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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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Die naive Kleine. Kopfschüttelnd denke ich an ihr Verhalten gegenüber Mr. Morgan – dem Mann, der mir noch am ehesten eine Gänsehaut über den Rücken laufen lässt. Dieses Verhalten werde ich wohl nie verstehen. Der Mann ist alt genug um zu wissen was er tut. Doch halt. Habe ich nicht auch versucht Ben zu schützen, indem ich abgestritten habe, dass er mir Drogen gegeben hat?
    Einen Moment denke ich darüber nach und stelle dann fest, dass dies eine vernünftige, situationsbedingte Entscheidung war. Außerdem galt es mich zu schützen und nicht ihn. Das waren meine Worte: „Er hat mir ebenfalls welche angeboten. Ich habe aber abgelehnt.“ Aber warum fühle ich mich dann so merkwürdig? Alex’ Blick fällt mir wieder ein, als er dachte, ich hätte tatsächlich mit Ben geschlafen – und danach dann ihn geküsst. Ganz so, als würde ich von einem Bett ins nächste springen, ohne Rücksicht auf Verluste.
    Zugegeben, ich bin nicht die Moral in Person und auch nicht die Tugend, aber einen gewissen Stil habe ich dennoch. Eigentlich hätte Alex das doch wissen können … müssen? Womit wir wieder beim gegenseitigen Exklusivrecht wären, das wir beide so vehement ablehnen. Aber warum hat er dann die Papiere der Reederei für mich geprüft oder war so schockiert über Bens Worte.
    Ich meine, dass er mit Fay in einer Kabine wohnt ist ja auch nicht von der Hand zu weisen; aber wahrscheinlich ist das etwas ganz anderes . Und doch … Etwas lag in seinen Augen, das ich nicht erkennen, geschweige denn deuten konnte. Leise seufze ich. Was ist nur los mit mir?
    Um mich abzulenken werfe ich einen Blick auf meine Uhr. Es ist kurz vor 20 Uhr und ich mache mich auf den Weg zu meinem Treffpunkt mit Cindy. Da dieser auf Deck 8 liegt und ich noch Zeit habe, beschließe ich die Treppe zu nehmen. Außerdem kann ich mir dann noch einen Block nebst Stift besorgen, um eine Liste zu machen, welche Informationen mir gerade ganz dringend für meinen Aufenthalt auf dem Kontinent fehlen. Sie ist praktisch und schafft Struktur – oder so.
     
    Weit komme ich jedoch nicht, denn am Ende des Ganges, praktisch am oberen Absatz der Treppe, tritt mir unvermittelt Loren in den Weg.
    … Poch, poch, poch … da meldet sich doch gleich der Kopfschmerz wieder. Hoppla! Was ist denn aus der geworden? Ihr süßes Barbie-Zuckergesicht zeigt tiefe Furchen und ihre Schminke ist verwischt. Hat sie geweint? Ich grinse böse: Und da heißt es doch immer, wahre Schönheit verunstaltet nichts! Ich tue für einen Moment so, als hätte ich sie nicht gesehen, aber damit komme ich wohl nicht durch. Also schön: Etwa zwei Meter vor ihr innehaltend mustere ich sie auffordernd und warte.
    Sie reagiert nicht auf mich, sondern steht einfach nur da. Huhu – jemand zu Hause?
    Nur mühsam beherrsche ich mich, sie nicht anzustupsen, um sicherzugehen, dass da nicht eine Salzsäule vor mir steht. Oder eine Wachsfigur. Was, wenn sie tatsächlich erstarrt ist und jetzt nach hinten die Treppe hinunterkippt, meldet sich das kleine Teufelchen auf meiner linken Schulter. Hallo, kleiner Freund. Wir grinsen uns beide innerlich an und er schickt mir das Bild der in circa 2.000 Stücke zerschellten Loren-Puppe am unteren Fuße der Treppe.
    Dazu eine kleine Putzkolonne, die den aufwirbelnden Staub einfängt und mit eigens dafür vorgesehenen Staubtüchern aufhebt. Nichts würde von ihr übrig bleiben als eine feine Schliere auf dem Boden – und ein vermisster Name auf der Passagierliste. Nun ja, irgendetwas ist ja immer. Das Teufelchen und ich freuen uns für einige Momente diabolisch über diese Möglichkeit, doch dann bringe ich es zum Schweigen. Noch ein tiefgründiges Gespräch mit Mr. Morgan verkrafte ich heute nicht.
    Der Blickkontakt zwischen Loren und mir ist nicht abgebrochen, auch wenn ich vermute, dass sie keine Ahnung von dem hat, was gerade hinter meiner Stirn abgelaufen ist. Wahrscheinlich denkt sie dasselbe über mich. Oder eine ihr passendere Fassung.
    Die Zeit ist dennoch nicht stehen geblieben und langsam wird mir dieses Spiel zu langweilig. Es ist ja nicht nur so, dass auch der Rest der illustren Runde jederzeit aus dem Poolhaus kommen könnte, nein, ich bin außerdem verabredet. Und nicht mit ihr. Eine Weile sehen wir uns noch schweigend an und ich zähle innerlich bis 20; dann mache ich einen Schritt zur Seite.
    Eigentlich will ich sie umrunden, um die Treppe nehmen zu können, aber sie reagiert sofort und ahmt meine Bewegung nach. Okay …
    Einen Schritt in die

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