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Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
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Gehwegs entlang. Ihre Schuhe hatten sehr hohe Absätze und sahen schwer und unpassend zu ihren langen, dünnen Beinen aus. Ihr Haar schimmerte hell im Straßenlicht. Einen Moment stand sie an der Ecke, drehte sich dann um und schlenderte langsam zurück. Die schneidende Kälte, die Anna durch ihre Jacke spürte, schien sie nicht zu bemerken. Anna stellte sich in einen Eingang. Sie wusste, was die Frau tat.
    Wie auf einer Kinderzeichnung leuchtete die Frau in der Dunkelheit. Eine Frau hinter einem Bild – wie die mechanische Puppe, die mit Angels … Freunden? Kunden? auf dem Bett gelegen hatte. Man konnte mit dieser Puppe tun, was man wollte. Sie würde alles machen, was man von ihr verlangte, es war egal, weil die Puppe nicht lebendig war. Krischas Puppe, ihr zerschlagenes Gesicht auf dem Boden hinter dem durchsichtigen Duschvorhang, lächelnd, lächelnd … Die Frau, die mit ihrem hellen Haar und ihrem leuchtenden Gesicht einem Bild ähnelte, dessen Konturen in grellen Farben nachgezogen waren, drehte wieder um, schlenderte zurück, und ein Auto fuhr langsam vorbei, nur die Reifen machten ein leises Geräusch, als klebten sie an der Straße. Die Frau blieb stehen und sah zu ihm hin, aber der Wagen fuhr vorbei und verschwand weiter vorn auf der Straße. Anna wich in den Eingang zurück. Aber der Fahrer war nur ein über das Steuer gebeugter Mann gewesen, zaghaft und unauffällig.
    Angel würde sie nicht auf den Straßen suchen, nicht hier und nicht zu dieser Zeit. Das Auto kam zurück. Die angemalte Frau hatte das erwartet und Ausschau danach gehalten. Sie wusste, wie es lief. Anna beobachtete, wie sie Blickkontakt aufnahm, sich leicht vorbeugte und lächelte. Als das Auto langsamer fuhr und anhielt, ging sie hin und lehnte sich ins offene Fenster, um über den Preis zu verhandeln. Dann wurde die Tür aufgemacht, und sie stieg ein. Das Auto fuhr weg.
    Anna trat aus dem Eingang und eilte die Straße entlang, einige der Straßenlaternen funktionierten nicht, und sie stolperte auf dem unebenen Gehweg. Ein Auto fuhr an ihr vorbei und bog weiter vorn links ab. Sie hörte ein anderes Auto hinter sich und schaute über die Schulter zurück. Es fuhr langsam, war schnittig und schwarz. Sie zog den Kopf ein. Geh weg, geh weg.
    Der Wagen glitt ganz langsam an ihr vorbei. Die Scheiben waren getönt, das Wageninnere nicht zu sehen. Sie zögerte. Sollte sie umkehren oder weitergehen? Sie konnte jetzt nicht stehen bleiben. Sie beschleunigte ihre Schritte, rannte zwar nicht richtig, ging aber schnell und zielbewusst, und versuchte, nicht auf das Auto zu blicken. Aber als sie auf gleicher Höhe waren, schielte sie doch zur Seite. Ein leises Brummen, der Wagen hielt an, und das Fenster glitt langsam nach unten.
    »Anna!« Eine Hand ergriff ihr Handgelenk, als sie mit klopfendem Herzen und stockendem Atem zurücksprang. Ihre Beine wurden weich, als der Wagen mit quietschenden Reifen davonfuhr und Anna keuchend am Straßenrand zurückließ. Ihr wurde schwarz vor Augen. »Anna!« Hände hielten sie an den Armen. Als die Dunkelheit wieder weg war und ihr Atem langsamer ging, war Matthew da, sein Gesicht bestürzt und besorgt. »Ich wollte dir doch keine Angst machen, Anna. Ich habe dich gesucht. Warum bist du weggelaufen? Was machst du hier?«
    Sie wusste, was er dachte, und versuchte, es ihm zu erklären. »Ich muss … weg.« Ihre Stimme brach, ihre Kehle war trocken und rau. Matthew sah sie an, legte ihr die Hand auf die Stirn und schüttelte den Kopf, stellte ihr keine weiteren Fragen. Immer wieder schaute sie, ob sein Gesicht vorwurfsvoll oder angeekelt aussah, aber er runzelte nur besorgt die Stirn, während er sie stützte.
    »Komm zurück, Anna«, sagte er. »Was auch immer los ist, wir können es klären.«
    Sie ließ zu, dass er sie durch die Straßen zurückführte. »Ich habe mein Auto dabei«, sagte er. »Deshalb hab ich dich gesehen.« Sie erinnerte sich an das Auto, das ein paar Minuten zuvor vorbeigefahren war. »Ich merkte zuerst nicht, dass du es warst.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Polizei«, sagte sie. »Der Ärger.«
    »Ich weiß«, erwiderte er. Er schien besorgt. »Ich kann dich woanders hinbringen. Hör zu, Anna, ich werde morgen jemanden treffen. Ich hab es dir doch gesagt.« Sie hatten sein Auto erreicht, und er hielt ihr die hintere Tür auf und sah sich nervös um. Sie dachte an Angel, wie er sie angesehen hatte, und daran, wie klein und schwach Matthew war, und sie hatte Angst um ihn.
    Sie kauerte

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