Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
Hände in die Hüften, eine Geste, die kämpferisch wirken soll – wenn man aber keine wirklichen Hüften hat, wird’s schwierig. „Du warst nur ein Spielzeug, denn er wird mich heiraten, wenn wir in London sind.“
Beinahe muss ich losprusten vor Lachen. „Er wird dich heiraten?“ Ich kann die Schlagzeilen schon sehen: Höret! Höret! Seine Lordschaft Benjamin bla bla heiratet … Loren! Klar, das kommt ja alle Tage vor.
„ Allerdings.“ Ein Blick in ihren Kopf zeigt mir, dass sie ehrlich davon überzeugt ist.
„ Dann wünsche ich dir viel Glück.“ Das ist die beste und auch einzige Erwiderung, die mir in diesem Moment passend erscheint. Außerdem ist damit hoffentlich alles gesagt und ich kann endlich meinen Termin wahrnehmen.
„ Du glaubst mir wohl nicht?“ Ein winziger Funke Überlegenheit hat sich in ihren Ton geschlichen. Sie glaubt also, noch einen Trumpf in der Hand zu haben.
Ich zucke mit den Achseln. „Nein. Es ist mir egal.“
Klirr! Da brach wohl gerade eine Welt von der Stabilität einer Sandburg zusammen.
„ Das glaube ich dir nicht!“
„ Schön, dann lässt du es eben bleiben.“
„ Ich habe einen Ring“, giftet sie. Demonstrativ hält sie mir ihre Hand hin – ohne Ring.
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Und das soll mich jetzt beeindrucken?“
Sie bemerkt ihren Fehler und fummelt in ihrer Hosentasche herum. Dabei versucht sie weiter, mich in diesem unnützen Gespräch festzuhalten. „Es beweist, dass er mir gehört“, beharrt sie. Ich seufze und schiebe sie beiseite, denn das wird mir hier einfach zu blöd. „Wie schon gesagt, das ist schön für dich. Ich denke, er sieht das alles ein wenig anders. Aber von mir aus, werde glücklich mit ihm.“
Entschlossen mache ich einen Schritt die Treppe hinunter.
„ Das kann ich aber jetzt nicht mehr“, kreischt sie auf. „Und du bist schuld.“
„ Aha“, gebe ich nur knapp zurück und sehe keinen Grund, meinen Weg die Treppe hinunter nicht weiter fortzusetzen.
Wie von einer Tarantel gestochen flitzt sie die Treppe hinunter, an mir vorbei, und stiert mich vom Mittelabsatz aus an. „Du bist der Grund dafür, dass ich nicht glücklich werden kann. Das vergesse ich dir nie!“ Ah ja, gut das zu wissen.
„ Kommt aus deinem Munde irgendwann noch einmal etwas Konstruktives?“ Genervt und langsam auch sprungbereit gehe ich Schritt für Schritt die Treppe hinunter. Wie ein Racheengel, der mit gespreizten Schwingen auf sein Opfer zuschreitet.
Spontan schicke ich ihr dieses Bild und sie kreischt auf. „Hör auf damit.“
Ein unschuldiges Lächeln folgt. „Womit?“
„ Diese Bilder in meinen Kopf zu pflanzen.“
Ähm … Woher weiß sie das denn jetzt? Innerlich etwas verunsichert, doch äußerlich überlegen trete ich auf sie zu. „Weißt du was, ich glaube, die Seeluft bekommt dir nicht. Soll ich den Doktor rufen?“
Sie setzt einen hochmütigen Gesichtsausdruck auf und entrüstet sich: „Nein danke. Von dir nehme ich keine Gefälligkeiten mehr an.“
Ähm, ja … kein weiterer Kommentar. Wo sind eigentlich all die tausend Passagiere, wenn man mal einen davon braucht?
„ Nichts mehr annehmen ist eine Folgehandlung“, erkläre ich spitzfindig. „Sie setzt voraus, dass man bereits etwas angenommen hat. Lernt ihr denn heutzutage gar nichts mehr in der Schule?“
Sie kann mir anscheinend nicht folgen und lenkt daher auf einen Gedanken ab, den sie scheinbar innerlich formuliert hat: „Du bist böse – du hast Ben verdorben.“
Jetzt muss ich aber doch lachen. „ Ich habe Ben verdorben?“
Sie nickt bestimmend, doch ich kann mich nicht mehr halten.
„ Schätzchen, da war nichts mehr zu verderben. Nimm die rosa Brille ab. Der Mann hat nur Sex im Kopf!“
Sie nickt unwillkürlich. „Stimmt, aber vorher war der Sex sauber.“
Ich verschlucke mich fast an dem in mir aufkommendem Lachen. „ Sauber ?“
„ Ja, jetzt will er so komische Dinge – Dinge, die eklig sind. Das hat er alles von dir.“
Sie sammelt sich kurz und ihre Augen schleudern Blitze in meine Richtung. „Er hat mich sogar Christa genannt, als er … als er…“ Ihre Stimme bricht leicht, aber dafür entsteht ein Bild in ihrem Kopf. Es zeigt mir genau das, was ich vermutet habe. „Er hat gesagt, ich würde niemals so gut wie du sein und dass ich langweilig bin, weil ich ihm nichts bieten kann.“ Eine kleine Träne rinnt über ihre Wange und sie wischt sie schnell davon. „Tu was!“, fleht sie mich an. „Mach, dass es wieder so ist wie
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