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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Versprechen und fragte: »Aber warum? Welchen Grund könnten sie haben, Ihnen etwas zu verheimlichen?… Schon gut, fahren Sie nur fort.«
    »Das ist alles, was ich erfahren habe.«
    »Nun, ich nehme an, was Ihnen Kopfzerbrechen macht, ist das, was Sie nicht erfahren haben.«
    »Es fällt schwer zu glauben, daß der Vater, zumindest in ihrer Vorstellung, kein Wiener war, sondern Italiener, und natürlich katholisch.«
    Der Staatsanwalt preßte die Lippen über dem Zigarillo in seinem Mundwinkel zusammen und wartete. Dann zündete er es an. »Seit dem Mittagessen habe ich durchgehalten.«
    »Das muß hart sein.«
    »Haben Sie nie geraucht?«
    »Nein. Aber ich habe versucht, Diät zu halten.«
    »Das ist sicher noch schlimmer. Keine Möglichkeit, den ›Anfechtungen der Sünde‹, wie die guten Schwestern, die Sie heute besucht haben, es ausdrücken würden, aus dem Weg zu gehen.« Er lächelte. »Solange ich mit Kindern arbeitete, hatte ich mich schon daran gewöhnt, ohne meine Zigarillos auszukommen. Aber jetzt werde ich rückfällig.«
    Er war auch ebenso geduldig mit ihm, dachte der Maresciallo, wie vermutlich seinerzeit mit den Kindern; tat wohl nur so, als versuche er die schwankenden Aktenstöße auf seinem Schreibtisch zu ordnen… nein, er fahndete nach einem Aschenbecher… »Da auf dem Stapel Papier steht einer, auf dem Fußboden.«
    »Oh, danke…«
    Er gab sich einen Ruck: »Die Schwester sagte, sie hätte mir die Fakten genannt, und ich glaube ihr. Dann war da noch die Schenkung… Das Geld muß von irgendwoher gekommen sein… Auch da gab sie mir die Fakten. Der Rest ist nur…«
    »Vermutungen?«
    »Wahrscheinlich, ja. Also, man erkennt ja immer erst im nachhinein, ob es sich bloß um Vermutungen handelt, oder ob wirklich etwas dahintersteckt. Tut mir leid, ich weiß, das hört sich alles recht verworren an.«
    »Aber durchaus nicht, Maresciallo! Obwohl ich gestehen muß, daß ich mir nicht vorstellen kann, wie sie es angestellt haben soll, unter der Obhut der Freunde ihrer Eltern und noch dazu in jenen alles andere als freizügigen Zeiten gerade dieser ›Anfechtung der Sünde‹ zu erliegen. Aber schauen wir uns doch mal an, was die Klinik mir an Informationen liefern konnte. Ich habe Sara Hirschs Krankenakte hier, doch ich will versuchen, Ihnen eine Kurzfassung zu geben: Wie es scheint, wurde sie vor sieben Jahren auf eigenen Wunsch in Santa Maria Novella aufgenommen, als sie nach dem Tod ihrer Mutter so verzweifelt war, daß sie mit dem Leben nicht mehr zurechtkam. Sie fürchtete, den Verstand zu verlieren. Da Depressionen und Erschöpfungszustände oft auf eine unerkannte Krankheit zurückzuführen sind, hat man sie in der Klinik zunächst einmal gründlich durchgecheckt. Dabei wurde eine Angina diagnostiziert. Da sie etwas Übergewicht hatte, empfahl man ihr außerdem eine Diät. Übrigens ist ihre Mutter im selben Krankenhaus gestorben, auf der Intensivstation, nach einem Herzanfall. Sara wurde auch von einer Psychologin untersucht, darüber liegt ein eigener Bericht vor… etwas lang geraten… Darin heißt es, sie habe sich erst sieben Monate nach Ausbruch der Depression, die wiederum einige Monate nach dem Tod der Mutter begann, in Behandlung begeben. Die erste Verzögerung scheint die Ärztin mehr verwundert zu haben als die zweite – viele Menschen scheuen den Gang zum Psychiater –, aber eine befriedigende Erklärung scheint sie nicht gefunden zu haben. Sie schreibt, die Patientin sei bei den Sitzungen sehr verängstigt gewesen und habe sich jedesmal sehr aufgeregt, wenn man sie nach ihrem Alltag befragte, nach Zukunftsperspektiven, Kontakten zu anderen Menschen und so weiter. Der Gesamteindruck war der einer völlig isoliert lebenden Person, die, abgesehen von ihrer Mutter, offenbar keinerlei engere Beziehungen hatte.«
    »Von einem Bruder war nicht die Rede?« fragte der Maresciallo.
    »O doch. Offenbar erwähnte sie ihn in jedem zweiten Satz, aber anscheinend konnte oder wollte sie nichts Genaueres über ihn sagen. Das war so auffällig, daß die Ärztin vermerkte, sie habe Zweifel an der Existenz dieses Bruders. Nach meiner Erfahrung kommt es zwar bei einsamen Kindern häufig vor, daß sie sich Geschwister ausdenken, aber bei Erwachsenen habe ich noch nie von so einem Fall gehört. Sie etwa?«
    »Nein, nein… Allerdings hatte sie kein Foto von einem Bruder, nur das von Vater und Mutter. Sagt jedenfalls die kleine Rossi. Könnte natürlich sein, daß sie auch eins von dem Bruder

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