Nacht
Ständer. »Kann ich sonst noch was für dich tun?«, fragte er.
»Ja. Nimm mich.«
»Willst du denn nicht dein Geld?«
»Klar will ich das Geld.«
»Dann solltest du mich jetzt auf die Bank fahren lassen, findest du nicht?«
»Zieh dir aber vorher etwas an.«
»Danke für den Tipp.«
Ich sah ihm zu, wie er eine Jeans und ein kurzärmeliges Hemd aus dem Schrank nahm und hineinschlüpfte. Dann setzte er sich auf die Bettkante, um sich Socken und Schuhe anzuziehen. »Hast du noch irgendwelche Anweisungen für mich?«
»Ja. Lass dir das Geld in kleinen Scheinen geben.«
»Wie klein?«
»Keine Ahnung. Aber das wollen Gangster doch immer, oder?
Kleine, nicht durchnummerierte Scheine.«
Er lächelte mich über die Schulter an. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine Kriminelle zur Freundin haben werde.«
Zur Freundin?
Er hatte es zwar nicht ernst gemeint, aber es gefiel mir.
»Große Scheine lassen sich schlechter ausgeben«, sagte ich.
»Einen Teil zumindest würde ich in Hundertern und Fünfzigern nehmen«, schlug er vor. »Sonst schleppst du einen Riesenhaufen Geld mit dir herum.«
»Okay, wenn du meinst.«
Er bückte sich wieder und band seine Schuhe zu. Dann stand er auf und sah mich an. Er sah wirklich gut aus. »Noch was, Miss Corleone?«, fragte er.
»Ja. Vergiss nicht mir einen Knebel in den Mund zu stecken, damit ich nicht um Hilfe rufen kann.«
»Warum solltest du um Hilfe rufen?«
»Weil du mich hier gefangen hältst.«
»Aber ich halte dich doch gar nicht gefangen.«
»Ich weiß das, aber die Polizei wird sich fragen, warum du mich nicht geknebelt hast.«
»Was du immer mit der Polizei hast …«
»Hol ein Taschentuch oder so was und binde es mir um den Mund.«
»Und wenn du erstickst?«
»Du musst es ja nicht zu fest binden.«
Er grinste dreckig und ging kopfschüttelnd zur Kommode, wo er eine Schublade aufzog.
»Ich fürchte, meine Taschentücher sind zu klein für so was.«
»Dann such dir was anderes.«
Er ging aus dem Zimmer. Ich hörte, wie eine Schublade aufgezogen und wieder zugeschoben wurde, und kurze Zeit später stand er mit einem weißen Geschirrtuch in der Hand wieder neben dem Bett.
»Wie wäre es damit?«
»Das könnte klappen.«
Er kniete sich neben mich auf die Matratze und rollte das Geschirrtuch zu einer Art Strick zusammen. Ich hob den Kopf vom Kissen, öffnete den Mund und wartete, bis er mir das Tuch um den Kopf gelegt und hinten zusammengeknotet hatte.
»Geht das so?«, fragte er.
»Uhmmm«, sagte ich in den Stoff hinein.
»Das hätte ich schon längst machen sollen«, sagte Murphy grinsend.
Ich sagte »Ha, ha«, was er aber durch den Knebel nicht hören konnte.
»Meinst du, du kommst so zurecht?«, fragte Murphy.
Falls ich keine verstopfte Nase kriege …
Ich nickte.
»Ich komme so schnell wie möglich zurück«, sagte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
Dann verließ er das Zimmer, und ich hörte ihn noch eine Weile in der Wohnung herumgehen.
Vermutlich suchte er seine Schlüssel, sein Scheckbuch und seinen Geldbeutel. Dann ging er pinkeln. Spülte runter. Wusch sich die Hände. Schließlich hörte ich, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel.
Ich war allein.
Gefesselt und geknebelt.
Es gefiel mir.
Die Matratze war bequem, und ich konnte mühelos durch das Geschirrtuch atmen.
Im Schlafzimmer war es ziemlich warm, und die Sonne, die durch die geschlossenen Vorhänge schien, tauchte alles in ein mildes, goldenes Licht. Eines der Fenster musste offen sein, denn hin und wieder wurde der Vorhang durch einen Windhauch nach innen geblasen, und der Duft von Blüten und frisch gemähtem Gras wehte herein. Dann verspürte ich auch einen angenehm kühlen Luftzug auf meinem nackten Körper.
Ich weiß, es klingt seltsam, aber irgendwie mochte ich das Gefühl, mit gespreizten Gliedmaßen stramm ans Bett gefesselt zu sein.
Dadurch fühlte sich mein ganzer Körper schlank und straff an.
Ich dachte daran, wie Judy ausgesehen hatte, als sie im Schein des Feuers an dem Ast gehangen hatte.
Ob sie noch immer dort war?
Mag sein, dass sie sich befreien konnte. Mag sein, dass sie jemand gefunden und losgebunden hatte, Aber vielleicht hängt sie immer noch so an dem Ast, wie ich sie zurückgelassen habe.
Sie ist da, und ich bin hier. Wir sind beide nackt. Beide gefesselt und hilflos. Trotz unserer Wunden sehen wir beide wunderschön aus, so schlank und straff gezogen wie unsere Körper sind.
Während ich an Judy dachte, schlief ich ein.
Im Traum
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