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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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hat an die fünfhundert Millionen jährlich durchgeschleust. Bleiben weitere zweieinhalb Milliarden. Wie hat er die deklariert?«
    »Die fünfhundert Millionen waren die Hälfte der Einnahmen aus den Unternehmen der Greekinvest. Die andere Hälfte floß zwar in ihre Kassen, doch die Greekinvest hat nie Gewinne nachgewiesen.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Weil die Greekinvest jedes Jahr über ein Bankkonto der Ionischen Bank ein Darlehen in der Höhe von 500 bis 750 Millionen erhalten hat. Ich bin sicher, daß es sich bei der Darlehenssumme um Schwarzgeld handelte, das in Form von Sponsorengeldern an die Tochterunternehmen weitergeleitet wurde. Am Jahresende wurde das Darlehen mit den legalen Gewinnen der Greekinvest zurückerstattet und für das kommende Jahr erneuert. Die Greekinvest nahm also Darlehen in Schwarzgeld auf und zahlte sie mit sauberem Geld über die Fußballmannschaften zurück. Ich weiß nicht, wem das Konto auf der Ionischen Bank gehört, doch zweifellos werden Sie bei seiner Offenlegung herausbekommen, daß Koustas dahintersteckte. Dazu kommen noch weitere hundertfünfzig Millionen, die er mit Hilfe staatlicher Unterstützung reingewaschen hat.«
    Ich blicke ihn an wie ein Vollidiot. »Was sagen Sie da? Mit Hilfe staatlicher Unterstützung?«
    »Jede Mannschaft der dritten Fußballiga erhält vom Staat an die fünfzig Millionen jährlich. Ganz offiziell, mit Brief und Siegel. Mal drei macht das hundertfünfzig.«
    »Und wie hat er das restliche Geld sauber gekriegt?«
    Kelessidis blickt mich an und lächelt wie ein Lehrer, der einem Schüler Nachhilfeunterricht gibt. »Dafür brauche ich die Geschäftsbücher der Nachtklubs und die Bankauszüge. Ich kann Ihnen aber jetzt schon sagen, was ich wahrscheinlich finden werde. Seine Lokale müssen, so wie alle Gaststätten, einen regelmäßigen Umsatz nachweisen. An gewissen Tagen jedoch wird sein Umsatz auf das Drei- oder Vierfache hochgeschnellt sein. Das bedeutet, daß Koustas an diesen Tagen fiktive Quittungen ausgestellt und seine Einnahmen künstlich aufgebläht hat, damit er Schwarzgeld in seine Kassen schmuggeln konnte.«
    »Ja, aber dafür hat er doch Steuern bezahlt.«
    »Wer sagt denn, daß Schwarzgeld keine Kosten verursacht?« entgegnet er lachend. »Diejenigen, deren Schwarzgeld gewaschen wurde, haben Koustas die Steuern plus einen prozentuellen Anteil ausbezahlt. Nehmen wir mal an, daß er fünfundzwanzig Prozent bekam, dann hat er siebenhundertfünfzig Millionen jährlich steuerfrei eingenommen, plus die legalen Gewinne seiner Nachtklubs.«
    Ich könnte mir die Haare raufen. Ich hatte mich mit einem flüchtigen Blick auf Koustas’ Konten begnügt. Doch auf dem vorschriftsmäßigen Weg wäre ich viel früher auf das Ende des Wollknäuels gestoßen.
    Und es gibt da noch etwas, was mich irritiert: »Wie ist es möglich, daß Petroulias keine Drachme seines Gehalts bei der Greekinvest versteuert hat?« frage ich Kelessidis.
    »Weil er als Geschäftsführer des Unternehmens kein Gehalt bezogen hat. Wer hätte daran gedacht, die Steuererklärung des Geschäftsführers zu prüfen, wo doch die Firma keinen Gewinn abwarf? Es gibt da aber etwas, was ich nicht verstehe …«
    Kelessidis stockt und beginnt einen von Petroulias’ Kontoauszügen durchzublättern.
    »Es ist ein leichtes, das Schwarzgeld nachzuweisen, das Petroulias von Koustas erhalten hat. Einmal stoße ich auf Einzahlungen in Höhe von einer Million, ein andermal in Höhe von zwei Millionen … von fünf Millionen … Das stammt alles von Koustas. Plötzlich taucht jedoch eine Einzahlung in Höhe von hundertfünfzig Millionen auf. Das ist die einzige in dieser Größenordnung, und ich kann mir nicht vorstellen, wie er mit einem Schlag zu solch einer Summe kommt.«
    »Wann wurde die eingezahlt?« frage ich.
    »Am 25. Mai.«
    Meine Beine versagen mir den Dienst. Ich lasse mich auf einen Stuhl fallen. »Sehen Sie mal nach, wann die Greekinvest das Darlehen an den Inhaber des Kontos auf der Ionischen Bank zurückgezahlt hat.«
    Er sieht nach und hebt verdutzt den Kopf. »Normalerweise immer am Monatsende«, meint er.
    Nun ist mir klar, wer Petroulias umbringen ließ: Koustas höchstpersönlich. In der Auseinandersetzung zwischen Petroulias und Koustas, deren Zeuge der Schwarze nach dem Match geworden war, ging es nicht um den Elfmeter. Der Elfmeter war bloß eine kleine Vorwarnung gewesen. Petroulias wollte etwas von Koustas, irgendein Konflikt gärte zwischen den beiden, und Petroulias

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