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Nachtblauer Tod

Nachtblauer Tod

Titel: Nachtblauer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Punchingball.
    »Paul?!«, sagte sie, so als hätte sie eine Frage an ihn. »Paul?!«
    Er sah sich nach ihr um, die Spannung wich aus seinem Körper. Er kam Leon vor wie ein Ballon, aus dem jemand die Luft ließ.
    Sie guckte ihn an, als könnte sie es nicht glauben und hoffte, ihn zu verwechseln.
    Sandra trat an die Kämpfenden heran, und alleine ihre Nähe gab Paul den Rest.
    »Was soll das?«, fragte sie. »Ich dachte, das Antiaggressionstraining hätte dir etwas gebracht.«
    »Ach, Scheiße!«, zischte Paul und stieg von Leon ab.
    Leons Brustkorb schmerzte. Obwohl er Schwierigkeiten hatte, aufzustehen, brachte er es fertig, irgendwie auf die Füße zu kommen und sich halbwegs gerade zu machen. Um nicht wieder umzufallen, lehnte er sich an die Wand. Er spürte die Eierkartons im Rücken.
    Sandra ging zielsicher zwischen die beiden. Mit offenen Handflächen hielt sie die Streithähne auf Distanz. Es war irre, als könnte sie mit ihren Händen eine Art Energie-Schutzschild aufbauen. Sie tat das mit spielerischer Leichtigkeit.
    Warum, fragte Leon sich angesichts dieses beeindruckenden Bildes, warum muss ich mich immer so anstrengen?
    Warum gelingt mir nichts mit solcher Schönheit und Eleganz?
    Ich hätte ihm die Nase platt hauen oder den Arm auskugeln müssen, damit er von mir ablässt.
    Was macht Sandra anders als ich?
    Können das nur Frauen?
    Er beobachtete sie genau. Sie schien Paul mit ihren Augen und ihrer geöffneten rechten Hand zu dirigieren. Fast wie ein Puppenspieler eine Marionette, nur dass die Fäden nicht sichtbar waren.
    Warum habe ich sie in diesem nachtblauen Licht sterben sehen? Erinnert sie mich an meine Mutter, oder heißt das nur, Maik sucht sich schon ein neues Opfer? Ich spüre das irgendwie, als sei ich mit ihm wie durch ein unsichtbares Band verknüpft.
    Dann löste Conny die Situation. Sie fragte: »Wer spielt ne Runde?«
    »Ich«, sagte Paul knapp und schnappte sich einen Schläger.
    Leon spürte immer noch einen leichten Schwindel. Er kriegte diese Bilder nicht aus dem Kopf.
    »Bist du okay?«, fragte Sandra.
    Leon biss sich auf die Lippen und nickte. Das gleichmäßige »Klack-Klack« des Tischtennisballs wirkte beruhigend. Aber dann wurde der Rhythmus scharf unterbrochen. Ein Knall wie von einem gegen die Wand geworfenen, hartgekochten Ei.
    »Eins zu null«, stellte Conny fest.
    »Du und deine Scheiß-Schmetterbälle!«, schimpfte Paul.
    Sandra und Leon sahen sich an. Wortlos verließen beide den Sozialraum.
    Draußen sagte Sandra: »Nimm dich in Acht vor ihm. Er kann sehr nett sein, aber wenn man ihn reizt … Er hat seine Gefühle manchmal nicht im Griff.«
    »Ich dachte, Meggie sei hier die abgezogene Handgranate.«
    Natürlich bemerkte Sandra, dass Leon den Coolen mimte. Sie sagte trocken: »Ja, wenn sie geladen ist, würde ich ihre Nähe lieber meiden. Sie hat mal einem Neuen den Arm gebrochen, weil er sie beleidigt hat.«
    Aus dem Schatten in der Ecke des Flurs löste sich eine Gestalt.
    »Ich habe ihn in die Intensivstation gelegt, die Ratte! Und er hat mich nicht beleidigt. Dann hätte ich ihm nur eine reingesemmelt. Er hat mir auf den Arsch gehauen – und wehe jedem verdammten Mistkerl, der das noch mal versucht!« Sie zeigte Leon und Sandra den Stinkefinger und fügte auf Englisch hinzu: »Don’t touch Meggie – or you die!«
    Leon erschrak nicht, aber Sandra zuckte innerlich zusammen, das merkte er deutlich.
    Für einen Moment fragte er sich, ob Meggie nicht als Bündnispartnerin, ja als Komplizin in dem Kampf, der ihm jetzt bevorstand, besser gewesen wäre als Johanna.
    Mit ihrem Hass auf die Welt und auf sich selbst wirkte sie furchtlos auf ihn. Am allerliebsten wäre ihm Sandra mit ihrer fast mystischen Kraft gewesen.
    Trotzdem beschloss er, keiner der beiden etwas zu erzählen. Meggie konnte nichts für sich behalten. Sie musste immer alles gleich raushauen, und Sandra wäre wahrscheinlich sehr besorgt und dann sehr streng geworden, wenn sie erfahren hätte, was Leon vorhatte.

54
    Es war am Hafen. Die Ladekräne des Containerterminals für die Frachtschiffe standen wie Weltraummonster da. Durch Mutation millionenfach vergrößerte Insekten aus Stahl mit langen, spinnenartigen Beinen und Fangarmen. Aufgereiht in klarer Marschordnung, bewachten sie den Zugang zum Wasser. Die Schiffe sahen nicht mehr aus wie Schiffe, sie hatten nichts gemein mit den Piratenfregatten aus Kinofilmen. Sie ähnelten nicht mal dem Traumschiff oder anderen Luxuslinern.
    Für Johanna sahen

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