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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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dritte wirkt betäubt. Noch ein wenig weiter tastend stelle ich fest, dass es tatsächlich zwei Männer und eine junge Frau sind. Sharroll! Beinahe wäre mir ihr Name entwichen. Wenn sie es wirklich ist, dann sind die beiden Männer gefährlich. Wer würde schon eine bereits kranke junge Frau zusätzlich betäuben und aus dem Krankenflügel entführen? Wozu das alles? Mein mehr und mehr benebeltes Gehirn kann sich dieser Frage jetzt nicht stellen und so versuche ich mich auf meine direkte Umgebung zu konzentrieren.
    Das Dröhnen der Motoren ist hier sehr deutlich, ebenso wie der ständige Geruch nach Maschinenöl und Diesel. Neu ist eine feine Note von Metall und ungewaschenen Körpern dazugekommen. Die Motoren müssen wirklich sehr nahe sein, denn ich spüre, wie der Raum um mich herum permanent in schwingender Bewegung ist. Dazu geben die Geräusche von vielen kleinen Teilen ein ganz eigenes Konzert. Ein Teppich aus klingenden, schabenden und raschelnden Geräuschen ist allgegenwärtig, ebenso wie ein scharfes Zischen, ganz so, als würde irgendetwas mit Druck reguliert werden – und warm ist es hier. Ungemein warm.
    Müsste ich eine Vermutung abgeben, würde ich behaupten, ich bin auf oder unter Deck 1 und tatsächlich nahe dem Maschinenraum. Jetzt geht mir auf, dass die Luft stickig und abgestanden ist. Sie legt sich beinahe wie ein klarer Film über alles und jeden. Ein Film voller menschlicher Ausdünstungen. Mein Instinkt rebelliert gegen all diese Eindrücke so sehr, dass ich mich voller Gewalt unkontrolliert aufbäume und doch nicht vom Fleck wegkomme.
    Solange der Ansturm in meinem Inneren anhält, kämpfe ich gegen das, was mich hält, und ein neuer Schmerz gesellt sich zu den vorhandenen. Irgendetwas schneidet in meine Handgelenke. Hier hilft jetzt nichts mehr, ich muss sehen, wo ich bin.
    Entschlossen öffne ich die Augen und schließe sie gleich wieder, denn ein gleißendes Licht ist auf mein Gesicht gerichtet und blendet mich. Immerhin erklärt das die Wärme. Dennoch konnte ich ein wenig von meiner Umgebung erkennen und tatsächlich: Ich bin in irgendeinem Raum.
    Vorsichtig drehe ich den Kopf zur Seite und blinzele erneut. Man hat mich an irgendetwas gefesselt und zwar genau in der Position, in der man Jesus ans Kreuz genagelt hat. Welch Ironie! Ich bin allerdings nicht an Balken, sondern an einer Art Maschennetz festgebunden. Okay, ein stabiles Maschennetz. Wo zum Geier bin ich? Mein Kopf dröhnt und ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Einzig dass meine Hände in improvisierten Eisenringen stecken, kann ich erkennen. Und noch etwas bemerke ich: Mein Körper befindet sich bereits im Heilungsprozess. Er ist mit verschiedenen Stellen beschäftigt und es hat mich schon eine Menge Kraft gekostet. Warum eigentlich?
    Irritiert versuche ich den Kopf zurück ins Licht zu drehen und bemerke dabei, dass meine Arme nackt sind. Ich habe das Kleid zum Glück noch an, aber das Jäckchen fehlt, so dass meine Schultern und Arme frei liegen. Neben dem Geruch nach Öl und menschlichen Ausdünstungen nehme ich nun einen schwachen Geruch nach Blut war – und zwar nach meinem. Jetzt bin ich hellwach und kämpfe erneut gegen die Fesseln an. Der Blutgeruch wird deutlicher, meine Handgelenke stehen vor Schmerz in Flammen und erreicht habe ich – nichts!
    Also schön, vielleicht muss doch eine andere Taktik herhalten. Während ich versuche meinen Blick klar zu bekommen, stelle ich fest, dass ich nur das eine Auge richtig öffnen kann. Das andere scheint zu geschwollen und mit dieser Erkenntnis bahnt sich auch der Schmerz seinen Weg in mein Bewusstsein. Aha, darum also die Heilung. Leise stöhne ich auf. Dennoch scheint das Geräusch gereicht zu haben – auch über all den Motorenlärm hinweg.
     
    „ Sieh an, es ist wach“, ertönt eine männliche Stimme direkt vor mir.
    „ Hätte nie gedacht, dass die wieder aufwacht“, entgegnet eine andere männliche Stimme. Beide kommen mir ungemein vertraut vor.
    „ Ich habe doch gesagt, du kannst fester zutreten. Das stört es nicht.“
    Die erste Stimme löst eine Kaskade von Alarmsirenen in meinem Kopf aus. Scheiße! Ich hebe vorsichtig den Kopf und versuche mir ein Bild zu machen.
    „ Willkommen zurück, Schwesterchen. Wie schön, dass du dich auch zu uns gesellst. Ich dachte schon, du bist eine Spielverderberin.“
    Es trifft mich unvorbereitet: Christopher und einer der „Jäger“ aus dem Theater stehen vor mir. Natürlich der, dem ich die Nase gebrochen habe. Beide

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