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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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schrie sinnloses Zeug in die Nacht hinein, rannte in alle Richtungen und suchte. Doch der andere Vampir war verschwunden. Zitternd am ganzen Körper stand ich da und weinte. Vor Wut, vor Enttäuschung und Hilflosigkeit. Warum nur hatte der andere mich verfolgt und trotzdem keinen Kontakt mit mir aufgenommen? Ich konnte mich nicht losreißen von diesem Ort, doch irgendwann gab ich verzweifelt auf und machte mich auf den Weg nach Hause.
    Als ich den Club erreichte, hörte ich schon von draußen einen Schrei des Entsetzens, der mich sofort aus meiner selbstmitleidigen Lethargie riss. Es war Lindas Stimme.

10 – KAMPF
    Langsam näherte ich mich der Hintertür. Sie war einen Spalt geöffnet. Mit meinen übernatürlichen Sinnen registrierte ich einen Menschen. Er wartete. Es handelte sich offensichtlich um eine Wache, die verhindern sollte, dass irgend jemand von hinten in die Clubräume eindrang. Mein Herz pochte wie wild. Lindas Schrei war mir wie ein Schwerthieb in den Kopf gefahren. Jetzt aber war es sehr still im Club. Zu still. Ich stieß die Tür mit der Hand auf. Sofort löste sich eine bullige Gestalt aus der Dunkelheit, hielt mir eine Pistole ins Gesicht und sagte: »Feierabend, Schätzchen. Leg dich auf den Boden.«
    Mein Arm ruckte nach vorn. Ich entriss dem Mann die Pistole und zog ihn mit der anderen Hand zu mir heran. Das Ganze war fast geräuschlos über die Bühne gegangen. Der Mann keuchte in meinem Würgegriff, versuchte sich mit wuchtigen Schlägen zu befreien, konnte aber nicht schreien.
    »Sei still«, zischte ich, »oder ich breche dir das Genick.« Schließlich gab er auf und bewegte sich nicht mehr. In seinen Augen sah ich die nackte Angst. Er war einen Kopf größer als ich und breit wie ein Möbelpacker, aber ich hielt ihn mit einer Hand fest wie einen ungezogenen Fünfjährigen.
    »Was passiert da drinnen?« fauchte ich ihn mit zusammen gepressten Zähnen an und lockerte meinen Griff etwas.
    »Schutzgeld«, flüsterte er mit brüchiger Stimme. »Das Viertel hier gehört jetzt zu Serges Gebiet, und er will sich von Grant seinen Anteil holen.«
    »Wie viele von deinen Leuten sind da drinnen?« fragte ich und zog ihn dichter zu mir heran.
    »Serge und noch sechs.«
    »Bewaffnet?«
    »Ja, Pistolen, Schnellfeuergewehre und Messer.«
    »Ich lasse dich jetzt los«, sagte ich. »Du hast nur eine Chance. Du gehst sofort durch diese Tür hier und verschwindest, oder du bist tot.«
    Ich wusst e, dass er es nicht tun würde. Er nickte, und ich ließ ihn los. Sofort sprang er zurück und griff in seiner Jacke nach einer zweiten Waffe. Blitzschnell für einen Menschen. Viel zu langsam für einen Vampir. Eine Sekunde später lag er ohnmächtig am Boden. Ich horchte reglos. Hatte drinnen jemand etwas gehört? Dann riss mich ein leises Wimmern aus meiner Erstarrung. Linda!
    Langsam und ohne einen Laut näherte ich mich dem großen Saal des Clubs und sondierte, geschützt durch eine Steinsäule, die Lage. Ich sah Grant mit blassem Gesicht an einem der Tische sitzen. Vor ihm stand ein schlanker, großer Mann in einem teuren Anzug. Er lächelte und sprach leise auf Grant ein. Auf seinem Vorderzahn blitzte ein kleiner Diamant auf. Etwas weiter hinten befanden sich vier Männer und hielten Carl und die anderen Angestellten mit großkalibrigen Waffen in Schach. Ein fünfter Mann stand hinter Linda und drückte ihr ein Messer an die Kehle. Gäste waren keine mehr zu sehen.
    Ich spürte, wie die Angst in mir hochkroch. Dies war das erste Mal in meinem Leben als Vampir, dass ich mit einer Situation konfrontiert wurde, die mich überforderte. Sechs schwerbewaffnete Männer, die meine Freunde bedrohten und zudem noch an drei relativ weit voneinander entfernten Orten standen. Hier würde mir auch meine übermenschliche Schnelligkeit nicht helfen. Selbst wenn ich die Hälfte der Bande unschädlich machen könnte – die anderen würden mich mit ihren Kugeln zerfetzen.
    Ich beschlo ss zu warten und konzentrierte mich auf das Gespräch zwischen Grant und dem schlanken Mann.
    »Serge«, sagte Grant mit müder Stimme. »Du forderst Summen, die ich nicht zahlen kann. Lucas hat immer…«
    »Lucas ist tot«, unterbrach ihn der Mann namens Serge. »Mag sein, dass du dich mit dem Alten arrangiert hast. Großväter unter sich. Aber damit ist jetzt Schluss. Der Laden hier läuft prima, und ich will einen höheren Anteil, Grant. So einfach ist das.«
    Grant schwieg. Serge stand langsam auf und ging auf Linda zu. »Vielleicht mu ss

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