Nachte des Sturms
Küche.
Shawn sang mit seiner wunderbaren Stimme von der kaltherzigen Peggy Gordon, während er leicht schwankend vor der Arbeitsplatte stand und mit einem zusammengekniffenen Auge verfolgte, wie der Saft aus einer Zitrone in eine kleine Schüssel troff.
»Verdammt, Shawn, du bist tatsächlich halb besoffen.«
»Eher drei Viertel, würde ich sagen.« Er war sich nicht mehr sicher, wie viel Saft er bereits hatte, also gab er zur Vorsicht noch ein paar Tropfen nach. »Und wie geht es dir an diesem wunderschönen Morgen, Aidan?«
»Verschwinde aus der Küche, bevor du irgendwen vergiftest.«
Beleidigt fuhr Shawn herum, musste sich jedoch, um sich aufrecht zu halten, mit einer Hand auf die Arbeitsplatte
stützen. »Ich bin betrunken, aber deshalb noch kein Mörder. Diese gottverdammten Fischpasteten kann ich sogar im Schlaf machen. Vielleicht bist du so freundlich, dich daran zu erinnern, dass das hier meine Küche ist und dass ich derjenige bin, der hier die Befehle gibt.«
Zur Bekräftigung seiner Worte tippte er sich mit dem Daumen gegen die Brust und brachte sich dadurch beinah selbst zum Umkippen.
Mit einem Rest von Würde reckte er sein Kinn. »Also lass mich meine Arbeit machen, und kümmere du dich darum, dass hinter der Theke alles funktioniert.«
»Was hast du bloß gemacht?«
»Dieses Mistvieh von Kater hat meine Hand erwisch.« Shawn vergaß die Arbeit, hob seine Hand und blickte zornig auf die roten Striemen. »Oh, aber ich werde mich an ihm rächen, darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Im Augenblick würde ich mein Geld eher auf den Kater setzen. Hast du eine Ahnung davon, wie man Fischpasteten macht?«, fragte Aidan seine Schwester.
»Nicht die geringste«, kam die gut gelaunte Antwort.
»Dann geh und frag Kathy Duffy, ob sie aushelfen kann. Sag ihr, wir hätten einen kleinen Notfall.«
»Ein Notfall? Wo?« Shawn sah sich mit glasigen Augen in der Küche um.
»Komm mit, Junge.«
»Wohin?«, fragte Shawn mit gedehnter Stimme, doch Aidan zog ihn bereits hinter sich her.
»Wollen wir doch mal sehen, ob wir dich nicht halbwegs wieder hinkriegen.«
»Falls du ihn mit raufnimmst«, rief Darcy ihnen nach, »wäre ich dir dankbar, wenn du das Chaos, das ihr während des Ausnüchterns veranstaltet, wieder beseitigen würdest.«
»Ruf du einfach Kathy Duffy an, und kümmere dich anschließend um die Bar.« Aidan zerrte Shawn über die Treppe hinauf in Darcys Wohnung.
»Ich kann durchaus kochen, wenn ich ein bisschen angetrunken bin«, beharrte Shawn auf seiner Meinung. »Ich weiß nicht, warum ihr euch so aufregt. Ein paar Fischpasteten sind doch wohl nicht die Welt.« Er küsste Aidan schmatzend auf die Wange.
»Du warst schon immer einer dieser Menschen, deren Laune beim Trinken immer besser wird.«
»Warum auch nicht?« Shawn schlang Aidan einen Arm um die Schultern und stolperte erneut. »Mein Leben ist im Eimer, und ein bisschen Whiskey macht alles etwas besser.«
Aidan gab einen mitfühlenden Laut von sich und trug seinen Bruder beinahe über die Schwelle von Darcys kleinem, sorgfältig aufgeräumten Bad. »Dann hattest du mit Brenna also Streit?«
»Nein, aber anscheinend hat sich urplötzlich alles gegen uns verschworen. Ich habe die Nacht damit verbracht, die Frau zu lieben, die ich heiraten möchte. Ich sage dir, Aidan, es ist etwas vollkommen anderes, mit einer Frau zu schlafen, wenn man sie auch liebt. Wer hätte das gedacht?«
Aidan wog die Mühsal, Shawn aus seinen Kleidern zu bekommen, gegen die Schweinerei ab, die entstehen würde, wenn er ihn einfach angezogen ließ, und lehnte ihn am Ende einfach gegen die Wand. »Bleib ganz einfach so stehen.«
»In Ordnung.« Shawn rührte sich nicht vom Fleck. »Weißt du, sie denkt, es ist nichts weiter als Sex.«
»Tja, nun …« So schnell wie möglich ging Aidan vor seinem Bruder in die Hocke, um ihm die, wie er entnervt bemerkte, mit zahllosen, widerlichen kleinen Knoten zugebundenen
Schuhe auszuziehen. »Frauen sind wirklich seltsame Geschöpfe.«
»Ich habe sie immer gemocht. Es gibt so viele Arten, Frauen gern zu haben. Aber das hier ist, als hätte mich ein Blitz direkt ins Herz getroffen, und jetzt brennt es lichterloh. Ich lasse sie nicht noch einmal gehen, Ende der Geschichte.«
»Gut so.« Er hatte die Schuhe und die Hose in den Händen und zog Shawn, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, mit schnellen Bewegungen bis auf die Unterhose aus.
Da er wusste, was gleich käme, entledigte er auch sich selbst
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