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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Toilette und Waschgelegenheit hinaus, aber wenn Rinaldi dort war, warum hatte er dann zugesperrt? Außerdem bekommt man es eigentlich instinktiv mit, wenn in einem leeren Raum ein Telefon klingelt oder die Türglocke anschlägt. Der Maresciallo warf einen Blick auf den dreirädrigen Lieferwagen, der halb auf dem Bürgersteig parkte, und notierte sich die Nummer. Dann wandte er sich wieder den Namen auf den Klingelschildern zu. Sein Finger zögerte über ›Rinaldi‹ im ersten Stock, dann über dem Namen ›Rossi‹. Wären die Dinge im Lot gewesen, hätte er Linda Rossi gebeten, ihm die Haustür zu öffnen, so daß er Rinaldi hätte überraschen können. Denn so sicher er war, daß Rinaldi sich nicht in seinem Laden aufhielt, genauso sicher war er, daß er ihn oben in der Wohnung antreffen würde. Aber die Dinge waren nicht im Lot.
    Die Haustür öffnete sich, und heraus trat Linda Rossi mit einem Plastikmüllsack.
    »Ach, Maresciallo, ich bin ja so froh, daß Sie kommen! Warum haben Sie mich gestern abend nicht zurückgerufen? Ich dachte… eben hab ich’s noch mal versucht, aber da hieß es, Sie seien außer Haus. Sie sind mir doch hoffentlich nicht allzu böse? Sie ist schließlich noch ein Kind, und sie hat sich halt so geängstigt nach dem Tod von Signora Hirsch.«
    »Ja. Ja, das ist ganz verständlich.«
    »Und eigentlich war’s ja auch nicht der Rede wert.«
    »Nicht der Rede wert…«
    »Eine kindliche Dummheit… aber wollen Sie nicht hereinkommen?«
    »Ich muß mit Signor Rinaldi sprechen…« Er war bestimmt im Haus!
    Sichtlich verlegen, plapperte Linda Rossi weiter. »Ja, dann will ich Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Wie gesagt, eine kindliche Dummheit. Signora Hirsch ging hinunter, um ein paar Lebensmittel einzukaufen, und derweil kramte Lisa in ihrer Kommode, probierte ein paar Schmuckstücke an, stöberte nach geheimen Schätzen. Ich glaube, es war wegen des Safes, daß sie sich einbildete, in der Wohnung gäbe es Diebstahlsicherungen, versteckte Kameras und weiß Gott was. Jedenfalls dachte Lisa, Sie hätten es herausbekommen, und das machte ihr Angst, vor allem nach dem Tod der Signora… Sehen Sie, als Sie sie fragten, ob sie irgendwo eine Schublade aufgemacht hätte, da glaubte sie, sie habe ein Verbrechen begangen. Ich konnte sagen, was ich wollte, sie war nicht davon abzubringen. Sie wird sich nicht wieder beruhigen, bis Sie ihr persönlich…«
    »Ich rede mit ihr, sobald ich Rinaldi gesprochen habe.«
    »Ich muß zum Einkaufen nach Santo Spirito, auf den Markt. Dauert höchstens eine halbe Stunde, aber läuten Sie einfach. Lisa ist da. Ich wäre Ihnen so dankbar.«
    »Seien Sie unbesorgt…« Er strebte vorwärts, den Blick schon hinaufgerichtet zum ersten Stock. »Ich rede mit ihr …« Er ging die Treppe hoch. Auf dem ersten Flur hörte er erregte Stimmen hinter der geschlossenen Wohnungstür. Er wartete, hatte es nicht eilig, die Kontrahenten drinnen zu unterbrechen. Zumal er auch von draußen genug mitbekam, ohne besonders die Ohren spitzen zu müssen. Nicht nur, weil die wütenden Stimmen laut genug waren, sondern weil er den Grund für den Streit verstand, auch ohne sich um die daraus resultierenden Beschimpfungen zu kümmern, die als Beweismittel ohnehin nicht taugten. Die Stimmen näherten sich der Tür.
    »Nicht eine Lira mehr!«
    »Sie können es sich gar nicht leisten, hier die Bedingungen zu diktieren!«
    »Ha, und ob ich das kann! Und ob!«
    »Wir haben getan, was Sie von uns verlangt haben. Jetzt zahlen Sie gefälligst.«
    »Wofür? Wofür?«
    »Es ist nicht unsere Schuld! Wir haben getan, was Sie verlangt haben.«
    »Habe ich gesagt, daß sie dabei drauf gehen soll?«
    »Vielleicht nicht, aber es ist Ihnen doch ganz recht so, oder?«
    »Bist du völlig übergeschnappt? Wie kann es mir recht sein, die Mordkommission auf dem Hals zu haben? Ihr solltet mich bezahlen für den Scheiß, den ihr angerichtet habt – noch dazu ganz für die Katz.«
    »Und das ganze Zeug, das wir rausgeschafft haben? Was ist damit?«
    »Was denn für Zeug? Und wo, bitte schön, ist es denn? Wo sind eure Beweise? Wenn ich euch einen Rat geben darf: Nehmt den Umschlag und verschwindet, bevor die euch auf die Schliche kommen!«
    Jetzt meldete sich eine dritte Stimme, nicht so laut und weit weniger selbstbewußt: »Wenn das passiert, dann sind Sie mit dran.«
    »O nein, ganz bestimmt nicht! Und dessen bin ich mir so sicher, daß ich meinem Freund, dem Staatsanwalt, mit Freuden einen Tip, euch

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