Nachtblauer Tod
pfiff durch die Zähne. »Das heißt, ihr Göttergatte geht leer aus?«
»Sieht ganz so aus.«
»Und dann hat er sie nachts vor Wut umgebracht«, sagte Büscher und malte mit den Händen in der Luft Bilder, wie er sich die Szene vorstellte. »Schwarz war garantiert stocksauer, als er davon erfahren hat. Er grübelt beim Fischen darüber nach. Vielleicht unterhält er sich gar mit Angelfreunden, und dann, nach ein paar Bierchen, packt ihn ein mörderischer Zorn. Er fährt zurück, um mit seiner Frau zu reden, doch die bleibt stur. In seiner Enttäuschung droht er mit dem Küchenmesser. Dann sticht er zu. Handlung im Affekt. Mildernde Umstände. Bei guter Führung ist er in zehn, zwölf Jahren wieder draußen, wenn er gesteht und bereut …«
»Es kann«, sagte Kommissarin Schiller, »aber auch ganz anders gelaufen sein.«
Ihre Beine waren müde und schwer. Da sie mit Büscher alleine im Büro war, legte sie sie hoch. »Ich stelle mir das so vor: Parks lernt Kirsten Schwarz im Fitnessstudio kennen. Vielleicht spricht er sie sogar gezielt an. Ein Sportstudent, der auf Vierhundert-Euro-Basis jobbt. Aus seiner Perspektive ist sie eine leichte Beute. Er umwirbt sie, erzählt ihr, wie toll sie ist, und am Ende überschreibt sie ihm fünfzig Prozent ihrer Lebensversicherung. Er hat aber noch mehr Freundinnen. Sie wird ihm langsam lästig. Er weiß, wenn er sich trennt, wird sie ihn enterben. Nichts leichter als das. Wenn er also an das Geld will, muss sie sterben …«
»Du meinst, ein kaltblütig geplanter Mord aus Habgier?«
»Es ist genauso logisch wie die Tat aus Eifersucht …«
Büscher wog den Kopf hin und her. »Du hast recht, aber vergiss nicht, er hat ein Alibi.«
Sie lächelte. »Von seiner Geliebten. Wer sagt uns denn, dass die beiden nicht unter einer Decke stecken? Er hätte es locker schaffen können, hin und wieder zurück zu fahren …«
»Wenn da was dran ist, dann …« Aber sofort winkte Büscher ab. »Parks hat sie um dreiundzwanzig Uhr vom Hotel aus angerufen. Da hätte er längst im Auto sitzen müssen, um …«
Birte Schiller verzog den Mund. »Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so einfach bluffen lässt. Wenn seine Freundin mit drin hängt, dann hat sie vielleicht den Anruf für ihn getätigt, um ihn zu entlasten.«
Büscher hätte jetzt zu gerne eine geraucht oder wenigstens auf etwas herumgekaut. Er erinnerte sich an eine alte Fernsehserie, die er mal sehr gemocht hatte, mit Telly Savalas als Kojak, der ständig auf einem Lolli herumkaute.
»Du meinst, ein abgekartetes Spiel?«
»Um an fünfzigtausend Euro zu kommen. Nicht schlecht.«
In dem Moment öffnete ein junges Mädchen die Tür. Sie war verunsichert und schüchtern. Sie betrat zum ersten Mal in ihrem Leben eine Polizeistation.
Es fiel ihr schwer zu sprechen. Sie hatte ein süßes Gesicht, das auf Büscher pfiffig wirkte. Hier hatte er es ganz sicher mit einer klugen Person zu tun. Helle, wache Augen, die gut beobachten konnten, und ein Mund, der vermutlich gern die Wahrheit sprach. Büscher schätzte in Bruchteilen von Sekunden ein, ob er einem Menschen trauen konnte oder nicht. Und diese Stefanie Rother hatte sofort einen Vertrauensvorschuss bei ihm.
Sie zeigte eine Serviette vor. Auf der einen Seite stand: »Ich liebe dich«, auf der anderen war eine Frau gemalt, mit einem Messer in der Brust.
»Ich … Ich dachte«, stammelte Stefanie, »ich sollte Ihnen das besser mal zeigen. Es sieht für mich aus wie … ein Hilferuf.«
»Woher hast du das?«, fragte Büscher.
»Es ist von einem jungen Mann. Ich war mit meiner Freundin im TIF … – also im Café vom TIF.«
»Wie sah der junge Mann denn aus?«, fragte Büscher und wippte neugierig auf den Zehen auf und ab.
»Schnuckelig.« Stefanie erschrak selbst über das viel zu schnell und unbedacht ausgesprochene Wort.
Büscher grinste. »Ja, das ist als Beschreibung noch ausbaufähig. Was verstehst du denn unter schnuckelig?«
»Er trug eine schwarze Lederjacke, die ihm super stand, obwohl sie ihm eigentlich viel zu groß war. Er hatte eine Sporttasche bei sich und war strubbelig.«
»Leon Schwarz«, sagte Kommissarin Schiller und fing sich dafür von Büscher einen missbilligenden Blick ein. Sie gab mal wieder mehr Informationen, als sie erhielt. Getroffen schlug sie die Augen nieder. Sie wusste, dass Büscher in diesem Fall leider recht hatte.
»Hat er dir die Serviette zugesteckt?«, wollte Büscher wissen.
Er bot Stefanie Rother keinen Platz an,
Weitere Kostenlose Bücher