Nachtblind
Laut der Überraschung aus, hakte die Daumen in seinen Gürtel und sah sich im Zimmer um, als wollte er sich die Szene gut einprägen. »Dann ist es Ihr Bier«, und es klang, als ob die Morde Lucas’ Werk wären. »Ein wirrer Scheißdreck …« Er sah seinen jungen Partner an: »Los, mach den Anruf.«
Lucas sagte: »Mir ist gerade was eingefallen. Ich brauche … Lynn Olsons Brieftasche.«
»Mann, das geht nicht …«, sagte der ältere Cop. An Tatorten sollte man nichts anfassen.
»Ich weiß, eigentlich nicht, aber ich brauche sie.« Lucas schaute sich um, sah einen in einen Eisbehälter gestopften Plastikbeutel, holte ihn raus und ging zu Olsons Leiche. Er sah die Ausbeulung der Brieftasche in der Gesäßtasche, hob vorsichtig die Klappe der Tasche hoch, ergriff die Brieftasche mit dem über die Finger gestülpten Beutel und zog sie heraus. Die Brieftasche steckte jetzt im Beutel, und Lucas klappte sie auf, was trotz der Plastikumhüllung keine Schwierigkeiten machte, fand den Führerschein im Kreditkartenfach und zog ihn mit spitzen Fingern heraus.
»Machen Sie einen Anruf«, sagte er zu dem älteren Cop. »Fragen Sie nach den Fahrzeugen, die auf den Namen Lynn Olson, wohnhaft in Burnt River, Führerscheinnummer DOB 2-23-44, registriert sind.«
Die Antwort kam nach einer knappen Minute. Olson hatte drei Wagen: einen neuen dunkelblauen Volvo, einen zwei Jahre alten Ford Explorer und einen grünen 1968er Pontiac GTO.
»Sie beide bleiben hier«, sagte Lucas zu den Cops. »Wir müssen uns mal Olsons Wagen auf dem Parkplatz ansehen.«
Auf dem Weg die Treppe hinunter sagte Del: »Marcy kommt durch.«
Lucas sah ihn an. »Woher willst du das wissen? Du hast doch nicht mit dem Krankenhaus gesprochen, oder?«
»Nein, Mann. Du hast mich mit deinem bösen Gefühl vorhin ziemlich beunruhigt, denn du hast ja manchmal so komische Vorahnungen. Aber das Gefühl hat sich auf das hier bezogen. Du hast eine Vorahnung von dem hier gehabt.«
»Del, du hast doch nicht etwa zu viel Shit geraucht?«
»Wart’s mal ab. Marcy kommt durch.« Er wirkte plötzlich ein wenig fröhlicher.
Sie fanden den blauen Volvo der Olsons innerhalb einer Minute. Der Wagen war dem von Tom Olson ähnlich, nur zehn Jahre jünger. Lucas ging zur Beifahrerseite, quetschte sich zwischen dem Volvo und einem roten Chevy Camaro hindurch. Er sah das Einschussloch, noch bevor er die Tür erreichte. Dann bückte er sich und ließ die Finger darüber gleiten. Kein Zweifel – es war das Einschussloch einer Handfeuerwaffe.
»Olympiareifes Schießen«, sagte Del, kniete sich in dem en gen Zwischenraum hin und sah sich das Loch an. Lucas schaute zum Motel hinüber, wo drei Streifenwagen um die Ecke kamen, einer hinter dem anderen, wie bei einer Polizeiparade.
»Ich rufe wohl besser Rose Marie an«, sagte er. »Aber ich habe mein Handy im Wagen gelassen.«
Del gab ihm sein Mobiltelefon, und er tippte Rose Maries Nummer ein. »Hier ist Lucas«, meldete er sich. »Wie geht’s Marcy?«
Lucas hörte zu, während Del ihn anstarrte. Lucas nahm das Telefon vom Ohr und sagte: »Sie ist noch im Operationssaal.«
»Sie ist okay«, sagte Del, klang jetzt aber wieder verunsichert.
Und Lucas sagte zu Rose Marie: »Okay … Bei uns hier hat sich eine neue Entwicklung in der Sache ergeben …«
16
Während Del beim Wagen der Olsons blieb, führte Lucas die eingetroffenen Bloomington-Cops die Treppe hinauf zum Zimmer der Olsons, und dort verstieß er ein weiteres Mal gegen die Vorschriften für das Verhalten an einem Tatort. Diesmal nahm er, unter dem Protest der Cops, Olsons Wagenschlüssel von einer Kommode.
»Die Schlüssel sind doch völlig bedeutungslos für die Spurensuche«, erklärte er ihnen. »Man kann nichts daraus ableiten … Aber wir müssen einen Blick in den Kofferraum werfen.«
»Ja, aber …«, sagte der Sergeant verunsichert. Dieses Vorgehen stand im Widerspruch zu allem, was er bei der Ausbildung gelernt hatte.
»Hören Sie, das geht in Ordnung«, sagte Lucas. »Ich übernehme die Verantwortung. Ich würde es aber begrüßen, wenn Sie mit runterkämen und dabei wären, wenn wir den Wagen öffnen.«
Der Sergeant war einverstanden. Lucas schloss den Kofferraum auf, fand aber nichts als die üblichen Reiseutensilien – eine Kameratasche, einen halb gefüllten Müllbeutel, zwei Golfschläger nebst einigen Golfbällen, eine geöffnete Schachtel mit Müllbeuteln, eine leere Kühltasche und, unter einer roten
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