Nachtblind
wieso diese Frau im Matrix-Gebäude …«
»Ja, diese Asiatin …«
»… warum sie das Gewehr nicht gesehen hat. Wenn der Mann, der auf der Treppe stand, tatsächlich der Killer war.«
»Es ist ein kurzer Karabiner, Del. Man kann ihn neben dem Bein in die Hose stecken, auch wenn man dann beim Gehen hinkt.«
Del dachte darüber nach, schaute aus dem Seitenfenster in die Dunkelheit, sagte dann: »Wie hat der Killer Spooner dazu gekriegt, aus dem Haus zu kommen?«
»Hmmm … Danach habe ich nicht gefragt«, gestand Lucas. »Der Überwachungs-Cop sagte, er sei rausgekommen und habe zum Dach hochgeschaut. Hast du dein Handy dabei?«
»Ja.«
»Ruf die St.-Paul-Cops an. Frag, ob Spooner einen Anruf bekommen hat.«
St. Paul hatte Spooners Frau bereits dazu befragt. Wie sie sagte, waren sie tatsächlich angerufen worden, angeblich von einem Nachbarn ein paar Häuser weiter, und der hatte gesagt, aus Spooners Schornstein würden Flammen schlagen, sie hätten anscheinend einen Kaminbrand. Spooner war rausgelaufen, um nachzusehen. St. Paul bemühte sich, die Telefonnummer des Anrufers rauszufinden.
»Das könnte interessant sein«, sagte Lucas.
»Ich wette einen Dollar, dass der Anruf von einem Münzfernsprecher kam«, meinte Del.
Olson war rund zehn Minuten vor ihnen im Motel. Lucas und Del sprachen kurz mit den Überwachungs-Cops, gingen dann zu Olsons Zimmer. »Du bleibst außer Sicht draußen im Flur«, sagte Lucas. »Ich gehe zunächst mal grob auf ihn los. Wenn ich später eine Unterbrechung brauche, rufe ich dich über das Handy an und tue so, als ob ich dich nach dem neuesten Stand der Dinge fragen würde. Du wartest eine Minute und klopfst dann an.«
»Spiele ich ebenfalls den groben Cop?«
»Nein, den sanften. Vielleicht braucht er ein wenig Mitgefühl.«
Del hielt sich außerhalb des Blickfeldes und Lucas klopfte an die Zimmertür. Eine Männerstimme rief: »Einen Moment«, dann öffnete Olson die Tür so weit, wie es die vorgelegte Sicherungskette zuließ. Er sah durch den Spalt, noch damit beschäftigt, den Hosengürtel zu schließen, runzelte die Stirn, sagte: »Oh, Chief Davenport …«
»Ich muss mit Ihnen sprechen«, sagte Lucas.
»Selbstverständlich …« Er löste die Kette, und Lucas drückte die Tür mit einem Ruck auf, packte den überraschten Olson am Hemd, schob ihn zum Bett, warf ihn darauf, trat mit dem Absatz die Tür hinter sich zu und schrie: »Wie zum Teufel haben Sie das gemacht? Wer ist Ihr Komplize?«
Olson riss die Augen auf, versuchte sich aufzurichten, aber Lucas setzte sich auf seine Beine, zog die 45er aus dem Holster, richtete sie aus der Hüfte auf Olson. »Was … Was soll das?«, stammelte Olson.
»Reden Sie keinen Scheiß«, fuhr Lucas ihn an. »Sie haben das arrangiert, Sie haben ihn in die Falle gelockt. Sie haben Ihre eigenen Eltern ermorden lassen, und ich will jetzt keine Scheiße mehr von Ihnen hören.«
»Was …Was …«
Lucas atmete tief durch. »Ich habe nur einem einzigen Menschen Bill Spooners Namen genannt. Einem einzigen Mann. Ihnen. Und heute Abend wird Spooner in seinem Vorgarten erschossen, vor den Augen seiner Frau. Mit einem Gewehr. Ein kaltblütiger Mord.«
»Nein, ich … ich … ich doch nicht«, stotterte Olson. »O nein. Nein, nein. Ich habe es … o Gott, nein … Ich habe es vier anderen Leuten weitergesagt. Nur vier anderen Leuten, mein Gott, nur vier anderen Leuten …«
»Wem?«
Die Frage blieb unbeantwortet im Raum stehen, da laut an die Tür geklopft wurde. Del sollte doch Besucher abhalten … Lucas stand auf, öffnete. Del stand im Flur. »Es hat sich was ergeben«, sagte er. Er sah an Lucas vorbei auf Olson, der sich aufgerichtet hatte und auf der Bettkante saß. Lucas trat zurück, und Del fragte: »Hast du ihm schon von Spooner erzählt?«
»Ja.«
Del sah Olson an. »Spooner wurde von einem Anrufer, der sagte, die Spooners hätten einen Kaminbrand, aus dem Haus gelockt. Die St.-Paul-Cops konnten den Anruf zurückverfolgen. Er wurde von einem Mobiltelefon geführt, das auf den Namen Ihrer Mutter registriert ist.«
»Was?«
»Vom Mobiltelefon Ihrer Mutter«, wiederholte Del.
Olson sah von einem zum anderen. »Mein Gott, das ist ja schrecklich … Tut mir Leid, ich wusste nicht mal, dass sie ein eigenes Handy hatte.«
»Sie wollen also sagen, Sie hätten mit der Sache nichts zu tun«, stellte Lucas skeptisch fest.
»Natürlich nicht«, sagte Olson. »Aber ich habe vier Leuten von Spooner erzählt. Beim
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