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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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handelte. Und das heißt, daß die Täter längst über alle Berge sind.
    »Das war’s, ich habe keine weiteren Fragen mehr an Sie«, sage ich zu Chortiatis und erhebe mich. Mit der stets gleichen, automatisierten Gestik streckt er mir die Hand entgegen. Ich drücke sie und wende mich zum Gehen.
    Als ich draußen an Kalias Garderobe vorbeigehe, sehe ich, wie sie vor dem Spiegel sitzt und sich schminkt.
    »Wie steht’s, Kalia?« frage ich sie.
    Sie unterbricht die Schminkprozedur und mustert mein Spiegelbild. Sie erwidert meinen Gruß nicht sofort, sie benötigt einige Sekunden, bevor ihr mein Gesicht etwas sagt. »Der Kommissar, wie?« sagt sie dann anstelle eines Grußes.
    »Der Kommissar«, bestätige ich und trete auf sie zu. »Was wollte Koustas an dem Abend, als er ermordet wurde, von Ihnen?« Die Version, die sie mir beim ersten Mal erzählte, ist nicht sehr glaubhaft: daß er sie bedrohte, weil sie auf der Bühne nicht genug mit dem Hintern wackelte.
    Sie zuckt gleichgültig mit den Schultern. »Was konnte er schon von einer Frau wie mir wollen? Höchstens, daß ich die Beine breit mache, aber das hatte der nicht nötig. Er konnte ganz andere haben als mich.«
    »Als wir uns das erste Mal unterhielten, erzählten Sie mir, daß er Sie den Fußboden schrubben lassen wollte, weil Sie nicht aufreizend genug tanzten.«
    »Wenn Sie es so sagen, wird es wohl stimmen.«
    »Es war aber nicht so. Er hat etwas anderes zu Ihnen gesagt. Was war es, Kalia?«
    »Hören Sie mal zu! Ich kann mich weder daran erinnern, was ich zu Ihnen gesagt habe, noch was Koustas zu mir gesagt hat. Lassen Sie mich jetzt in Frieden.«
    Sie wendet sich ihrem Spiegel zu. Ich könnte sie ins Präsidium mitschleppen, doch was bringt mir das? Das, was ich über Koustas herausgekriegt habe, reicht mir, um den von ihm ausgetüftelten Mechanismus zu durchschauen. Seine Beziehung zur Mafia hätte er Kalia gegenüber ohnehin nicht zugegeben.
    Vor Kalias Tür stolpere ich über Makis. Er trägt wieder seine Cowboyausrüstung, und ich beginne mich zu fragen, ob er sie jemals in die Wäsche gibt. Seine Augen funkeln, und sein fiebriger Blick heftet sich auf mich.
    »Haben Sie die Angaben über meine Stiefmutter überprüft?« fragt er.
    »Seit wann sind Sie denn mein Vorgesetzter, daß ich mich vor Ihnen rechtfertigen müßte?«
    Ich kehre eine Viertelstunde vor meinem selbstgesetzten Zeitlimit zurück, um Viertel vor zwölf. Adriani sitzt vor dem Fernseher. Sonst liegt sie schon um elf im Bett.
    »Warum bist du noch nicht schlafen gegangen?« frage ich.
    »Ich wollte auf dich warten, vielleicht willst du ja noch was zu essen.«
    Ich lasse mir eine Kleinigkeit servieren, damit sie nicht eingeschnappt ist, weil sie umsonst gewartet hat.

40
    B evor ich am nächsten Morgen aus dem Haus gehe, verabrede ich mit Katerina unser Treffen. Sie schlägt das Marokko in der Nähe des Präsidiums vor, doch das erinnert mich zu sehr an den weinenden akademischen Gemüsehändler, und ich fürchte, das könnte mich beeinflussen. Schließlich einigen wir uns auf die Zauberflöte, um sechs Uhr.
    Kelessidis kommt um halb zehn ins Präsidium. Ich hole ihn am Eingang ab und führe ihn in das Büro, wo normalerweise unsere Verhöre stattfinden. Ich lege ihm die Geschäftsbücher der Greekinvest vor, zusammen mit den Bankauszügen sowie Petroulias’ Steuererklärung.
    Er stürzt sich auf die Bücher, und ich fahre in mein Büro hinauf. Ich nehme Papier und Bleistift und fange an, die einzelnen Firmen ihren Besitzern zuzuordnen, in der Hoffnung, auf eine Verbindung zwischen ihnen zu stoßen.
     
    KOUSTAS
    Rembetiko
    Nachtfalter
    Canard Doré
    FC Triton Sponsor: R. I. Hellas
     
    GREEKINVEST
    R.I. Hellas
    Atletico (Sportfachgeschäft)
    Chinesische Mauer (Restaurant)
     
    KARAMITRIS
    Phonogramm Ohne Bezug zu Koustas außer Darlehen
    FC Iason Sponsor: Atletico
     
    CHORTIATIS
    FC Proteus Koustas’ Geschäftsanteil ca. 60%
    Sponsor: Chinesische Mauer
     
    Auf den ersten Blick scheint es keinerlei Verbindung zwischen Koustas’ Firmen und der Greekinvest, Karamitris’ Firmen und Chortiatis’ Fußballmannschaft zu geben. Das einzige Bindeglied sind die Sponsorengelder, doch auch diese Verknüpfung ist äußerst wackelig. Die Zahlung von Zuwendungen durch die R. I. Hellas an Triton schlägt eine Brücke zwischen der R. I. Hellas und Koustas, doch es liegt nichts vor, was ihn in irgendein Verhältnis zu den übrigen Unternehmen der Greekinvest setzt, so wie ihn auch nichts mit

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