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Nachtblauer Tod

Nachtblauer Tod

Titel: Nachtblauer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Maik deutete ihr an, sie solle die Bälle flach halten.
    »Die suchen ihn doch bestimmt und machen sich Sorgen«, sagte sie.
    »Er ist siebzehn. Er schläft eine Nacht bei uns. Wo ist das Problem?«, fragte Maik.
    »Ich fürchte, wir machen uns sogar strafbar, wenn wir …«
    »Das Wohl des Jungen ist jetzt wichtiger als alles andere.« Maik sah auf die Uhr. »Das Jugendamt hat bestimmt schon zu. Diese Dinge lassen sich alle morgen klären. Alles halb so wild.«
    Jetzt fragte Johanna: »Heißt das, der bleibt jetzt bei uns?«
    »Äi, das ist mein Kumpel!«, protestierte Ben, steckte aber gleich zurück: »Ich dachte ja nur …«
    Johanna sah Leon auffordernd an: »Und warum bleibst du nicht bei deiner Tussi?«
    »Jetzt reicht es aber!«, bestimmte Frau Fischer und Maik sagte: »Ich mach uns zum Nachtisch noch ein Vanilleeis mit roter Grütze.«
    Aber niemand wollte ein Dessert.
    Johanna hatte eine Sechs in Mathe nach Hause gebracht, für die sie die Unterschrift der Eltern brauchte. Sie hoffte, dass durch Leon andere Dinge wichtig geworden seien, die ihre Sechs relativieren würden. Aber Ulla Fischer machte ein Riesendrama daraus. Plötzlich entlud sich die ganze Situation über Johanna. Ihre Mutter warf ihr vor, für die Schule keine Zeit zu haben und nur mit ihren Freundinnen abzuhängen.
    Johanna verteidigte sich: »Das stimmt doch gar nicht! Die Kubek kann mich nicht leiden! Das ist alles!«
    Ulla Fischer schimpfte: »Fehler sind Fehler. Falsch gerechnet ist falsch gerechnet. Das hat mit Leidenkönnen nichts zu tun. Drei mal drei ist neun.«
    »Na klasse!«, schrie Johanna. »Wir machen aber nicht das Kleine Einmaleins, sondern Quadratische Gleichungen!«
    Ben stupste Leon an. »Dein Auftritt, Mathegenie.«
    Leon schüttelte den Kopf.
    »Ja, ich kann ihr das nicht beibringen«, grinste Ben.
    »Ich auch nicht«, gab Maik zu.
    Johanna protestierte. Sie zeigte auf Leon: »Ihr glaubt doch nicht, dass ich mir von dem Nachhilfe geben lasse!«
    »Nein«, sagte Frau Fischer. »Warum auch? Sitzenbleiben macht ja viel mehr Spaß.«
    Johanna pustete heftig Luft aus und warf Leon wütende Blicke zu. Sie zeigte ihre Zahnspange wie ein Raubtiergebiss und machte in der Luft einen Zungenkuss nach. Dabei sah sie aus wie eine giftige Schlange, die einem Angreifer Angst machen will.
    Maik nahm Leon in den Arm. »Lass ihn in Ruhe. Er hat genug durchgemacht.«
    Maik brachte Leon in seinen Hobbyraum.
    Es lag jede Menge Elektronik herum. Hier bastelte Maik an besseren Sicherheitsanlagen. Er stellte sich ein System vor, das ein Haus komplett überwachte. Bewegungsmelder. Licht-, wärme- und geräuschempfindliche Kameras, die bei jeder Veränderung Bilder machten und direkt an ein Handy weiterleiteten.
    »So«, erklärte er wortreich, »kann ein Familienpapi im Urlaub in Thailand jederzeit sehen, ob nur seine Tochter in Bremerhaven zum Kühlschrank geht, um sich ein Glas Milch zu holen, oder ob ein Einbrecher seinen Tresor sucht. Außerdem mache ich Fotos. Ich habe eine winzige Kamera in einem Schlauch, damit kann man in einen Ameisenhaufen hinein und in den Gängen Bilder machen. Ich zeig dir morgen mal ein paar Fotos.«
    Leon ließ sich auf das dicke Sofa fallen.
    »Verzeih, ich rede zu viel. Ist sonst gar nicht meine Art, aber wenn mich jemand auf mein Hobby anspricht …«
    »Schon gut«, sagte Leon, »schon gut. Ist ja auch sauspannend. Ich bin nur so kaputt.«
    »Wenn du jemanden zum Reden brauchst, ich bin für dich da, Leon«, versprach Maik.
    »Ich … ich möchte gerne mit meinem Vater sprechen.«
    Maik hielt inne und sagte: »Bestimmt lassen sie deinen Pa bald frei, und dann wird sowieso alles gut …«
    »So lange will ich nicht warten.«
    »Klar, aber dann musst du dich vorher den Behörden stellen. Anders wird es wohl nicht gehen.«
    Leon schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Nein. Das will ich auf gar keinen Fall.«
    Maik sah aus wie ein Mann, der das genau verstand. »Ich bin als Junge von zu Hause abgehauen. Keine zehn Pferde hätten mich zurückgebracht. Ich hätte lieber auf einer Müllkippe von Abfällen gelebt als zurückzugehen … Ich muss jetzt zur Arbeit, Leon. Schlaf gut. Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus.«
    Leon drückte Maik an sich. Er fühlte sich verstanden.
    Später lag er auf dem Sofa und fragte sich, ob die Geschichte mit Maik und seinen Eltern gut ausgegangen war.
    Kurz vor zwölf Uhr wurde er von einem Geräusch geweckt. Da atmete jemand in seinem Zimmer. Die Person knipste das Licht

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