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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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fühlte mich sicher. Aber das war ein Irrtum.
    Eines Nachts, als ich satt und zufrieden in den Club zurückkehrte, spürte ich schon auf der Treppe, dass irgend etwas nicht stimmte. Und dann bemerkte ich Licht in meinem Zimmer.
    Ich stieß die Tür auf und sah Carl, der gerade dabei war, meine Sachen zu durchwühlen.
    »Was hast du in meinem Zimmer zu suchen?« fauchte ich ihn an. Er fuhr herum, sah mich einen Moment verdutzt an, nahm dann jedoch sofort wieder seine überhebliche Attitüde an.
    »Ich suche dich, Schätzchen. Der Laden ist voll. Geht es dem Köpfchen wieder so gut, da ss du uns vielleicht wieder ein klein bisschen helfen könntest?« Er stand einfach da, die Hände provozierend in die Hüften gestemmt, und lächelte. In all seiner vermeintlichen männlichen Überlegenheit. Doch dann, nach einem Blick in meine Augen, runzelte er verwirrt die Stirn. Ich musste mich mit aller Kraft beherrschen. Noch pochte die Hitze des fremden Blutes in meinem Körper, und es kostete mich einige Überwindung, ihm nicht sofort seinen muskulösen Hals zu brechen.
    »Mieser Schnüffler«, pre sste ich statt dessen hervor.
    Ich sah, wie Wut und Ha ss seine Züge verzerrten. Er hob die Hände und ging auf mich zu.
    »Du beleidigst mich nicht, du kleine Nutte. Du wirst mir jetzt sagen, wer du bist und was du treibst, wenn du nachts verschwindest. Ich weiß, da ss du Dreck am Stecken hast.«
    Meine Gedanken überschlugen sich. Ich durfte ihn nicht töten, dann wäre hier alles vorbei. Andererseits mu sste ich diesen Mann stoppen, der mir offensichtlich hinterherspionierte und zu einer ernsten Gefahr wurde. Er kam immer näher. Ich konnte seinen Schweiß und den Zigarettenrauch in seinem Atem riechen. Mir war schlagartig klar, was ich tun würde. Es ging nicht mehr anders. Ich wollte sein Blut. Ich wollte sein überhebliches Gesicht im Schmerz verzerrt vor mir sehen und beobachten, wie das Leben aus seinem kräftigen Körper tropfte. Mir war alles egal. Ich wollte ihn sterben sehen. Meine Muskeln spannten sich, mein Körper zitterte.
    »Sag gute Nacht, Carl«, flüsterte ich und wartete, bis er nahe genug war.
    Doch dann, als er nur noch eine Handbreit von mir entfernt war, hörte ich plötzlich Lindas Stimme auf dem Flur.
    »Carl, bist du hier oben? Der Chef sucht dich überall.«
    Ihre Schritte kamen näher. Carl erstarrte, rannte an mir vorbei und hastete die Treppe hinab in den Club.
    Ich löschte sofort das Licht. Linda stand nach wenigen Sekunden in meinem Türrahmen.
    »Was hat Carl in deinem Zimmer gemacht? Ist etwas passiert?« fragte sie besorgt und wollte mich in den Arm nehmen.
    Ich stieß ihre Hand weg, wandte mein Gesicht ab und rannte an ihr vorbei die Treppe hinunter zum Hinterausgang.
    Ich lief kilometerweit ohne Pause. Alles in mir war in Aufruhr. Um ein Haar hätte ich Carl getötet und alles kaputtgemacht. Selbst wenn ich behauptet hätte, dass ich mich nur gegen einen Angriff seinerseits gewehrt hätte – Grants Worte klangen mir noch deutlich in den Ohren: »Du darfst mir keine Probleme bereiten, Ludmilla.«
    Und ein toter Geschäftsführer wäre so ein Problem gewesen.
    Schließlich beruhigte ich mich wieder und sah mich um. Ich befand mich in einem Park am Rande der Stadt. Die Nacht war klar, und der Mond warf sein kaltes Licht auf die zahlreichen Bäume, deren Äste wie im Todeskampf erstarrte Arme vorzeitlicher Wesen wirkten. Direkt vor mir erhob sich ein Hügel. Kein Mensch war zu sehen. Ich setzte mich auf einen Stein und starrte in die Dunkelheit. Ich weiß nicht, wie lange ich dort saß. Aber es war kein Geräusch und auch keine normale sinnliche Wahrnehmung, die mich urplötzlich aufschrecken ließ. Es war wie ein Blitz in meinem Gehirn, ein sonderbares Gefühl, dass etwas mich beobachtete und Kontakt mit mir aufnahm.
    Mein Kopf ruckte herum, und oben auf dem Hügel sah ich sie. Eine Gestalt, reglos, groß und schlank. Sie sah in meine Richtung. Warum auch immer – aber ich wu sste sofort, dass es kein Mensch war. Dort stand ein anderer Vampir! Ich sprang auf und rannte den Hügel hinauf. Die Gestalt blieb stehen. Mein Herz raste. Ich war nicht allein. Endlich würde ich Antworten finden. Endlich! Doch kaum hatte ich die Mitte des Hügels erreicht, da bewegte sich die Gestalt, hob einen Arm wie zum Gruß, drehte sich um und verschwand mit atemberaubender Geschwindigkeit in der Dunkelheit.
    Als ich den Hügelkamm endlich erreicht hatte, war niemand mehr zu sehen. Ich war maßlos enttäuscht,

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