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Nachtblauer Tod

Nachtblauer Tod

Titel: Nachtblauer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Comicfigur gewesen. Unsterblich und unzerstörbar …
    Das diffuse Licht im Raum irritierte Leon einen Moment lang. Er blickte sich um und suchte Johanna. Von Johanna keine Spur.
    »Herzlich willkommen«, sagte Maik, und es hörte sich wirklich nett an, ganz so, als könnte gleich der Grillabend mit Freunden beginnen. Allerdings leuchtete man Freunden nicht mit einem leistungsstarken Scheinwerfer ins Gesicht.
    Leon schützte seine Augen mit den Händen gegen die Helligkeit. Es war eine armlange Lampe, die auch als Schlagstock verwendet werden konnte. Leon hatte sie in Maiks Hobbyraum gesehen und fand sie martialisch und unpraktisch. Jetzt wurde ihm klar, dass diese Taschenlampe auch eine Waffe war.
    »Hast du damit meine Mutter geblendet, bevor du sie umgebracht hast?«, fragte Leon angriffslustig.
    »Nein, das war nicht nötig. Sie saß bei schönster Beleuchtung in ihrem Bett und las diesen dicken Krimi. Es war ziemlich langweilig für mich. Die hat sich nur zum Seitenumblättern bewegt. Aber dann, gerade als ich gehen wollte, hat sie mich entdeckt und fing an zu schreien. Mir blieb gar nichts anderes übrig, Leon. Das musst du doch verstehen …«
    »Verstehen? Du krankes Arschloch hast meine Mutter umgebracht!«
    »Die Balkontür stand offen. Sie war selber schuld. Das war wie eine Einladung.«
    Leon trat fest auf. Vor seinen Augen tanzten blaue Sterne. Das Licht blendete ihn so sehr, dass es weh tat und im Kopf kleine Blitze zucken ließ, als fände in seinem Gehirn ein Gewitter statt. Aber Leon registrierte mit einem gewissen Erstaunen, dass er nicht ins Eis einbrach. Im Gegenteil. Der Boden unter seinen Füßen schien fest zu sein.
    »Sie hat die Tür nicht für dich aufgelassen, du Drecksack! Sondern für unsere Katze Molli!«
    Wo ist Johanna, fragte Leon sich. Beobachtet sie uns? Schleicht sie sich schon von hinten an und brät ihm gleich eins mit einer Zaunlatte über?
    Er konnte die Lage nicht einschätzen. Johanna musste hier irgendwo sein. Kurz bevor er die Lagerhalle betreten hatte, war doch noch eine SMS von ihr gekommen.
    Warum hatte sie ihn nicht gewarnt?
    Es gab dafür nur eine Erklärung. Sie war schrecklich, aber logisch: Maik hatte die SMS geschickt. Das bedeutete, er war im Besitz ihres Handys. Und das hatte sie ihm garantiert nicht freiwillig gegeben.
    Leon versuchte, nicht daran zu denken, was Maik mit ihr gemacht hatte. Stattdessen verfluchte er sich selbst, weil er so spät gekommen war, und wusste gleichzeitig, dass er nicht auf ihre Hilfe bauen konnte.
    Er hatte immer noch sein Handy in der Hand. Er unterdrückte den Impuls, es auf Maik zu schleudern, sondern drückte wahllos Nummern, in der Hoffnung, dass es irgendwo klingelte. Dann führte er sein Handy ans Ohr und sagte ruhig: »Haben Sie alles, Herr Kommissar? Hm. Ja. Klar. Eindeutiger kann ein Geständnis wohl kaum sein. Ja, das finde ich auch.«
    Maik lachte bitter: »Glaubst du, ich bin blöd und fall auf solchen Mist rein?«
    Leon machte zwei Schritte zur Seite, in der Hoffnung, aus dem gleißenden Licht herauszukommen. Aber der Strahl verfolgte ihn gnadenlos.
    Hatte er Maik wenigstens verunsichert?
    Eigentlich war das mit dem Handy eine Superidee. Leider war Leon zu spät darauf gekommen und wusste jetzt nicht, wie er es schaffen sollte, Kommissar Büscher oder Kommissarin Schiller oder wenigstens Sandra Bauer oder die Psychologin Müller-Felsenburg anzurufen.
    Da ließ der Lichtstrahl von ihm ab und wanderte nach oben. Maik wollte Leon etwas zeigen.
    Leon wusste genau, dass Maik ihn ablenken wollte, um an das Handy zu kommen. Leon wollte sich aber auf keinen Fall bluffen oder ablenken lassen. Dieses Handy konnte seine Rettung werden. Seine Tür nach draußen.
    Doch dann sah Leon Johanna an der Decke hängen. Er blickte direkt in ihre schreckensweit aufgerissenen Augen, denn Maik hatte sie an den Füßen mit dem Flaschenzug hochgezogen. Kopfüber baumelte sie nach unten. Ihr Mund war mit einem Teppichband zugeklebt.
    Leon registrierte noch, dass sie lebte. Dann brach das Eis unter ihm.
    Er erlebte alles bei vollem Bewusstsein, konnte aber gar nichts dagegen tun. Er gab seinen Muskeln Befehle, doch in dem eiskalten Wasser reagierten sie nicht. Über ihm war die geschlossene weiße Decke.
    Bedrohlich.
    Kein Loch zu sehen, aber die Schlittschuhläufer darauf waren von hier als bewegliche Flecken zu erkennen. Vorbeihuschende Schatten.
    Papa, dachte Leon. Um Himmels willen, Papa! Komm, hau mich hier raus, nur noch dieses eine Mal.

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