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Nachtbrenner

Nachtbrenner

Titel: Nachtbrenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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auch nicht.«
    Ist hier in seinem Revier, zwischen all dem Plunder. Was soll’s. Hab’ noch nie bereut, auf meinen Partner gehört zu haben. Heb’ im Gehen eins von den kaputten Bildern auf, irgendeine Urkunde von der NASA. Professor Jonathan Calvin Potter – Genie oder größenwahnsinniger Spinner? Schalten Sie die Spätnachrichten auf Kanal 11 ein.
    Fahren in Chans Bude. Chinatown, Touristenfallen und verwinkelte Einbahnstraßen, Sackgassen, Geheimgänge. Registriert ist mein Partner bei »Chan Antiques«; Inhaber ist einer von seinen vielen Verwandten. Ich dürfte wohl der einzige Außenseiter sein, der Howies richtige Adresse kennt.
    Das Cab hält vor dem Laden, rotes Schnitzwerk und grinsende Specksteinbuddhas. Onkel Chan bleibt unsichtbar, jeder geht hier seinen ganz speziellen Geschäften nach, wie schon immer in Chinatown. Knarrende Treppen, rostige Feuerleitern, wir sind auf dem Weg über glühend heiße Dächer und durch staubige Kellergänge.
    Chans Bude, ein Museum, ein modernes Rechenzentrum zwischen gradlehnigen Stühlen, kostbaren Wandteppichen, legaler und illegaler Soft- und Hardware. Auf einem Lacktischchen ein Brettspiel mit kunstvoll geschnitzten Figuren, auch ein Hobby von meinem Spürhund.
    Frag’ wie jedes Mal, warum er immer pleite ist, braucht doch nur was von dem Zeugs hier zu verkaufen. Tradition verkauft man nicht, seine stets gleiche Antwort.
    »Außerdem, bei dir hab’ ich doch immer Kredit«, meint er selbstsicher und grinst. »Gib mir mal die Diskette.«
    Ich hol’ mir ’n kaltes Bier, während Chan vor seinem PC sitzt. Plötzlich hör’ ich ihn kichern. Bin schon hinter ihm und seh’ über seine Schulter auf den Monitor.

mutter gans macht sich heut fein – heute gibt es gänseklein – mit dem lieben hänschenklein –

    »Verdammt, was soll das bedeuten, Chan, ein Geheimcode?«
    »Keine Ahnung.« Er sieht ratlos aus. »Aber ich krieg’s noch raus.«
    Chan denkt, kombiniert, hat keinen Blick für meine Frustration. Schwitzt nicht einmal, fühlt sich wohl bei dreiundvierzig Grad. Prämienfall für Mutter Gans, verdammt, verdammt.
    »Geh und nimm ’ne Dusche, Donovan.« Sagt’s, ohne aufzusehen.
    »Mal wieder illegal das Netz angezapft?«
    Chan schweigt, hintergründig, asiatisch. Haben ihre Quellen und Schleichwege, diese Chinesen. Doch wer stellt schon Fragen bei Hitzewelle seit elf Wochen mit rationiertem Brauch- und Trinkwasser?
    Mit nassen Haaren, genieße jeden Tropfen, der mir über den Rücken läuft, hol’ mir die nächste Dose Bier. Chan und Mutter Gans.
    »Wie läuft’s jetzt?«
    »Schlecht.« Lehnt sich zurück und beobachtet den Monitor. »Hab’ Mutter Gans zum Spacecraft-Großrechner rübergeschoben, mal abwarten, was rauskommt.«
    Das kleine Buch mit Ledereinband – vielleicht. Ich blättre planlos die engbeschriebenen Seiten um. Verabredungen zum Essen, Treffen mit verschiedenen Personen und und und.
    »Was ist Schach?«
    Chan sieht auf, ziemlich entnervt, deutet auf sein Brettspiel: »Strategie.« Plötzlich stutzt er: »Wie kommst du gerade jetzt auf Schach?«
    »Steht hier in dem Notizbuch. ›Bei Abel vorbeischauen, mit ihm über neues Schachprogramm sprechen‹.«
    »Schach, hm? Vergessen wir Mutter Gans. Was steht noch drin?«
    »Hier, das klingt interessant: ›DWNTN-HQ, Charlie von schwarzem Cadillac erzählen.‹ Wer, verdammt, ist Charlie? Sieht aus, als hätte der alte Mann in ziemlichen Schwierigkeiten gesteckt.«
    »Noch was?«
    »Ich fürchte, ja. Nur zwei Worte: ›Spacecraft absagen.‹«
    Der Fall schafft mich. Strategiespiele, die niemand mehr spielt, außer einer Handvoll Oldtimer und Freaks, Spacecraft und schwarze, hologestylte Killercars, wie passt das alles zusammen? Puzzle unsere Infos zusammen, kann nicht sagen, dass mir das Ergebnis besonders gefällt.
    Da haben wir: Spacecraft, haben seit Jahren das Monopol in der Raumfahrt. Riesen-Werbeetat, Kolonisten, wie Frierfleisch zum Centaurus in Spacecraftschiffen. Haben Milliarden in die Entwicklung des neuen Russel/Hawkins-Antriebs investiert – Lichtjahre von Lichtgeschwindigkeit entfernt. Doch ohne die passende Software läuft auch bei dem RH-Drive überhaupt nichts, und daran würgt Spacecrafts Forschungsabteilung schon seit Jahren. Da schneit Professor J. C. Potter bei den Typen rein, sagt, er hat ihn, und liefert die Software gleich mit, nennt sie ›Selfmodsystorays‹. Eine geniale Verbindung von Soft- und Hardware auf Biochips, für Millionen parallel laufender CPUs.

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