Nachtblind
selbstverständlich vorausgesetzt.«
Man erlaubte ihnen nicht, in den OP zu gehen. Sherrill lag immer noch auf dem Operationstisch.
»Jesus, wie lange ist sie denn jetzt schon da drin?«, fragte Lucas Rose Marie.
Rose Marie hatte sich in einem leeren Krankenzimmer etabliert und zwei Patiententelefone mit Beschlag belegt. Sie sah auf die Uhr. »Vier Stunden.«
»Wie viel mehr kann man denn noch an ihr rumzuschnippeln haben?«
»Ich weiß nicht, was sie noch machen, Lucas. Hören Sie … geh’n Sie und beschäftigen sich mit was anderem.«
»Womit zum Beispiel?«, fragte er wütend.
»Es ist mir egal, aber das Warten hier ist nichts für Sie.« Sie sah Del an. »Das gilt auch für Sie.«
Del sagte: »Okay, knöpfen wir uns Bee vor.«
Bee saß zusammen mit seinem Anwalt in einem Verhörzimmer. Lucas klopfte an die Tür, schob sie auf, steckte den Kopf durch den Spalt. »Ich wollte Sie nur wissen lassen … wir brauchen ein paar Informationen, und wir sollten uns mal unterhalten.«
»Da bin ich anderer Meinung«, blaffte der Anwalt. »Ihr Durchsuchungsbefehl ist nichts als ein Stück … Toilettenpapier.«
»Au contraire«, sagte Del geziert. »Dieses Papier ist ein Stück Goldfolie. Ihr Klient wird geradewegs ins Gefängnis wandern, noch ehe er mal pinkeln gehen kann.«
Bee sah irgendwie bekümmert aus. Er sagte: »Ich glaube nicht, dass ich tatsächlich ein ernstes Problem habe. Zum einen, es ist nicht mein Kokain, es gehört Connie. Aber sagen wir mal, ich wollte Connie helfen … Was würden Sie dann wissen wollen?«
»Wir versuchen rauszufinden, wer hinter Sandy Lansing steckt, der Frau, die zusammen mit Alie’e Maison ermordet wurde. Sie war Dealerin, aber nur in kleinem Umfang. Wir suchen nach den Leuten hinter ihr.«
Bee hob die Schultern. »Lassen Sie mich mit Ralph hier reden. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann, selbst wenn ich es wollte. Aber lassen Sie mich mal mit Ralph reden.«
»Okay, reden Sie mit Ralph«, sagte Lucas. Und zu Ralph: »Wie ich gehört habe, sind Sie wieder mal auf Biberjagd gegangen.«
Ralph grinste, sagte: »Schsch«, und Bee fragte kopfschüttelnd: »Was …?«
Ralph erklärte: »Ich habe ein Biberproblem oben bei meiner Ferienhütte.«
»Larry Connell sagte mir, er habe ungefähr im Abstand von jeweils einer Stunde gehört, wie ein großkalibriges Gewehr abgefeuert wurde«, sagte Lucas.
»Die Rotwildsaison steht bevor«, sagte der Anwalt. »Ich brauche Übung. Und was diese verdammten Biber angeht – wenn sie diesen Bach stauen, wird mein ganzes Grundstück überflutet. Verdammte Nager. Ich hasse sie fast so intensiv wie das Finanzamt.«
»Was für Biber?«, fragte Bee.
»Ich sag’s Ihnen später«, beruhigte ihn Lucas.
»Wisst ihr, was ihr dämlichen Scheißkerle gemacht habt?«, brach es plötzlich aus Bee heraus. »Ihr habt euch den einzigen Mann, der mit Sicherheit was zu der Frage weiß, gegriffen und in den Knast gesteckt. Aber er hasst euch wie die Pest, und er wird niemals mit euch reden.«
Del sagte: »Was?«, und er und Lucas sahen sich an, und dann sagten beide gleichzeitig: »Rashid Al-Balah.«
Draußen sagte Lucas: »Wir müssen rausfinden, wo dieses große Pokerspiel stattfindet. Wenn Trick irgendwo hingeht, dann dorthin.«
»Gib mir zwei Stunden«, sagte Del. »Gehst du zurück ins Krankenhaus?«
»Ja.«
»Schalt dein Mobiltelefon ein.«
»Okay«
»Nein, so nicht … Ich will sehen, dass du es machst.«
Lucas nahm sein Handy heraus und schaltete es ein. Del zog seines aus der Tasche, gab eine vorprogrammierte Kurzwahlnummer ein, und Lucas’ Handy läutete. »Zufrieden?«, fragte Lucas.
»Lass es um Himmels willen eingeschaltet«, sagte Del. »Ich möchte nicht in die Verlegenheit geraten, ganz allein die Tür zu einem elitär besetzten Pokerspiel eintreten zu müssen.«
Lucas ging durch die Unterführung zum Bezirks Verwaltungsgebäude und nahm den Aufzug hoch zum Bürotrakt des County-Staatsanwalts. Randall Towson hatte eine Besprechung. Lucas ließ ihn rausholen, in den Flur.
»Was ist los?«, fragte Towson. Er hielt einen Computerausdruck in der Hand, der nach Finanzunterlagen aussah.
»Haben Sie schon mit Al-Balahs Anwalt gesprochen und ihm gesagt, dass Del auf einen sehr lebendigen Trick Bentoin gestoßen ist?«, fragte Lucas.
»Noch nicht, aber ich kann es ja wohl nicht noch länger hinauszögern«, antwortete Towson.
»Könnten Sie ihn nicht gleich anrufen?«, fragte Lucas. »Und ihm sagen,
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