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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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macht mich wahnsinnig! Es ist beinahe so, als sähe man etwas im Augenwinkel und kann es beim besten Willen nicht fokussieren, wie schnell man den Kopf auch dreht. Auch kann ich nicht klar ausmachen, aus welcher Richtung es eigentlich kommt.
    Für einen Moment sammele ich mich und lasse meine geistigen Barrieren langsam dünner werden. Es fühlt sich an, als würde man mir plötzlich und mit voller Wucht einen Vorschlaghammer über den Hinterkopf ziehen. Die Emotionen im Saal sind aufgeputscht und schlagen wie eine riesige Welle über mir zusammen. Langsam und schwankend kehre ich an den Tisch zurück. Dabei versuche ich der Welle Herr zu werden und sie mit aller Macht zurückzudrängen, um meine Mauern erneut hochziehen zu können.
    Es gelingt mir nicht ganz und so kehre ich mit brütenden Kopfschmerzen angeschlagen an unseren Tisch zurück.
    Clifford reagiert sofort, nachdem ich mich hingesetzt habe. „Sie sehen nicht gut aus, Miss Ashton. Wenn ich das mal so direkt sagen darf.“
    Ich schenke ihm ein halbherziges Grinsen. „So direkt hat mir das noch niemand gesagt.“
    Er macht eine entschuldigende Geste und Skyla dreht sich zu mir um.
    „ Ich muss leider auch sagen, dass Sie sehr blass sind. Sind Sie sicher, dass Ihnen nichts fehlt?“ Woher diese plötzliche Fürsorge kommt, kann ich nicht erklären, es soll mir aber auch egal sein.
    Alex reagiert sofort. „Soll ich dich zurück zur Kabine bringen?“ Durchdringend sieht er mich an. „Vielleicht ist dir etwas nicht bekommen.“
    Skyla schnaubt. „Also, an unserem Essen liegt es ganz sicher nicht.“ Sie fängt sich einen strafenden Blick ihres Bruders ein und verstummt. Ich lächele ihm dankbar zu und dann zurück in die Runde.
    „ Bitte entschuldigen Sie meinen Aufbruch, aber ich fühle mich tatsächlich nicht besonders wohl.“
    Dr. Hibbard legt die Stirn in Falten. „Aber nicht, dass es tatsächlich am Essen lag und wir jetzt alle krank werden.“
    Skyla reißt die Augen auf und ich kann förmlich riechen, dass sie schon wieder nur die Zahlen und den guten Namen der Reederei im Sinn hat.
    Mrs. Hibbard fasst nach der Hand ihres Mannes und beäugt misstrauisch die Reste ihres Kuchenstückes.
    Bevor sich jetzt ein Gerücht verselbstständigt, beeile ich mich zu sagen: „Nein, das Essen war ganz vorzüglich. Daran wird es sicher nicht liegen. Mir steckt vermutlich noch die Erinnerung an die vergangenen Tage in den Knochen.“ Dabei blicke ich den Kapitän direkt an.
    Skyla brennt beinahe darauf noch mehr zu erfahren, doch alle Eingeweihten schweigen einvernehmlich.
    Beruhigt lehnt Dr. Hibbard sich zurück. „Siehst du, Liebes.“ Besorgt tätschelt er die Hand seiner Frau.
    „ Ich wünsche Ihnen allen einen wunderschönen Abend“, beeile ich mich brav zu sagen, während Alex aufsteht und wir das Restaurant verlassen.
     

 
     
    59. Hexenjagd
     
    Da wir die Einzigen sind, die das Restaurant jetzt schon verlassen, spüre ich circa zwei Millionen Blicke auf mich gerichtet. Auch hat ein sonores Flüstern eingesetzt, welches das bisherige Schweigen abgelöst hat und unterschwellig einzelne Sätze ausspuckt. Durchweg alle sind besorgt und ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch lange ertrage.
    „ Du hast es gleich geschafft“, raunt Alex mir zu und mein Blick sucht den seinen. Dabei geht mir auf, dass ich an einem Tisch nur Berta, Heinrich und Melody sitzen sehe. Meinen unseligen Halbbruder kann ich nicht bei ihnen entdecken – und auch sein Platz ist vom Geschirr her unberührt. Melody sieht mich auf eine merkwürdige Art an und die Kopfschmerzen nehmen rapide zu.
    Ich klammere mich an Alex, der nun ernsthaft besorgt ist.
    „ Was ist los?“, erkundigt er sich, sowie wir das Restaurant verlassen und eine etwas abseits gelegenere Nische erreicht haben.
    „ Ich weiß es nicht genau. Es ist nur so ein Gefühl“, erkläre ich etwas hilflos.
    „ Hast du so etwas öfter?“ Er mustert mich aufmerksam.
    „ Ab und zu“, weiche ich aus und er rauft sich die Haare.
    „ Wann gedachtest du mir das zu sagen?“
    Was ist denn jetzt los?
    „ Wenn es notwendig ist, dass du es weißt“, gebe ich trotzig zurück.
    Er ist immer noch aufgebracht. „Entschuldige bitte. Es ist nur so … ungewohnt für mich. Ich fühle mich so merkwürdig.“
    „ Merkwürdig gut oder merkwürdig schlecht?“, erkundige ich mich.
    Er zuckt mit den Achseln. „Einfach merkwürdig.“
    Eine Weile stehen wir uns schweigend gegenüber, während in mir das Gefühl weiter wächst,

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