Nachte des Sturms
des Hemdes und der Hose. »Auf geht’s!«
»Ich kann nirgendwo hin. Ich bin splitterfasernackt. Ich würde umgehend verhaftet.«
»Keine Sorge, ich zahle die Kaution.« Nicht ohne Mitgefühl stellte Aidan die Dusche auf eiskalt und schob seinen geliebten Bruder unter den gnadenlosen Strahl.
Oh, Shawns Schrei brannte ihm fast die Haut aus dem Gesicht, und die nachfolgenden Flüche verätzten ihm beinahe die Ohren, doch Aidan gab nicht nach. Ab und zu wich er, wenn nötig, einer Faust aus, vergrub seine Hände in Shawns dichtem, langem Haar und hielt seinen Kopf gnadenlos unter das schmerzhaft kalte Nass.
»Du Bastard, du ersäufst mich.«
»Noch nicht.« Unerbittlich zog Aidan den Kopf des Bruders ein Stück weiter nach hinten, und die eisigen Wassernadeln trafen den Ärmsten mitten ins Gesicht. »Mach einfach den Mund zu und halt die Luft an, dann wirst du es ganz sicher überleben.«
»Ich bringe dich um, wenn ich erst wieder hier heraus bin.«
»Denkst du, mir macht diese Sache Spaß?« Lachend riss
er Shawns Kopf noch einmal nach hinten. »Da hast du sogar Recht. Und, ist der Kopf schon etwas klarer?«
Da er Shawns gurgelnde Antwort nicht verstand, ließ er ihn noch ein wenig länger in der Kälte leiden, ehe er die Dusche schließlich abdrehte, klugerweise eilig einen Schritt nach hinten machte und ihm erst dann eins von Darcys hübschen, rüschenverzierten Handtüchern zuwarf. »Tja, du bietest einen jämmerlichen Anblick, aber wenigstens dein Blick ist wieder etwas klarer. Meinst du, dir wird vielleicht noch schlecht?«
Obwohl er sich wirklich elend fühlte, schlang sich Shawn das Handtuch um die Hüfte und bemühte sich um eine würdevolle Miene. »Mich zu ertränken, ist eine Sache, aber mich dann auch noch zu beleidigen … Für diese Bemerkung sollte ich dir eigentlich die Nase brechen.«
Anscheinend war die Krise halbwegs überstanden, also zog Aidan eine seiner Brauen in die Höhe und erklärte: »Sieht aus, als hätte jemand anders das bereits bei dir versucht. Hat Brenna dir die Prellung unter deinem Kinn verpasst?«
»Nein. Ihr Vater.«
»Mick O’Toole?« Aidan, der sich gerade die Brust abtrocknen wollte, hielt mitten in der Bewegung inne. »Mick O’Toole hat dich geschlagen?«
»Ja. Aber inzwischen haben wir uns längst wieder geeinigt.« Shawn trat zögernd aus der Dusche. Es machte ihn wütend, dass die segensreiche, dämpfende Wirkung des Whiskeys von ihm abgewaschen worden war, denn nun begannen sein Gesicht, die Hand, das Bein – und auch sein Herz – erneut zu schmerzen.
»Lass mich raten. Ihr beiden habt euch gemeinsam heute früh betrunken.«
»Das war Teil des Einigungsprozesses.« Er klappte den
Toilettendeckel zu, setzte sich vorsichtig, und klärte Aidan, während er sich anzog, über die Geschehnisse des Vormittages auf.
»Dann hattest du also schon einen ziemlich anstrengenden Morgen.« Aidan legte eine Hand auf seine Schulter. »Ich kann Kathy Duffy fragen, ob sie dich während der ganzen Schicht vertritt.«
»Nein, ich kann arbeiten. Auf diese Weise bin ich wenigstens beschäftigt, während ich mir überlege, was ich als Nächstes machen soll.« Er stand entschlossen auf. »Ich will sie haben, Aidan, egal, was ich dafür tun muss.«
»Du hast mir, als es um Jude ging, sehr kluge Ratschläge erteilt. Jetzt kann ich diesen Gefallen erwidern. Finde die Worte, die richtigen Worte, und sag sie ihr dann auch. Ich denke, für verschiedene Frauen gibt es verschiedene Worte, aber am Ende ist die Bedeutung immer gleich.«
Bevor er wieder herunterkam, brachte Shawn sich selbst und auch Darcys Badezimmer in einen möglichst ordentlichen Zustand. Die giftige Predigt, die er sich sonst würde anhören müssen, wäre eindeutig mehr, als er ertrug. Da er spürte, dass er allmählich Kopfschmerzen bekam, suchte er die Zutaten für das Gallaghersche Wundermittel gegen die Folgen übermäßigen Alkoholkonsums zusammen, gab sie in ein großes Glas und leerte es in einem Zug.
Er konnte nicht gerade behaupten, dass er anschließend wieder in Bestform war, aber zumindest würde er vielleicht durch den Tag kommen, ohne alles noch zu verschlimmern.
Der mitfühlende Blick, mit dem Kathy Duffy ihn bei seinem Erscheinen bedachte, besagte eindeutig, dass er sich anscheinend nicht nur elend fühlte, sondern tatsächlich elend aussah.
»So, Junge.« Sie schnalzte mit der Zunge und brachte ihm eine große Tasse starken, schwarzen Tees. »Trink erst mal das hier. Dann kommst du
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