Nachtblauer Tod
Näherrücken des nächsten Termins machte ihn nervös. Es ging für ihn um viel Geld.
»Die Zeit drängt, Leon. Ich muss.«
»Sie glauben mir also nicht?«, fragte Leon empört.
»Doch, klar glaube ich, dass die Katze – wie hieß sie?«
»Molli.«
»Ja, eben, dass Molli bei Frau Schröder übernachtet hat. Aber wahrscheinlich ist es deiner Mutter schlicht zu kalt geworden, und sie hat die Tür geschlossen, obwohl Miezi noch nicht im Haus war.«
»Molli! Sie heißt Molli!«.
»Ja, eben, meine ich ja.«
»Und es war eine warme Sommernacht. Meine Mutter war eine Frischluftfanatikerin. Sie hat die Balkontür garantiert nicht geschlossen! Außerdem wehte von draußen der Duft ihrer frischen Kräuter rein. Das hat sie geliebt.«
Geschickt band Silvia ihrem Chef die Krawatte.
»Ja, tut mir leid, Leon, aber ich habe jetzt einen wichtigen Termin. Silvia wird dich nach draußen begleiten.«
»Sie haben ja überhaupt keine Zeit für meinen Vater! Sie ziehen hier Ihre Modenschau durch und machen Geschäfte, während mein Pa im Knast sitzt und von Kriminellen verprügelt wird!«
»Auf Wiedersehen!«, erwiderte Summerer knapp. Er hatte nicht vor, sich zu rechtfertigen.
Leon ging resigniert mit Silvia mit. Im Vorraum sagte sie: »Er kann nicht so einfach einen Haftprüfungstermin beantragen. Wenn er damit scheitert, geht das erst wieder in drei Monaten. Deshalb ist er so vorsichtig. Glaub mir, er ist ein guter Jurist. Wenn einer deinem Vater helfen kann, dann er.«
Leon winkte unwirsch ab. So wie sie redete, war sie wahrscheinlich verliebt in Summerer, dachte er. Aber in der Tür hielt sie ihn noch einmal kurz auf: »Habt ihr zu Hause keine Katzenklappe?«
Leon schüttelte den Kopf. »Nein, haben wir nicht. Oma Schröder hat eine. Wir lassen für Molli immer einfach die Balkontür auf.«
»Und wie kommt sie da hoch?«
»Über die Garage, und dann sind da so Mauervorsprünge. Das ist überhaupt kein Problem für Molli.«
»Ich werde es ihm später noch einmal sagen. Jetzt hat er andere Sorgen. Mach’s gut, Leon.«
26
Kommissarin Birte Schiller studierte den Laborbericht. Er gefiel ihr nicht.
Kommissar Büscher hatte einen kleinen Rasierspiegel auf seinem Computer aufgebaut. Darin betrachtete er sein blaues Auge. Er fand es im Grunde weniger schlimm, mit dem Veilchen herumzulaufen als mit der vielen Schminke im Gesicht.
»Na, was schreiben die Laborratten?«, fragte er.
Kommissarin Schiller mochte es nicht, wenn er so abfällig über die Kollegen redete, und sie ahnte, dass ihm das Ergebnis nicht gefallen würde.
»Also, die schreiben, dass sowohl auf der Kleidung des Sohnes als auch an der des Vaters Blutspuren der Mutter nachweisbar sind.«
»Dafür hätten wir sie nicht gebraucht. Das wussten wir auch schon, aber wir freuen uns natürlich, dass die es jetzt auch schon mitgekriegt haben.«
»Bei dem Jungen sind es nur wenige Tropfen. Wahrscheinlich, weil er in der Wohnung zusammengebrochen ist. Die Spuren sind auf der Rückseite vom Hemd und an der Hose. Er kann sie unmöglich erstochen haben. Dann wären Blutspuren vorne auf dem Hemd und auf den Ärmeln.«
Büscher hob den Zeigefinger und ergänzte: »Er kann sie also unmöglich in dem Hemd ermordet haben, wenn er sich aber umgezogen hat, dann …«
»Ja, ja, ja, ich weiß, aber Leon Schwarz ist ja nicht unser Hauptverdächtiger, sondern sein Vater.«
»Sehr richtig.« Kommissar Büscher klatschte sich Rasierwasser ins Gesicht. Er hatte das Gefühl, weiblich zu riechen, nach Puder und Tagescreme.
»Aber nun schreibt das Labor, die Blutflecken an der Kleidung von Holger Schwarz können nicht vom Mord stammen. Sie sind zwar eindeutig von seiner Frau, aber …«
Kommissar Büscher entriss ihr die Akte, um selbst weiterzulesen.
»Die Verletzung lebenswichtiger Organe und das Durchtrennen einer Halsschlagader haben zu einer Art Blutregen geführt, der sich in feinen Tröpfchen auf Bettdecke, Teppich und Tapete niedergeschlagen hat. Die Kleidung des Täters müsste folglich in gleicher Weise gezeichnet worden sein. Dem ist nicht so. Die vorliegende Untersuchung spricht dafür, dass Holger Schwarz die Leiche erst nach der Tat berührt und seine Kleidung dabei großflächig mit Blut beschmutzt hat. Ebenso ist es denkbar, dass er der verletzten Frau helfen wollte. Es ist unwahrscheinlich, dass er unmittelbar an der Tat beteiligt war.«
Büscher knallte die Akte fast angewidert auf Schillers Schreibtisch zurück.
»Das ist von Dr. Stahlbauer. Ein
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