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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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eigenen.«
    »Murphy Scott?«
    »Genau.« Es schien ihn zu freuen, dass ich mir seinen Nachnamen gemerkt hatte.
    »Und wie heißen Ihre Bücher?«
    »Bisher wurden erst zwei veröffentlicht. Tote Augen und Schlangengrube.«

»Klingen gut, die Titel.«
    »Danke.«
    »Und wie sind sie, die Bücher?«
    »Grandios.«
    »Haben Sie vorhin nicht erzählt, dass Sie nur Mist schreiben?«
    »Da wusste ich noch nicht, dass Sie Kriminalromane lesen.«
    »Macht das denn einen Unterschied?«

    »Aber ja. Jemand, der keine Krimis liest, hält meine Sachen vielleicht wirklich für Mist.«
    Ich lachte. »Sie sind ganz schön seltsam, wissen Sie das?«
    »Ein bisschen vielleicht. Und wie steht es mit Ihnen?«, fragte er.
    »Sind Sie seltsam?«
    »Finden Sie’s heraus«, antwortete ich und nahm mir ein paar Brezeln aus der Tüte zwischen uns. »Sie sind schließlich der Krimiautor. Was halten Sie von mir?« Ich grinste ihn an und steckte mir eine Brezel in den Mund.
    Murphy nahm einen tiefen Schluck und musterte mich über den Rand seines Bierglases. Dann stellte er es ab, drehte sich so, dass er mich direkt ansah, und sagte: »Eines ist sicher: Sie sind nicht die, für die Sie sich ausgeben.«
    Auf einmal wurde mein Mund so trocken, dass ich Mühe hatte, die Brezel hinunterzuschlucken. Es gelang mir erst, als ich mit Bier nachspülte. »Wie meinen Sie das?«, fragte ich.
    »Na ja, zuerst einmal sind Sie nicht wirklich rothaarig. Entweder haben Sie die Haare gefärbt, oder Sie tragen eine gute Perücke.«
    »Wieso glauben Sie das?«
    »Ich schließe es aus einer Reihe von Dingen. Rothaarige Menschen haben normalerweise helle Haut und Sommersprossen, während Sie stark gebräunt sind. Außerdem haben Sie dunkle Augen und Augenbrauen.«
    »Verstehe. Okay. Es ist eine Perücke. Sonst noch was?«
    »Das war’s eigentlich schon.«
    In meinem Inneren schrillten sämtliche Alarmglocken.
    Ich sah es ihm an den Augen an, dass ihm noch sehr viel mehr an mir aufgefallen war.
    Etwas viel Entscheidenderes als meine Haarfarbe.
    »Da ist doch noch was«, sagte ich. »Nun rücken Sie schon raus damit.«
    »Ich fände es besser, Sie würden es mir sagen.«
    »Was denn?«

    »Wer Sie wirklich sind.«
    »Ich bin ich.«
    »Und was mit Ihnen wirklich los ist.«
    »Nichts ist los.«
    »Warten Sie, ich will Ihnen mal was zeigen.«
    »Okay.«
    Er stand auf und ging in eine Ecke des Wohnzimmers, wo er in einer Pappschachtel herumkramte.
    Ich überlegte mir, ob ich nicht einfach abhauen sollte.
    Oder ihn angreifen.
    Aber erst wollte ich wissen, was er wusste – oder was er zu wissen glaubte. Außerdem mochte ich ihn irgendwie.
    Murphy nahm ein Buch aus der Schachtel und brachte es mir. Es war eine gebundene Ausgabe von Tote Augen.
    Der Schutzumschlag zeigte eine tote Frau, die unter Wasser lag.
    Sie sah aus wie eine Leiche, die auf dem Grund eines Sees lag, und schien nackt zu sein, was aber wegen der Tiefe des Wassers nicht genau zu erkennen war. Nur ihre weit aufgerissenen Augen konnte man deutlich sehen. Sie blickten einen durchdringend an.
    »Das schenke ich Ihnen«, sagte Murphy.
    »Wirklich? Vielen Dank! Signieren Sie es für mich?«
    »Na klar. Aber zuerst müssen Sie sich die Rückseite des Umschlags ansehen.«
    Ich drehte das Buch um. Hinten auf dem Schutzumschlag war ein Schwarzweißfoto von Murphy abgebildet, auf dem er in Jeans und kariertem Hemd vor einem Baum stand und wie ein Jäger oder Angler aussah. Das Foto war aus einem seltsamen Winkel aufgenommen, von unten nach oben, als ob der Fotograf mehr Interesse an dem Baum gehabt hätte als an Murphy. Die Krone des Baums schien irgendwie bedrohlich über dem Autor zu dräuen.
    »Erkennen Sie mich?«
    »Ja. Hübsches Bild.«
    »Danke. Und es beweist, dass ich der bin, für den ich mich ausgebe oder?«
    »Ein Schriftsteller. Meinen Sie das?«
    »Ja.«
    »Das auf dem Bild sind entweder Sie oder Ihr Zwillingsbruder.«
    »Ich«, sagte er.
    »Das glaube ich Ihnen.«
    »Soll ich jetzt das Buch signieren?«
    »Ja, bitte.« Ich reichte es ihm.
    Er beugte sich nach vorn und suchte auf dem überfüllten Couchtisch nach einem Kugelschreiber. Als er einen gefunden hatte, setzte er sich wieder auf das Sofa, schlug das Buch auf und schrieb das Datum in die rechte obere Ecke der ersten Seite. Dann lächelte er mich an und sagte: »Soll ich was Persönliches hineinschreiben?«
    »Natürlich.«
    »An wen?«
    »An mich?«
    »Fran?«
    »Sicher.«
    »Sie Sie sicher, dass Sie wirklich Fran dort drinnen stehen haben

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