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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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ist doch lächerlich!«
    Der Maresciallo sah ihn durchdringend an. Rinaldi tat sein Bestes, um sich zu behaupten, aber er war ein bißchen blaß um die Nase. »Vielleicht sollten Sie sich lieber setzen? Besser noch, Sie rufen erst mal Ihren Anwalt an, und dann setzen wir uns beide. Es könnte eine ganze Weile dauern, bis alles geregelt ist.«
    Es dauerte fast den ganzen Tag. Rinaldi wurde nach Borgognissanti ins Präsidium gebracht, und sowie man ihn abgeholt hatte, konnte der Maresciallo aufbrechen, um sich seinen Leuten anzuschließen, die dem Lieferwagen in einem Zivilfahrzeug folgten. Als er sie einholte, parkten sie an einer Landstraße auf einer Anhöhe, von der nach rechts hin ein steiniger Weg ins Tal hinunterführte.
    »Es ist eine Sackgasse«, sagte Lorenzini und zeigte auf das an einen Baum genagelte Schild. »Ich glaube nicht, daß sie viel weiter gefahren sind als bis zu der Biegung dort unten, am Ende des Weinbergs. Wir konnten von hier aus hören, wie sie angehalten haben. Ach ja, die Verstärkung ist schon unterwegs.«
    »Wir werden womöglich das ganze Gelände durchkämmen müssen – es sei denn, wir hätten Glück und…« Der Maresciallo schickte den jungen Carabiniere, der Lorenzini gefahren hatte, zu einer Villa auf der anderen Straßenseite. »Erkundigen Sie sich, ob’s hier irgendwo eine Müllkippe gibt oder einen Platz, wo die Leute unerlaubt ihren Abfall deponieren. Das könnte uns Zeit sparen.« Und an Lorenzini gewandt: »Haben Sie der Verstärkung gesagt, daß sie sich unauffällig verhalten soll?«
    »Ja.«
    »Gut.« Es gab Zeiten, da mußte man mit Blaulicht und heulenden Sirenen angerast kommen, in einem Tempo, daß der Kies nach allen Seiten stob. Und es gab Zeiten, wo das nicht angebracht war. Sobald der Wagen des Verstärkungsteams neben dem seinen parkte und beide den Zugang zu dem Seitensträßchen blockierten, stieg der Maresciallo zu Lorenzini in das Zivilfahrzeug, und dann fuhren sie fast geräuschlos bis hinunter zum Ende des Weinbergs. Es fing an zu regnen. Rechts und links von ihnen wippten die großen Weinblätter unter den Tropfen, die auf sie niedergingen. Aber bis sie die Kehre umrundet hatten, die der Weg vor einem Bauernhaus nahm, hatte es schon wieder aufgehört. Als sie ausstiegen, konnte man den Regen noch riechen, und der Staub auf dem Weg hatte sich gesetzt. In der Nähe hörte man dumpfes Donnergrollen.
    Vor ihnen stand eins der wenigen Bauernhäuser der Gegend, die noch nicht von Städtern aufgekauft und mit schmiedeeisernen Miniaturlaternen und unechten Terrakottafliesen zuschanden renoviert worden waren. Dieses hier war jahrhundertelang unverändert geblieben. Es war aus Naturstein erbaut und hatte einen Taubenschlag auf dem Dach. Unter dem Torbogen vor dem Haus hingen Knoblauchzöpfe, Kräuterbüschel und Maiskolben für die Hühner, die in seinem Schatten pickten. Eine alte Frau, die Hühnerfutter aus einem Ölfaß schöpfte, sah auf und blickte ihnen entgegen. Sie trug einen dünnen, geblümten Kittel, der über der Brust von einer großen Sicherheitsnadel zusammengehalten wurde, und billige Plastikschuhe. Als sie auf sie zugingen, schoß zu ihrer Rechten ein bellender Hund aus seiner Hütte, machte aber kurz vor ihnen mit einem frustrierten Jaulen halt, sowie er das Ende seiner Kette erreichte.
    »Was gibt’s?« Die Alte sah zu ihnen hoch, aber ihr verkrümmter Rücken erlaubte ihr nicht, sich aufzurichten.
    »Wir suchen nach…« Der Maresciallo las die Namen der beiden Träger aus seinem Notizbuch ab: »Giusti, Gianfranco und Falaschi, Piero.«
    Die Alte deutete mit einer Kopfbewegung auf die Haustür. »Die sind drin.«
    Sie zeigte weder Überraschung noch Neugier, was für sich selbst sprach.
    Die beiden gingen hinein. Der Maresciallo nahm die Sonnenbrille ab und spähte blinzelnd in den dämmrigen Raum. Es war niemand da. Aber gleich darauf hörten sie, wie hinter dem Haus der kleine Lieferwagen ansprang und laut scheppernd davontuckerte.
    »Gut«, murmelte der Maresciallo. »Dann sehen wir uns mal um.« Er wandte sich nach draußen und rief der Alten zu: »Signora? Haben Sie was dagegen, wenn wir uns ein bißchen umschauen? Wir rühren auch nichts an.«
    Sie zuckte die Achseln und verstreute das restliche Hühnerfutter, bevor sie einen Korb zur Hand nahm und davonschlurfte, um die Eier einzusammeln.
    Die beiden ließen den Blick durch die geräumige Küche schweifen.
    »Ich glaube nicht«, sagte Lorenzini, »daß die hier was versteckt haben.

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