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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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paarmal mit ihm ausgegangen. Drei- oder viermal. Vielleicht auch fünf- oder sechsmal, ich weiß es nicht mehr. Wir haben diese Bekanntschaft nicht einmal regelrecht beendet oder so was. Ich war sehr beschäftigt, und er war es auch, und so verlief die Sache irgendwie im Sand, und dann musste er für einige Zeit zurück nach Paris.«
    »Und jetzt ist er zurückgekommen?«
    »Ja. Er rief mich gestern Abend an. Er will heute mit mir zu Mittag essen. Er bestand hartnäckig darauf, auch als ich ihm sagte, ich sei sehr beschäftigt … Ich denke, ich muss hingehen und mit ihm reden.«
    »Und …?«
    »Ich kann nur sagen, dass ich keinerlei Interesse an Franzosen habe.«
    »Herrgott, Weather, warum sagst du dem Froschschenkelfresser nicht einfach, er soll sich den Gedanken an eine Vertiefung der Beziehung zu dir aus den verdammten Därmen scheißen?«
    »Ich glaube nicht, dass das eine diplomatische Lösung wäre …«
    »Du bist nicht beim verdammten Auswärtigen Dienst.« Er gab sich verärgerter, als er tatsächlich war.
    »Und ich muss mit ihm zusammenarbeiten. Er hat eine wichtige Stellung hier im Krankenhaus.«
    Es ging noch einige Minuten hin und her, und er gab sich noch verärgerter – und war zum Schluss zufrieden, dass sie sich davon beeindruckt zeigte. Dann ging er wieder unter die Dusche, vollendete die morgendliche Toilette und zog sich an. Na schön … Er rief Jael an.
    Sie meldete sich nach dem dritten Läuten, und er sagte: »Dein Problem ist, dass du zu viktorianisch bist.«
    »Okay, ich nehme das zur Kenntnis«, sagte sie träge. »Moment mal, bleib dran …« Er hörte, wie sie jemandem zurief: »Es ist für mich.« Dann meldete sie sich wieder: »Ja?«
    »Hast du schon gefrühstückt?«
    »Ich bin noch gar nicht richtig wach«, antwortete sie. »Es ist nicht mal halb elf.«
    »Wenn du willst, komme ich und hole dich ab.«
    »Geht nicht. Um zwölf kommt ein halbes Dutzend Leute, wir planen eine gemeinsame Ausstellung unserer Töpferwerke, aber es wollen viel zu viele Leute mitmachen. Wir wollen beraten, wie wir ein paar von ihnen ausbooten können. Du darfst natürlich trotzdem herkommen, aber du wirst diese Leute nicht mögen, und ich möchte nicht, dass es zu einer Schlägerei kommt.«
    »Verdammt, ich finde heute Morgen niemanden, mit dem ich mal reden kann«, fluchte Lucas.
    »Und heute Abend trifft mein Dad ein. Meine Wachmannschaft und ich holen ihn am Flugplatz ab. Also …«
    »Kein Dinner mit dir. Kein Mitternachtshappen …«
    »Hast du’s mal mit Telefonsex versucht?«, fragte sie.
    »Ja, einmal. Aber es funktioniert nicht. Ich fühle mich dabei wie ein jämmerlicher Wichser.«
    »Das ist irgendwie unvermeidlich«, sagte sie trocken.
    »Andererseits bin ich als agierender Partner ausgesprochen gut, nicht aber als reagierender. Ich möchte das Wort brillant vermeiden, das aber nur, weil ich ein so bescheidener Mensch bin.«
    »Tatsächlich? Das ist sehr interessant. Wie würdest du denn so was starten?«
    »Liegst du noch im Bett?«
    »Ja.«
    »Was hast du an?«, fragte er.
    »Ein Flanellnachthemd, eine Unterhose und Socken.«
    »Socken? Ach du heilige Scheiße. Das erschwert die Sache erheblich.«
    »Ach was, komm, Davenport …«
    »Na schön. Du hast doch dieses indianische Medizinmannpüppchen über dem Waschbecken hängen, nicht wahr?«
    »Ja …«
    »Hol es«, sagte er.
    »Wozu das denn?«
    »Hör zu, willst du nun bei dem Spielchen mitmachen oder nicht?«
    »Na ja … ich wollte ja nur wissen …«
    »Du wirst seine Habichtfeder brauchen«, erklärte er.
    Sie schwieg eine Sekunde verblüfft, sagte dann: »Okay, einen Moment.«
    »Halt! Bist du noch dran?«
    »Ja.«
    »Habe ich in deinem Badezimmer nicht diesen kleinen Remington-Damenrasierapparat liegen sehen?«
    »Ja …«
    »Bring den auch mit«, sagte Lucas.
    »Heh … Dass das von Anfang an klar ist: Ich werde mir keinesfalls irgendwas abrasieren«, protestierte sie.
    »Wie, du benutzt das Ding zum Rasieren? Du naives kleines Ding … Wir werden es nicht brauchen, um irgendwas abzurasieren.«
    »Ich bin gleich wieder zurück«, sagte sie.
     
     
    Im Präsidium war es sehr ruhig; am Bordstein davor waren weniger Fernsehwagen als gestern abgestellt, und das Großraumbüro des Morddezernats war fast menschenleer. Del rief über das Mobiltelefon an, und als Lucas sich meldete, sagte Del verblüfft: »Heilige Scheiße, du hast das Ding tatsächlich eingeschaltet!«
    »Ja. Was ist los?«
    »Nichts. Ich wollte nur feststellen, ob du

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