Nacht
könnten, wurde mir richtig übel. Vielleicht würde ich es gerade noch schaffen, den Säbel zurück an seinen Platz zu hängen und die Klamotten aus dem Trockner zu holen, aber was war mit Judys Wagen in der Garage? Ich rannte zurück auf die Veranda, wo meine nassen Füße Abdrücke hinterließen, und verschwand gerade im Haus, als ich hinter mir einen Wagen die Einfahrt hochfahren hörte. Als die Bremsen des Autos leise quietschten, zog ich die Tür hinter mir zu, aber noch bevor sie ins Schloss fiel, hörte ich ein altbekanntes Geräusch.
FFAPPPP!
Obwohl ich selten so früh schon auf bin, hatte ich es schon ziemlich oft im Halbschlaf gehört.
Es war das Geräusch, das ein Exemplar der ehester Tribüne macht, wenn es in hohem Bogen durch die Luft fliegt und auf die Steinplatten am Ende der Einfahrt klatscht.
In der offenen Tür stehend, schüttelte ich lächelnd den Kopf und fühlte mich wie eine Idiotin, weil ich mich so leicht hatte erschrecken lassen. Das Motorengeräusch entfernte sich wieder. Als es nicht mehr zu hören war, ging ich hinaus, um die Zeitung zu holen und noch einmal die Einfahrt nach Spuren von Tony abzusuchen. Ich fand keine.
Trotzdem wandte ich auch auf dem Weg zurück zum Haus die Augen nicht vom Boden.
Alles in Ordnung, wo ich auch hinsah.
Zurück im Haus riss ich die Banderole von der Zeitung und schlug sie auf.
Die Schlagzeile lautete:
ALICE – EINE DOPPELMÖRDERIN AUF DER FLUCHT
Reingefallen! War nur ein Scherz! Die Schlagzeile lautete natürlich ganz anders und hatte nicht das Geringste mit mir zu tun.
Yvonne
Lesen Sie beim Frühstück auch so gerne Zeitung wie ich? Ich muss gestehen, bevor ich am Morgen nicht ein paar Tassen starken, schwarzen Kaffee getrunken und mindestens eine halbe Stunde in der Zeitung geblättert habe, bin ich zu nichts zu gebrauchen. Und an diesem Morgen war das nicht anders.
Ich ging also zurück ins Haus, warf die Tribüne auf den Küchentisch und braute mir eine große Kanne Kaffee.
Dann setzte ich mich hin und schlug die Zeitung auf, in der natürlich kein Wort über die Abenteuer der letzten Nacht stand.
Nicht mal bei den Todesanzeigen.
Wie auch? Als der Kaffee fertig war, goss ich mir eine Tasse ein.
Beinahe hätte ich sie mit ins Freie genommen, um sie am Pool zu trinken. Bei diesem schönen Wetter wäre das bestimmt herrlich gewesen. Aber als ich bereits auf dem Weg zum Hinterausgang war, erinnerte ich mich wieder an den Fremden und überlegte es mir anders. Und so setzte ich mich wieder an den Küchentisch, las die Zeitung und genoss meinen Morgenkaffee dort.
Ich blätterte die Tribüne rasch durch zur Kinoseite, denn ich liebe Filme über alles, ehester hat ein Multiplexkino mit sechs Sälen, was für ein Kaff wie dieses gar nicht übel ist. Es gab sogar ein paar recht gute Filme, sodass ich mir allen Ernstes überlegte, ob ich nicht ins Kino gehen sollte.
Warum nicht? Ich hatte es mir verdient, als Belohnung für meine Tapferkeit und dafür, dass ich so viele Probleme gelöst hatte.
Leider nicht alle.
Ein Problem blieb weiterhin ungelöst.
Tonys Wahlwiederholungstaste.
Ich hatte aber inzwischen einen Plan.
Wenn der klappt, dachte ich, gehe ich hinterher zur Feier des Tages ins Kino.
Ich goss mir Kaffee nach und schaute auf die Küchenuhr.
Zwanzig nach sechs.
Es war vermutlich besser, bis nach acht zu warten, um meinen Plan in die Tat umzusetzen.
Damit die Zeit schneller verging, machte ich mir ein Riesenfrühstück. Normalerweise frühstücke ich nie und trinke nur Kaffee, aber wenn man eine so lange und schwere Nacht hinter sich hatte wie ich, in der man mehr Kalorien verbraucht hat als eine ganze Rugbymannschaft im kompletten Spiel, durfte man schon einmal Hunger haben. Außerdem weiß jeder, dass Essen Wunden heilt, und das hatte ich angesichts all der Prellungen, Kratzer und Verletzungen, die ich mir zugezogen hatte, bitter nötig.
Während der Speck auf dem Herd brutzelte, mixte ich mir eine Bloody Mary nach meinem Alice‐Spezialrezept – halb Tomatensaft, halb Wodka, ein paar Extraspritzer Worchestershire ‐Sauce und Tabasco, um das Ganze ein wenig aufzupeppen. Nachdem ich die Mixtur über ein paar Eiswürfel gegossen und umgerührt hatte, kam noch eine Limonenscheibe dazu. Und Pfeffer aus der Mühle.
Das schmeckt großartig!
Es gibt ja nichts Besseres als eine Scheibe Toast mit knusprig gebratenem Speck, von der noch das Eigelb tropft. Dazu Kaffee und eine Bloody Mary – Mmmmm!
Als alles aufgegessen war,
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