Nachte des Sturms
verändern können, warum zum Teufel können wir nicht auch die Form der Weitervererbung anders gestalten als bisher?«
Geistesabwesend schob Shawn eine Muschel in die Tasche. »Weil man manche Dinge eben besser ändert, andere hingegen nicht.«
»Und wer entscheidet, was man ändern sollte und was nicht?«
Shawn neigte den Kopf zur Seite. »Wir alle. Und in dieser Sache bist du überstimmt, Aidan, also denk einfach nicht mehr darüber nach. Das Gallagher’s gehört dir, und du wirst es weiter an das Kind vererben, das Jude bereits erwartet. Dadurch sind Darcy und ich dem Laden mit dem Herzen nicht weniger verbunden.«
»Ich spreche hier nicht von Gefühlen, sondern von einer juristischen Angelegenheit.«
»Genau. Sicher wird es ein schöner, wenn auch kühler Abend.« Shawn betrachtete das Thema als erledigt. »Bestimmt kriegen wir jede Menge Gäste.«
»Was ist mit deinen Kindern, wenn du erst mal welche hast?«, fragte Aidan ihn beinahe böse. »Sollen sie denn keinen rechtmäßigen Anteil an dem Pub haben?«
»Weshalb musst du das Ganze plötzlich unbedingt von der juristischen Seite aus sehen?«
»Weil sich die Dinge ändern.« Verzweifelt warf Aidan die Hände in die Luft. »Das Theater wird Ardmore verändern, das Gallagher’s und sicherlich auch uns.«
»Nein, oder zumindest nicht so, wie du es im Moment
befürchtest. Aus verschiedenen Gründen werden sicher mehr Menschen hierher kommen als bisher.« Shawn versuchte, sich die Zukunft vorzustellen. »Vielleicht öffnet irgendjemand eine neue Privatpension, vielleicht macht irgendjemand unten am Strand noch einen Laden auf. Aber im Gallagher’s werden die Leute immer noch Essen und Trinken und Musik geboten kriegen wie bisher. Einer von uns wird hinter der Bar stehen, ein anderer bedienen. Und da wir gerade davon sprechen, die Boote werden weiterhin rausfahren und die Fischer werden weiterhin ihre Netze auswerfen. Das Leben wird weiter seinen gewohnten Gang gehen, was auch immer du persönlich unternimmst.«
»Oder was auch immer ich persönlich unterlasse?«, wollte Aidan wissen.
»Tja, nun, da kann man geteilter Meinung sein. Es ist die Vorstellung, die geschäftlichen Belange allein vertreten zu müssen, die dich momentan belasten. Aber ich denke, du bist dafür wesentlich geeigneter als ich. Mir persönlich reicht es völlig, den Namen Gallagher zu tragen, alles andere ist mir sowohl in juristischer als auch in anderer Hinsicht vollkommen egal.«
Shawn drehte sich um und sah in Richtung des aus dunklem Holz, Kopfsteinpflaster und im Sonnenlicht blitzendem Buntglas errichteten Pubs. »Bisher hat doch immer alles durchaus funktioniert, findest du nicht auch? Wenn es an der Zeit ist, werden sich deine, meine und Darcys Kinder miteinander einigen.«
»Vielleicht heiratest du ja einmal eine Frau, die diese Dinge anders sieht.«
Shawn dachte an Brenna und schüttelte den Kopf. »Wenn eine Frau nicht genug an mich und meine Familie glauben würde, um uns in einer solchen Angelegenheit zu trauen, dann würde ich sie sicherlich nicht heiraten.«
»Du weißt nicht, wie es ist, einen Menschen von ganzem Herzen zu lieben. Ich wäre von hier fortgegangen, von diesem Ort, von allen Menschen, die mir lieb sind, wenn sie es gewollt hätte.«
»Aber sie hat es nicht gewollt. Vielleicht hast du schon mal eine Frau begehrt, die all das hier hätte verlassen wollen, Aidan, aber nie hast du dein Herz an sie verloren.«
Aidan seufzte. »Du hast immer auf alles eine Antwort. Und manchmal ist es wirklich lästig, dass du mit all deinen Behauptungen tatsächlich Recht zu haben scheinst.«
»Ich habe ganz einfach über diese Dinge nachgedacht. Aber jetzt hätte ich zur Abwechslung gern, dass du mir eine Frage beantwortest. Wenn man eine Frau von ganzem Herzen liebt, tut das weh oder bereitet es Vergnügen?«
»Meistens beides gleichzeitig.«
Nickend setzte sich Shawn wieder in Bewegung. »Das habe ich mir schon gedacht, aber es ist trotzdem interessant, es bestätigt zu bekommen.«
Es war wirklich ein schöner, wenn auch kühler Abend, und das Treiben im Pub war ebenso lebhaft wie der Wind, der über das Meer peitschte. Wie immer zog die Musik die Menschen an, einige der Gäste nippten gut gelaunt an ihren Gläsern, andere stimmten eifrig in die Refrains der jeweiligen Lieder ein, und wieder andere schoben sich zu den flotten Klängen über die kleine Tanzfläche.
Trotz der vielen Arbeit fand Shawn immer wieder Zeit, um durch die Küchentür zu spähen.
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