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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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aus der Kehle brachte –, ich soll Ihnen sagen, sie hätte auf den Wagen geschossen. Sie hat gemurmelt: Sagen Sie Lucas, ich habe den Wagen getroffen.«
    »Was war das für ein Wagen? Haben Sie sich die Nummer merken können?«
    »Nein, nein, ich habe den Wagen kaum gesehen, weil Marcy mich auf den Boden gedrückt hat.«
    »Haben Sie wenigstens grob gesehen, wie der Wagen aussah?«
    Sie schloss die Augen, immer noch mit den Händen an seinem Hemd, sagte schließlich: »Er war lang und dunkel. Lang, dunkle Farbe.«
    Lucas ließ nicht locker. »Was meinen Sie mit lang und dunkel? Wie ein schwarzer Mercedes oder Cadillac?«
    »Nein, das glaube ich nicht«, antwortete sie. »Er sah für mich einfach lang und dunkel aus.«
    »Amerikanischer Wagen?«
    »Ich weiß es nicht. Wie einer dieser großen Wagen von vor zwanzig Jahren. Aber ich weiß nicht, welche Marke es sein könnte, ich weiß es einfach nicht, mein Gott …«
    Lucas legte den Arm um sie und drückte sie an sich. »Das haben Sie gut gemacht«, sagte er. »Ich bin erstaunt, dass Sie überhaupt etwas gesehen haben.«
     
     
    Eine ganze Streifenwagen-Armada war zum Tatort in Marsch gesetzt worden, und die Besatzungen stoppten alle langen dunklen Wagen in der weiteren Umgebung und überprüften sie auf Einschusslöcher in der Karosserie. Aber Jael wohnte in Steinwurfnähe zu einem halben Dutzend Interstate-Auffahrten. Alle suchten eifrig, aber ohne große Hoffnung auf Erfolg …
     
     
    Ein Arzt kam an, ging geradewegs an ihnen vorbei zum Operationssaal. »Ein Gefäßchirurg«, erklärte ihnen eine Krankenschwester.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Lucas. »Herzoperation?«
    »Keine Ahnung«, antwortete die Schwester.
    Eine andere Schwester kam aus dem Operationssaal, und sie stürzten sich auf sie. »Ich weiß nur, dass sie noch lebt und künstlich beatmet wird«, sagte sie.
     
     
    Nach einer Stunde sagte Del: »Wir sitzen doch sinnlos hier rum. Wir können höchstens die Nachricht entgegennehmen, dass sie gestorben ist, wenn dieser Fall eintreten sollte.«
    »Was sollen wir sonst tun?« Lucas war gereizt, voller Angst um Sherrill, und seine Stimme war nur ein Krächzen.
    »Wir sollten zu diesem verdammten Tom Olson fahren und uns seinen Wagen ansehen«, antwortete Del. Sherrill war schon einmal angeschossen worden und wäre beinahe verblutet. Del war mit ihr im Hubschrauber vom Ort der Schießerei zum Krankenhaus geflogen und hatte ihre verletzte Arterie so fest zusammengedrückt, dass Sherrill sich noch Wochen später über den Bluterguss beschwert hatte. »Die Schusswunde ist nicht schlimm«, hatte sie gesagt, »aber der verdammte Bluterguss, wo Del meine Arterie zusammengedrückt hat … Der bringt mich noch zur Verzweiflung.«
    »Was für einen Wagen hat Olson?«, fragte Lucas.
    »Eine dunkelblaue 1986er Volvo-Limousine. Und die Olsons sagten, sie wären im Motel Vier Winde abgestiegen. Lass es uns dort versuchen.«
    »Wir fahren wieder im Porsche«, sagte Lucas.
     
     
    Das Motel »Vier Winde« lag drei Blocks vom Einkaufszentrum »Mall of America« entfernt, direkt südlich der Kreuzung der Interstate 494 mit dem Highway 77. Sie entdeckten den Volvo auf dem Parkplatz, hielten dahinter an, stiegen aus und sahen ihn sich an. Der Wagen war alt und dunkelblau, und am linken vorderen Kotflügel schimmerte der ursprüngliche graue Lack durch. Keine Geschosseinschläge.
    »Verdammt«, knurrte Del. »Es wäre aber auch zu einfach gewesen.«
    Dann kam Tom Olson mit einem Beutel Tomatenchips und einer Dose Coke in der Hand um die Ecke des Motels. Er sah sie, blieb stehen, kam dann auf sie zu. »Was machen Sie hier?«
    »Wir sehen uns Ihren Wagen an«, antwortete Lucas.
    »Warum?« Er baute sich drohend, einen halben Schritt zu nahe, vor Lucas auf.
    Lucas schob sich noch ein paar Zentimeter dichter an ihn heran, und Del ging rechts von ihm in Stellung.
    »Weil jemand in einem langen dunklen Wagen gerade auf die Kollegin von uns geschossen hat, die zur Bewachung von Jael Corbeau abgestellt war.«
    Olson zuckte zusammen, und sein wütender Gesichtsausdruck verflog. Er wich einen Schritt zurück. »Sie dachten, ich sei das gewesen? Ich würde doch niemals … Ist sie verletzt?«
    »Sie wird gerade operiert«, sagte Lucas. »Wir denken, bei dem Schützen könnte es sich um einen Mann gehandelt haben, der auf Rache für den Tod Ihrer Schwester aus ist, und da Sie einen älteren, dunklen Wagen fahren … Wir meinten jedenfalls, wir sollten mal einen Blick darauf

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