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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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skandinavischen Vokalen und grammatikalisch perfekt, und sie vollendeten gegenseitig ihre Sätze. Sie waren, dachte Lucas, wie vier Stücke aus einem Kuchen, den ein in jeder Hinsicht steriler Konditor gebacken hatte.
    Tom Olson ergriff als Erster das Wort, als Rose Marie geendet hatte. »Was Sie da gerade gesagt haben, bedeutet, dass Sie nichts erreicht haben. Es gibt keine einzige neue Information.«
    »Diese Feststellung entspricht nicht im Geringsten meinen Aussagen«, fauchte Rose Marie. »Wir haben eine große Menge negativer Informationen gesammelt und damit eine ebenso große Menge von Möglichkeiten ausschließen können. Ich will Ihnen gerne etwas erklären, Mr. Olson, und Chief Davenport wird es bestätigen: Wenn man den Mörder nicht über sein Opfer gebeugt vorfindet und ihn auf der Stelle verhaften kann, ist das Ausschließen von Möglichkeiten einer der wichtigsten Ansatzpunkte im Rahmen unserer Ermittlungen. Wir werden den Mörder finden. Aber wir wissen auch, dass das nicht von heute auf morgen zu machen ist.«
    »Absolute Pferdescheiße«, schnaubte Tom Olson.
    Seine Mutter sah ihn an, flehte: »Bitte, Thomas …«
    Vater Olson räusperte sich und sagte: »Die Beerdigung soll übermorgen stattfinden, wenn Sie uns Alie’es … Leiche heute noch überlassen können. Der Pathologe sagte, das sei möglich.«
    »Die Untersuchungen sind abgeschlossen oder werden es in den nächsten Stunden sein«, bestätigte Rose Marie.
    Olson fuhr fort: »Wenn die Beerdigung in Burnt River vorbei ist, werden Lil und ich nach Minneapolis zurückkommen, zusammen mit den Bentons und den Packards, falls Charlie nicht arbeiten muss, und wir wollen eine oder zwei Wochen bleiben, wobei wir hoffen, dass Sie den Mörder bald überführen, aber wir wollen auch Ihre Ermittlungen … verfolgen.«
    »Dagegen ist nichts einzuwenden. Wir können uns täglich treffen und Sie auf dem Laufenden halten.«
    »Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Morden an Alie’e und Amnon Plain?«, fragte Lester Moore.
    »Das wissen wir noch nicht«, antwortete Rose Marie. »Die Möglichkeit müssen wir natürlich im Auge behalten.«
    Lucas schaltete sich ein: »Ich bin in Plains Appartement gewesen. Wer auch immer ihn ermordet hat, er hat es geplant. Es gibt keinen Hinweis auf eine spontane Handlung – im Gegensatz zu den beiden ersten Morden, die offensichtlich ad hoc begangen wurden.«
    »Also zwei Mörder?«, fragte Tom Olson.
    »Möglicherweise. Es mag einen Zusammenhang geben – die Morde können durchaus auch von derselben Person begangen worden sein –, aber ich gehe davon aus, dass Plain von einer anderen Person ermordet wurde.«
    »Wenn Sie Person sagen, wollen Sie dann nur emanzipatorisch korrekt sein oder sind Sie sich nicht sicher, ob die Morde von einer weiblichen oder einer männlichen Person begangen wurden?«, fragte Lester Moore.
    »Emanzipatorisch korrekt«, antwortete Lucas. »Wir hatten gerade erst im vergangenen Sommer eine Serie äußerst kaltblütiger, nach Exekutionen aussehender Morde, die von einer Frau begangen wurden. Aber so etwas ist äußerst selten. Ich glaube, dass die Morde auf das Konto von Männern gehen. Beim Mord an Plain ist der Täter vermutlich sogar von Zeugen gesehen worden.«
    »Nun, wir hoffen auf Ihren Erfolg«, sagte Vater Olson. Er sah seine Frau und seinen Sohn an und sagte: »Lasst uns zu Alie’e gehen.«
     
     
    Als sich die Tür hinter der Meute geschlossen hatte, saßen Rose Marie, Lucas und Milton erst einmal einige Sekunden schweigend da, dann fragte Rose Marie: »Haben Sie die Eltern im TV gesehen?«
    »Nein«, antwortete Lucas.
    »Sie traten auf, als ob sie ein gründliches Medientraining hinter sich hätten«, sagte Rose Marie. »Eben saß Mrs. Olson auf ihrem Stuhl wie eine verstörte Schildkröte auf einem Felsen, aber im Fernsehen wirkte sie wie die Personifizierung der perfekten Mami. Sie trat so sicher auf wie die meisten Profis in den Nachrichtensendungen. Jedes Härchen am richtigen Platz, bis auf die Strähnen, die es nicht sein sollen. Und so von Schmerz erfüllt – die gramgebeugte Mutter, wie sie im Buch steht. Und ihr Sohn …«
    »Dem möchte ich nicht in einer dunklen Gasse begegnen, wenn er wütend auf mich ist«, fiel ihr Milton ins Wort. »Er soll ja so was wie ein heiliger Mann sein, aber er sagte eben laut und deutlich Pferdescheiße.«
    »Pferde scheißen eben auch in Anwesenheit heiliger Männer«, sagte Lucas.
    »Außerdem hatte er völlig Recht«, sagte Rose

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