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Nachtblauer Tod

Nachtblauer Tod

Titel: Nachtblauer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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wie clever sie war und wie mutig. Sie hielt wirklich zu ihm. Er hatte sie unterschätzt.
    »Du bist also der einzige Mensch, der mir glaubt«, sagte er gerührt. Er kämpfte mit den Tränen, und sie machte einen Witz daraus. Sie bleckte die Zähne und zeigte auf die silberne Spange. »Das ist eine Zahnspange. Kein Doofheitszeichen. Auch wenn Jungs das oft anders sehen. Aber ich kann Eins und Eins zusammenzählen.«
    Leon drehte sich auf dem Bett in eine andere Lage, um Johanna besser ins Gesicht sehen zu können. Diesmal quietschte das ganze Bettgestell.
    Im Flur vor der Tür kicherte jemand.
    »Du weißt genau, was die jetzt denken«, grinste Johanna.
    »Mir doch wurst«, sagte Leon trocken, aber Johanna winkte ihm. »Komm hoch. Wir haben andere Sorgen.«
    Leon stand auf, wodurch die Federn nur noch lauter knarrten. »Du glaubst«, fragte Leon, »dass er es noch einmal macht?«
    »Wühlen Wildschweine im Dreck?«, fragte Johanna zurück.
    Leon fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Seine Kopfhaut juckte. »Ja, das glaube ich auch. Sobald er sich sicher fühlt, wird er wieder beginnen, Frauen auszuspionieren, zu beobachten und …«
    »Heimlich zu fotografieren«, führte sie Leons Gedanken fort. »Es geht ihm um die Heimlichkeit, um das Verbotene. Ich wette, genau das gibt ihm den Kick.«
    »Stimmt. In der Sauna sieht er eh alle Menschen nackt. Im Kino … und, ach … er kann sich im Internet mehr Nacktaufnahmen und Pornos ansehen, als er in seinem Leben Zeit hat. Aber das interessiert ihn gar nicht. Er muss es heimlich tun. Die Frauen dürfen nicht wissen, dass er sie fotografiert. Wie verstört muss einer sein, wenn er stundenlang nachts auf einem Baum rumklettert, um Frau Fels zu fotografieren, wenn sie zur Toilette geht?«
    »Und wenn er wieder beginnt, dann sind wir dabei und nehmen ihn hopp.«
    Der Plan leuchtete Leon ein, und er war glücklich, endlich eine Verbündete zu haben. »Ich werde also nicht hier abhauen«, stellte er fest.
    Sie nickte. »Bloß nicht. Bleib hier, lern Tischtennis spielen und überlass die Beobachtung mir. Wir halten Kontakt per SMS.«
    Sie hauchte einen Kuss auf seine rechte Wange, und bevor er sie halten konnte, war sie auch schon bei der Tür und riss sie auf. Meggie fiel fast ins Zimmer. Offensichtlich hatte sie die Ohren fest gegen die Tür gedrückt. Jetzt verlor sie das Gleichgewicht und landete in den Armen von Johanna.
    Die rümpfte die Nase.
    Meggie stieß Johanna zurück. »Ich bin … gestolpert!«, stammelte sie.
    »Klar. Und dabei in Maggi gefallen, oder was?«, konterte Johanna.

50
    Als die Nachricht Kommissarin Schiller erreichte, leckte sie gerade an einem Zitroneneis und verzog den Mund, weil es so herrlich sauer schmeckte. Sie hielt in einer Hand die Eiswaffel und pflückte mit der anderen das Handy von ihrem Hosengürtel.
    Büscher hatte sich eine Supertüte mit Amarenakirschen und roter Soße gekauft. Ein bisschen Sahne klebte an seiner Nase und am Kinn. Er schleckte gedankenverloren und amüsierte sich über Schillers Gesicht, das sich zusammenzog, als hätte sie in eine Zitrone gebissen.
    »Hm«, sagte sie ins Handy und wollte es mit der Schulter ans Ohr drücken, um die Hand wieder frei zu haben. Dabei fiel ihr das Zitroneneis aus dem Hörnchen und klatschte auf die Straße.
    »Ja, Löckchen«, philosophierte Büscher, »wir Menschen sind im Grunde Fehlkonstruktionen. Wir sollten drei Arme haben und drei Köpfe. Einen zum Denken. Einen zum Essen. Und einen zum Reden.«
    »Das ist jetzt sehr hilfreich!«, beschwerte Kommissarin Schiller sich.
    »Ist das sicher?«, fragte sie ins Handy, das sie jetzt wieder mit der Hand festhielt, um die Schulter zu entspannen. »Wann?«, wollte sie wissen. Dann sagte sie betont höflich: »Danke.«
    Sie befestigte ihr Handy wieder wie einen Colt am Gürtel und warf die eislose Waffel in einen Papierkorb.
    Zu Büscher sagte sie zerknirscht: »Jörg Parks hat wieder ein Alibi.«
    »Oh, wie das?« Seine Zunge war dunkelrot vom Saft der Amarenakirschen.
    »Seine Geliebte, Nele Bruchhausen, hat es sich wieder anders überlegt. Sie habe doch die ganze Nacht mit ihm verbracht und ihre erste Aussage nur widerrufen, weil sie ihm einen Denkzettel verpassen wollte, nachdem sie erfahren hatte, wie viele Freundinnen er noch …«
    Birte Schiller winkte resignierend ab. Sie war dieses Hin und Her zwischen Lüge und Wahrheit so leid.
    »Und was sagt uns das?«, fragte Büscher.
    »Vermutlich nicht mehr, als dass sie sich wieder

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