, und ich fragte mich, wer sich damit wohl wo abgetrocknet hatte. Nicht, dass es mir unangenehm gewesen wäre. Ich mochte beide, Charlie und Serena, sehr gerne, und sie hätten sich von mir aus sämtliche Teile ihrer Körper mit dem Handtuch abtrocknen können.
Als ich trocken war, wischte ich mit dem Handtuch auch den Säbel ab, wobei ich mir große Mühe gab, es nicht zu zerschneiden.
Danach rollte ich mir Deo unter die Achseln und erkannte am Duft, dass es Serenas war. Nachdem ich mir mit Serenas Bürste die Haare gekämmt hatte, schlüpfte ich in Charlies Kimono und verließ mit dem Säbel in der einen und der Papiertüte in der anderen Hand das Badezimmer.
Während ich in der Wanne gelegen hatte, war die Sonne aufgegangen und erfüllte das Haus, in dem noch fast alle Vorhänge zugezogen waren, mit mattgrauem Licht.
Inzwischen war die Waschmaschine durchgelaufen, sodass ich die Sachen in den Trockner stecken konnte. Dann ging ich zur Haustür und trat hinaus auf die Veranda.
Die Strahlen der knapp oberhalb des Horizonts stehenden Sonne ließen die Tautropfen in ihrem goldgelben Licht aufblitzen wie Millionen winziger Perlen. Es ging kein Wind, und die Luft roch angenehm nach Blumen und Gras. Im Garten zwitscherten die Vögel, und vom Wald her konnte ich das Hämmern eines Spechts hören.
Die ersten Insekten schwirrten durch die Luft, und rings um mich war alles wunderbar friedlich.
Einfach herrlich!
Langsam trat ich hinunter auf den Rasen, der sich unter meinen nackten Füßen feucht und warm anfühlte, und suchte ihn noch einmal nach Überresten von Tony ab. Ich sah einen Schmetterling und ein paar Bienen, aber weder Blut noch Schlimmeres.
Der Rasen schien sauber zu sein.
Gerade als ich auf die Einfahrt trat, um dort den Asphalt genauer in Augenschein zu nehmen, hörte ich in der Ferne einen Automotor.
Von dem Geräusch wurde mir flau im Magen, denn das Auto schien in meine Richtung zu fahren. Ich wirbelte herum und lief zurück zum Haus.
Das Motorengeräusch wurde lauter.
Polizei?
Auf keinen Fall, sagte ich mir. So schnell konnten sie unmöglich auf mich kommen – wenn sie überhaupt auf mich kamen.
Und wenn es Serena und Charlie sind?
Vielleicht hatten sie ja aus irgendeinem Grund ihre Reise abbrechen und nach Hause fahren müssen. Unwahrscheinlich, aber immerhin im Bereich des Möglichen. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand früher aus dem Urlaub zurückkommt.
Von der Vorstellung, dass sie es sein
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