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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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absichtlich getan haben könnte, als ich Alex’ Knie an meinem Bein spüre. Er streift es nur kurz, doch das allein gibt mir die Sicherheit zurück, die ich jetzt brauche. Hoffentlich kommt das Essen bald.
    Sie mustert mich weiter neugierig und ich bin es jetzt schon leid, neben dieser Person zu sitzen.
    „ Wie schön, dass wir das geklärt haben“, entgegne ich zuckersüß und lächele sie an.
    Sie zieht sich zurück. „Sie sprechen also nicht gerne darüber?“
    „ Nein, tue ich nicht.“
    „ Ich verstehe.“ Die Abfuhr nagt an ihr, so viel kann ich in ihrem Gesicht kurz lesen, bevor es sich verschließt und einer professionellen Miene Platz macht.
    Gerade will ich mich zu Alex umdrehen, der mich amüsiert betrachtet, als sie erneut ansetzt.
    „ Naja, so eine große Sache wird es dann ja wohl nicht gewesen sein. Wahrscheinlich haben alle Alternativen abgesagt.“
    Oh nein, auf diese Spitze falle ich nicht herein, auch wenn sich mir kurz buchstäblich die Nackenhaare aufrichten. Vielleicht sollte ich sie einfach anfauchen – das ist jedenfalls das, was mir mein Instinkt rät. Aber ich reiße mich zusammen. Schließlich sind es nur noch Stunden, bis das Schiff anlegt. Allerdings sollte sie mir auf dem Festland nicht im Dunkeln begegnen.
    „ So wird es gewesen sein“, entgegne ich, ohne mich ihr erneut zuzuwenden.
    „ Wie schade. Ich hatte mich so auf kultivierte Gespräch gefreut.“
    Für den Bruchteil einer Sekunde schießt mir der Gedanke durch den Kopf, dass ihr eine Gabel im Auge auch hervorragend stehen würde. Alternativ natürlich zu einer quer durch ihren Hals.
    Alex, der entweder meine Miene recht gut gedeutet oder das kurze Zucken meiner Hände bemerkt hat, legt mir seinerseits eine Hand auf den Arm und erwidert:
    „ Wir uns auch, Miss Bell.“ Sein Lächeln ist ebenso freundlich wie sein Tonfall. Chapeau!
    Bevor sie etwas Weiteres erwidern kann, erhebt sich der Kapitän und es wird plötzlich sehr still im Saal. Die Musik hört abrupt auf, so dass das eigentlich kleine Geräusch des Löffelschlags an ein Weinglas plötzlich sehr weit trägt. Alle Augen sind nun auf unseren Tisch gerichtet. Lächeln , denke ich, einfach nur lächeln .
    „ Ladies und Gentlemen“, beginnt er seine Rede. „Bevor wir nun mit unserem letzten gemeinsamen Dinner beginnen, möchte ich die Gelegenheit nutzen und Ihnen allen, und das auch im Namen der Reederei, ein glückliches neues Jahr wünschen.“ Beifallsrufe und ein großer Applaus folgen auf diese Eröffnungsworte.
    „ Auch dieses Mal ist es uns gelungen, das Schiff ohne nennenswerte Probleme von einem Kontinent zum anderen zu bringen.“ Leises Gelächter ertönt. „Aber das war mir nur möglich dank der vielen fast unsichtbaren Helfer, die tagtäglich im Einsatz waren um Ihnen den Aufenthalt zu versüßen. Dank ihnen konnte ich einen so hervorragenden Turn fahren und deshalb möchte ich mich dafür bei ihnen bedanken. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um einen kräftigen Applaus für unsere Bordcrew.“
    Applaus erklingt, jedoch nur halb so begeistert wie er eigentlich hätte sein müssen. Undank ist der Welten Lohn, oder wie war das?
    Der Kapitän räuspert sich kurz. „Aber genug der Worte.“ Jetzt strahlt er professionell. „Die Küche, welche Sie in den letzten Tagen und Nächten bewirtet hat, hat es sich nicht nehmen lassen, für heute Abend etwas ganz Besonderes vorzubereiten.“ Gespannte Stille breitet sich im Restaurant aus.
    „ Ladies und Gentlemen, ich freue mich, Ihnen nun das Captain’s Dinner präsentieren zu dürfen. Lassen Sie es sich schmecken.“
    Während er wieder Platz nimmt, setzt der Applaus erneut ein und mit ihm wird ein kleiner Tusch eingespielt. Begleitet wird dieses Spektakel von dem Aufmarsch weißgekleideter Kellner, welche kleine Silbertabletts vor sich her tragen und nun mit der gebotenen Eleganz beginnen, die Tische mit der Vorspeise zu beglücken.
     
    Die Speisenabfolge im Detail zu beschreiben würde sicher den einen oder anderen Gaumen wässrig werden lassen, und so begnüge ich mich damit zu erwähnen, dass es über die Maßen gut ist. Zumindest wenn man Alex glaubt, der jeden Gang genießerisch kommentiert und damit bei Mr. MacLain zu seiner anderen Seite offene Türen findet.
    Ich selbst empfinde das Menü in der Zusammenstellung als angemessen und originell gewählt. Auch scheint es von hoher Qualität zu sein, denn mein Magen rebelliert noch nicht. Trotzdem stochere ich nur unmotiviert darin herum,

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