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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Veranda niederzulassen. Der Besitzer stellte ihm sogar einen eingestaubten Klappstuhl aus dem Gartenschuppen zur Verfügung.
    Olson erschien frühzeitig – zwanzig Minuten vor dem Beginn der Predigt; der Überwachungscop gab Lucas das verabredete Lichtzeichen zur Identifizierung von Olsons Wagen, und Davenport richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Alle paar Minuten piepste das Funkgerät: Beginn der Predigt, Ankunft und Abfahrt von Wagen, gelegentlich auch philosophische Betrachtungen zur Tristesse des Cop-Daseins.
    Vier Cops in zwei Wagen waren bei Spooner, bewachten die Vorder- und Rückseite seines Hauses, und sie meldeten sich ab und zu über Funk. Spooner war zu Hause, hatte jedoch die Vorhänge des Wohnzimmers zugezogen. Dann ging plötzlich das Licht in der Garage an, und Spooner fuhr in seinem Wagen davon. Seine Bewacher gerieten in Aufregung. Spooner fuhr fünf Blocks weiter zu einem Super-America-Markt, kaufte irgendwas, ging zu Fuß ein Stück weiter zu einem Blockbuster-Videoladen, lieh sich einen Film aus und fuhr wieder nach Hause. Das Garagentor schloss sich hinter dem Wagen, die Bewacher atmeten auf und gingen beruhigt wieder in ihre Ausgangsstellungen.
    Der Cop an der Kirche meldete: »Olson gerät in Fahrt. Seine Zuhörer ebenfalls.«
    Und eine Minute später: »Von der Nordseite nähert sich ein Mann mit einem Köter an der Leine.«
    »Ich sehe ihn«, bestätigte Lucas.
    Dann meldete sich einer der Bewachercops bei Spooner: »Unser Mann kommt aus dem Haus, im Hemd … Schaut zum Dach hoch. Was zum Teufel soll … E IN S CHUSS ! S POONER STÜRZT HIN ! V ERDAMMTE S CHEISSE , D AVE , D AVE … S IEHST DU …«
    Die Verbindung brach ab; nach einigen Sekunden war der Cop aber wieder zu hören: »N ACH W ESTEN , NACH W ESTEN … O G OTT , BLEIB HIER ! N EIN , KOMM ZURÜCK ! J ESUS , WIR BRAUCHEN EINEN K RANKENWAGEN ! E INEN N OTARZT …«
    Lucas rannte los, um das Haus, sprang in den Wagen.
    Die aufgeregten Stimmen im Funkgerät überschlugen sich. In einer Minute war Lucas auf der Mendota Road, in zwei Minuten auf der Robert Street, dann auf der 110. und er fuhr so schnell, wie es der Porsche erlaubte, stets jedoch bedacht, nicht zu viel zu riskieren. Er zischte an anderen Wagen vorbei, schlängelte sich durch die Reihen, wenn die Überholspur nicht frei war, hoffte, nicht auf einen Streifenwagen der Verkehrspolizei zu stoßen, raste weiter, und die Stimmen im Funkgerät wurden immer schriller: »V ERDAMMT , ER GEHT UNS DURCH DIE L APPEN … E R GEHT UNS DURCH DIE L APPEN ! W IR BRAUCHEN GOTTVERDAMMTE H ILFE ! W IR BRAUCHEN …«
    Lucas raste auf der I-35 nach Norden, funkte: »Ich bin ganz in Ihrer Nähe. Geben Sie mir die Richtung, in die der Mann flüchtet.«
    Der Cop reagierte: »Kein Flüchtender, kein Flüchtender …«
    »Sie sagten doch: Er geht uns durch die Lappen …«
    »Spooner, Spooner geht uns durch die Lappen. Er stirbt! «
    »Wo ist der Schütze, wo ist der Schütze?«
    »Ich weiß es nicht, Mann, wir haben keinen Schützen gesehen … Dave, wo bist du? Dave, bist du nach Westen gefahren?« Und Dave meldete sich: »Ja, ich bin nach Westen losgerast, Mann, aber da war nichts Auffälliges zu sehen … Chief Davenport, schalten Sie Ihr Blinklicht ein, wenn Sie zur Ausfahrt an der Seventh Street kommen, vielleicht entdecken Sie einen Wagen, der sich vor Ihnen aus dem Staub machen will.«
    Lucas dachte: Er ist weg. Wenn Dave schon kurz vor dieser Ausfahrt war, war der Schütze verschwunden.
    Und so war es tatsächlich.
    Spooner starb in seinem Vorgarten. Seine Frau kniete schreiend neben ihm, und zwei Cops versuchten, mit ihren Händen das Blut zu stoppen, das aus seiner Brust quoll. Das Geschoss einer 44er Magnum war einige Zentimeter neben seinem Brustbein in den Körper gedrungen; es dauerte etwa zwei Minuten, bis er starb, aber er nahm das nicht mehr bewusst wahr. Technisch gesehen war er in dem Moment tot, als das Geschoss einschlug.

27
     
     
     
    Lester traf, aus Minneapolis kommend, gerade noch rechtzeitig vor dem Abtransport der Leiche ein. Er und Lucas standen auf Spooners Rasen und sahen dem Leichenbeschauer des Ramsey County bei der Arbeit zu. Lester sagte: »Könnte sein, dass wir endgültig in den Arsch gekniffen sind. Persönlich, meine ich. Wir müssen mit Rose Marie reden, damit sie nicht unvorbereitet von den Medien durch die Mangel gedreht wird.«
    »Ich weiß«, sagte Lucas. »Aber ehe wir das tun, müssen wir uns Olson vorknöpfen. Und wir müssen die

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